Bitte recht teuer! Wie deutsche Autobauer mit Luxus absahnen
Teure Autos bringen mehr Gewinn: Wer es günstiger will, wartet lange oder muss gebraucht kaufen.

Luxus! Einige deutsche Autohersteller wollen mit fetteren Karren fettere Gewinne machen und dafür kleinere Modelle aussterben lassen.
Ola Källenius ist da der Vorturner, der die Kassen füllen und den Aktionären gefallen will: Der Mercedes-Chef weiß, dass große Autos mehr Gewinn abwerfen, weil die Kundschaft nicht so sehr auf die einen oder anderen tausend Euro blickt. Kleinere, weniger stark motorisierte und günstiger zu erwerbende Wagen sind auf dem absteigenden Ast.
Der Umstieg auf Elektro-Autos kostet die Firmen viel
Mit dieser Strategie ist Mercedes-Benz nicht allein in einer Branche, die wegen des teuren Übergangs auf E-Antriebe unter riesigem Druck steht. So will auch die VW-Tochter Audi künftig mit Luxusautos mehr Geld verdienen und kleinere Modelle nicht mehr bauen, wie Vorstandschef Markus Duesmann angekündigt hatte.
BMW lässt das betagte Elektro-Kompaktmodell i3 auslaufen, bietet den Kunden in diesem Teilbereich mit dem elektrischen Mini und dem 2023 startenden elektrischen BMW iX1 allerdings Alternativen an. Die Münchner sind auch schon länger in der Topliga unterwegs, mit der Tochtergesellschaft Rolls-Royce.
Die Idee hinter der Luxusstrategie: Die Gewinnspannen von größeren SUVs und Limousinen sind höher als bei den Kompaktwagen. Das hatte auch schon in der andauernden Chip-Krise dazu geführt, dass die Hersteller die knappen Ressourcen eher in die Oberklasse steckten.
Wer es günstiger will, wartet ewig oder muss den ausgedünnten Gebrauchtwagenmarkt durchforsten.

Informationen, wonach bei Mercedes das Einstiegsmodell A-Klasse Mitte des Jahrzehnts auslaufen soll, kommentiert das Unternehmen nicht im Detail.
Der Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer, Direktor des Duisburger Car-Centers Automotive Research, ist aber davon überzeugt, dass die seiner Ansicht nach wenig profitablen A- und B-Klasse-Modelle auf Dauer aufgegeben werden. Damit könnten für den Hersteller mehr als 400.000 Autoverkäufe im Jahr ausfallen, wie Dudenhöffer der dpa sagte.
Mercedes und die Badehosen für 360 Euro
Die Zahl der reichen Menschen steige weltweit, lautet das Kalkül von Källenius. Der Russland-Ukraine-Krieg, Inflation, Konjunktursorgen? Das wird wahrgenommen, ändert den Kurs jedoch nicht. Die Weichen sind gestellt. So sitzt inzwischen der Italiener Marco Gobbetti bei Mercedes im Aufsichtsrat: Er ist Chef des Modehauses Salvatore Ferragamo, das beispielsweise Badehosen (100 Prozent Nylon) für nur 360 Euro online anbietet ...
Der Schwenk zu mehr Luxus sei ein Wagnis, sagt Dudenhöffer. So seien angesichts des Ukraine-Kriegs und weltweiter Spannungen Bilder von Superreichen mit Jachten nur schwer vermittelbar. „Die Marke kann soziale Akzeptanz verlieren“, sagt er mit Blick auf Mercedes-Benz. Der Hersteller werde zudem noch abhängiger von seinem bereits wichtigsten Absatzmarkt China. „Auch dieses Risiko muss man einpreisen“, sagte Dudenhöffer. Ob sich die Wette auszahle, werde man aber erst in zehn Jahren wissen.
„Deutscher Luxus ist Luxus ohne Bling“
Die deutschen Hersteller versuchten, mit speziell deutschem Luxus zu punkten. Was das ist, sagt der Pforzheimer Marketing-Hochschullehrer Fernando Fastoso: „Deutscher Luxus ist Luxus ohne Bling. Luxus mit Handwerkskunst und Technologie. Deutschland steht auch für Produktion mit hohen Umweltauflagen, die für Nachhaltigkeit stehen und dem deutschen Luxus zugute kommen können.“
Dass Autos einen Platz im Luxus-Universum haben können, meint auch Isabelle Artus vom Comité Colbert. Diese französische Vereinigung bündelt die Interessen von 90 Häusern wie Chanel, Givenchy und Lacoste, auch Hermès und einige Champagnermarken gehören dazu.
Aber so richtig angekommen ist das Automobil dort offensichtlich noch nicht: Bugatti (mit einer Million Euro bekommt man ein knappes Viertel Auto) wurde zwar vor sieben Jahren Verbandsmitglied, schied aber inzwischen wieder aus.