Ausbau von Solaranlagen

Berlin ist der Solar-Muffel Deutschlands!

Der Ausbau von Solaranlagen geht voran, doch es gibt große Unterschiede zwischen den Bundesländern. Berlin liegt ganz weit hinten.

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Eine große Photovoltaik-Anlage auf dem Dach der Messe Berlin. Auf privaten und gewerblichen Dächern der Hauptstadt haben sie Seltenheitswert.
Eine große Photovoltaik-Anlage auf dem Dach der Messe Berlin. Auf privaten und gewerblichen Dächern der Hauptstadt haben sie Seltenheitswert.Christoph Soeder/dpa

Das Energieunternehmen Enpal hat den Ausbau von Solaranlagen (PV) auf privaten und gewerblichen Dächern in deutschen Städten und Bundesländern verglichen. Seit 2018 stieg er im Schnitt um mehr als 50 Prozent pro Jahr. Oldenburg, Gütersloh und Erlangen sind Spitzenreiter, Frankfurt a. Main, Berlin und Hamburg bilden das Schlusslicht.

Solaranlagen auf Dächern von privaten Häusern und gewerblichen Immobilien boomen wieder: 2023 wurden hier 176 Prozent mehr PV-Anlagen installiert als 2022. Für eine Studie wurden rund zwei Millionen Eintragungen neuer Solaranlagen der letzten sechs Jahre verglichen. Berücksichtigt wurden dabei Städte mit mindestens 100.000 Einwohnern.

Dabei kam heraus, dass mit Blick auf die Bundesländer Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein bei der PV-Quote vorangehen. Die Stadtstaaten bilden das Schlusslicht: In Hamburg (2,6 Solaranlagen wurden hier 2023 pro 1000 Einwohner gebaut), Berlin (2,7) und Bremen (4) sind die Quoten sehr gering. 

Woran liegt das?  An zu wenig Sonnenstunden sicherlich nicht! Im Februar 2024 betrug die Sonnenscheindauer in Berlin zwar nur 71 Stunden, doch im September 2023 waren es 260 und im Mai 2023 sogar 310 Stunden!

Eine mögliche Erklärung: In Berlin leben relativ viele Menschen in Mietwohnungen, wo sie keine PV-Anlagen installieren können oder wollen. Auch die Quote von Berlinern, die in Mehrfamilienhäusern wohnen, ist relativ hoch. Hier teilen sich mehrere Parteien die Hausdächer. Das macht es offenbar schwieriger, PV-Anlagen installieren zu lassen.

Auch bei der Ausbaugeschwindigkeit der Solaranlagen liegt Berlin ganz weit hinten

Auch bei der Solar-Ausbaugeschwindigkeit der Bundesländer läuft Berlin unter „ferner liefen“: Mit 108 Prozent liegt die Hauptstadt hinter Hamburg, Sachsen, Schleswig-Holstein und Bremen.

Ganz vorn beim Solar-Ausbau sind eher kleinere Städte wie Oldenburg in Niedersachsen: 2656 PV-Anlagen wurden hier in 2023 neu gebaut, was einer Quote von 15,6 PV-Anlagen pro 1000 Einwohner entspricht. Dahinter folgen Gütersloh (NRW) und Erlangen (12,7).

„Die Menschen haben verstanden, dass sie mit dem Umstieg auf erneuerbare Energie viel Geld sparen können. Das ist ein gutes Zeichen für die Energiewende“, erklärt Wolfgang Gründinger von Enpal. Einen Grund für den Anstieg sieht er darin, dass für Privathaushalte seit Januar 2023 für die Lieferung und die Installation von Photovoltaikanlagen keine Umsatzsteuer mehr anfällt.

Bei den Städten, in denen private Solaranlagen am stärksten zulegen, haben laut der Studie Darmstadt, Heidelberg, Dresden, Bonn und Lübeck die Nase vorn. Am langsamsten schreitet der Ausbau in Bayern voran, plus 69 Prozent nahmen hier die PV-Anlagen-Installationen zu. Baden-Württemberg landet mit 76 Prozent auf dem vorletzten Platz, Mecklenburg-Vorpommern mit 79,6 Prozent auf dem letzten. Hier sind allerdings auch schon viele PV-Anlagen vorhanden, so die Studie.

Umweltverbände kritisieren verzögertes Solarpaket

Unterdessen haben mehrere Umweltverbände eine schnelle Verabschiedung des Gesetzespakets zum Ausbau der Sonnenenergie gefordert. Das Bundeskabinett hatte das Solarpaket Mitte August beschlossen, seither ist der Bundestag am Zuge. Es fehle eine „konstruktive und lösungsorientierte Debattenkultur“, schrieben die Verbände am Mittwoch in einer gemeinsamen Mitteilung. Das Agieren einzelner Akteure sei verantwortungslos. „Durch diese Verzögerungstaktik wird nicht nur der nötige Klimaschutz, sondern auch die Akzeptanz in der Bevölkerung zunehmend ausgehöhlt“, so BUND, Deutsche Umwelthilfe, Germanwatch, Nabu, Umweltinstitut München, WWF Deutschland und der Umweltdachverband Deutscher Naturschutzring.

Mit dem Solarpaket sollen bürokratische Hürden für den Ausbau der Sonnenenergie in Deutschland fallen und so der Ausbau vorangetrieben werden. Unter anderem soll der Betrieb von Balkonkraftwerken einfacher werden und die Nutzung von selbst erzeugtem Photovoltaik-Strom in Mehrfamilienhäusern. ■