Bekämpfung der Korruption: Deutschland ist zu langsam dabei
Der Anti-Korruptionsverein Transparency sieht bei Vorstellung seines Korruptionsindexes eine dubiose Rolle von Ex-Kanzler Gerhard Schröder und einer Stiftung.

Bei der Bekämpfung von Korruption in Politik und Verwaltung tritt Deutschland seit zehn Jahren auf der Stelle. Das geht aus dem „Korruptions-Wahrnehmungsindex“ 2022 hervor, den die Organisation Transparency International (TI) am Dienstag veröffentlichte. Hier erreichte die Bundesrepublik im vergangenen Jahr 79 Punkte, so viele wie 2012 und einen weniger als 2021. Dabei dürfte nach Darstellung von TI Deutschland auch Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) eine Rolle spielen. In der Rangliste von 180 erfassten Staaten rückte Deutschland trotzdem um einen auf Platz 9 vor.
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Um Fortschritte gegen die Korruption zu erzielen, sei es wichtig, ihre Bekämpfung in die Nationale Sicherheitsstrategie aufzunehmen, an der die Bundesregierung aktuell arbeitet, sagte die Vorsitzende von TI Deutschland, Alexandra Herzog. Dafür müssten etwa Geldwäscheaufsicht und Strafverfolgungsbehörden entsprechend ausgestattet werden.
Korruptionsbekämpfung in Deutschland: Laut TI zu zögerlich
TI-Vize Margarete Bause sagte, Maskenaffäre oder Cum-Ex-Betrug hätten zwar ein Schlaglicht auf die in Deutschland existierenden Probleme geworfen, gehandelt werde aber stets „zu langsam, zu zögerlich und zu wenig ambitioniert“.
Dass es viel schlimmer sein kann, zeigt laut TI Ungarn, das im Index 2022 Bulgarien als den EU-Staat mit dem schlechtesten Wert ablöste. Ungarn sackte im Zeitraum von zehn Jahren um 13 auf 42 Punkte ab und liegt mit Kuwait und Vietnam auf Rang 77.

Eine wachsende Gefahr geht nach Einschätzung von TI von autokratischen Staaten wir Russland, Aserbaidschan, Katar oder Marokko aus. Diese nutzten „strategische Korruption“, um „in unzulässiger Weise Einfluss auszuüben und ihre Interessen durchzusetzen“. Deutschland sei neben den USA und den EU-Institutionen eines der Hauptziele dieser Form der Korruption.
Russland baute ein Netz von Einflussnahme auf
Der Anti-Korruptionsverein stellt mit Blick auf Deutschland fest: „Russland baute über Jahre mit Hilfe massiver finanzieller Mittel ein Einflussnetzwerk auf Bundes- und Landesebene auf.“

Beispiele dafür seien lukrative Posten für Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) in Russlands Gas-Industrie oder die Finanzierung der „Stiftung Klima- und Umweltschutz MV“. So und mit Desinformationskampagnen habe Russland politische Entscheidungen zum Beispiel in der Energiepolitik beeinflusst.
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Schröder war nach seinem Ausscheiden aus der aktiven Politik unter anderem Vorsitzender des Gesellschafterausschusses bei der Nord Stream AG. Später folgten Engagements wie als Aufsichtsrat beim russischen Ölkonzern Rosneft.
Die Stiftung, 2021 von Mecklenburg-Vorpommern gegründet, sollte den Klimaschutz fördern und die Fertigstellung der russisch-deutschen Ostsee-Gasleitung Nord Stream 2 unterstützen. Hauptfinanzierer war mit 20 Millionen Euro das Gazprom-Tochterunternehmen Nord Stream 2 AG.
Russland wird als viel korrupter angesehen als die Ukraine
In der Länder-Rangliste liegt Russland im Index auf Platz 137 (2021: 136). Die Ukraine rückte von Platz 122 auf Platz 116 vor.
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Auf den untersten Plätzen liegen stets Staaten ohne funktionierende staatliche Institutionen. Schlusslicht war 2022 Somalia hinter Syrien, dem Jemen, Libyen, Venezuela und Südsudan.
Die Top Ten bilden Dänemark, Finnland, Neuseeland, Norwegen, Singapur, Schweden, Schweiz, Niederlande, Deutschland und Luxemburg.
TI vergleicht die in Wirtschaft, Politik und Verwaltung wahrgenommene Korruption im öffentlichen Sektor. Ausgewertet werden für den Index Daten von zwölf Institutionen, die Regierungsführung und Wirtschaftsklima analysieren. Der private Sektor wird nicht erfasst.