Bei Lieferstopp: Darum will dieser Manager zuerst den Privathaushalten das Gas abdrehen!
Eon-Aufsichtsratschef Karl-Ludwig Kley will die Reihenfolge im Versorgungsnotfallplan umdrehen.

In Polen und Bulgarien wurden die Drohungen aus dem Kreml, den Gashahn abzudrehen, schon Realität. Auch die deutsche Bundesregierung bereitet sich auf einen Gas-Stopp vor. Der dazugehörige Notfallplan sieht vor, Privathaushalte bei Versorgungsengpässen zu bevorzugen und stattdessen zunächst Industriebetriebe abzuklemmen.
Doch dagegen regt sich jetzt unter Managern Widerstand. So forderte Arndt G. Kirchhoff, Präsident der Landesvereinigung der Unternehmensverbände Nordrhein-Westfalen, Wirtschaft und Bürger in gleichem Maße zu belasten: „Private Haushalte müssen gleichgesetzt und -behandelt werden wie die Industrie.“
Karl-Ludwig Kley, Aufsichtsratschef von Eon und Lufthansa, forderte im Manager Magazin sogar, dass erst die Privathaushalte bluten sollen!
Gas-Stopp gefährdet Wirtschaftskreislauf und Jobs
Weil drastische Konsequenzen für Wirtschaftsleistung und Arbeitsplätze bei Gasmangel drohen, solle die Politik darüber nachdenken, „ob sie die Reihenfolge nicht umdreht und erst bei Privaten abschaltet und dann bei der Industrie“, so Kley. Auf die Nachfrage, ob diese veränderte Priorisierung dazu führen könne, dass die Produktion weiterläuft, während Menschen im Winter in den eigenen vier Wänden frieren müssten, erwidert der 70-Jährige: „Im schlimmsten Fall, ja.“
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Entsetzt pfiffen Politiker von Union und SPD den Eon-Aufsichtsratschef zurück. „Die Wirtschaft muss für den Menschen da sein und nicht umgekehrt“, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner der Bild-Zeitung.
Ist die Industrie wichtiger als die Versorgung der Krankenhäuser?
„Ich kann und möchte mir nicht vorstellen, dass man die Versorgung von Krankenhäusern weniger wichtig finden kann als die der Industrieunternehmen“, schmetterte auch der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, eine Vorfahrt für die Industrie beim Gas in der Rheinischen Post ab und warnte davor, beide Gruppen gegeneinander auszuspielen.
Für den Chef des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, ist es zwar das Anliegen verständlich, „die Industrie solange wie möglich mit Gas zu versorgen“. Doch es stehe nicht nur im Gesetz, dass die privaten Haushalte geschützte Kunden sind.
Prämien für Energiesparen sinnvoll
„Eine Abschaltung der Haushalte wäre auch mit Sicherheitsfragen verbunden“, sagte Hüther der Rheinischen Post. „Vor allem wäre es für die Netzagentur im Vorhinein auch gar nicht möglich, eine massenhafte Abschaltung sicher zu planen.“
Man könne aber überlegen, „die Haushalte durch Auslobung von Prämien zum freiwilligen Energiesparen zu bringen“, sagte Hüther weiter. Grundsätzlich gelte: „Bei den im Notfall nötigen Industrie-Abschaltungen muss man zu einer sinnvollen Reihenfolge kommen: Nahrungsmittel-, Stahl- und Glasindustrie müssen so lange wie möglich am Netz bleiben.“