Bauer Ulf will Volkswagen die Benziner und Diesel verleiden
Das Landgericht Detmold soll über die Forderung eines Bio-Bauern entscheiden, dass VW von 2030 an nur noch Elektroautos herstellen darf.

Bio-Bauer Ulf Allhof-Cramer (62) will Volkswagen wegen der Klimaerwärmung gerichtlich einheizen. Am Freitag wird das Landgericht Detmold entscheiden, wie der Prozess weitergeht. Der Landwirt aus Detmold fordert von VW, den Verkauf von Autos mit Verbrennungsmotoren bis 2030 auf Null zu reduzieren. Als zweitgrößter Autokonzern der Welt sei der Konzern mitverantwortlich dafür, dass er im Zuge des Klimawandels erhebliche Schäden erlitten und eine schwere Zukunft vor sich hat.
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VW hat eine Klageabweisung beantragt. In einer Erwiderungsschrift argumentieren die Anwälte von VW, dass die Verfassung „keine individuelle Haftung für die diffusen Distanz- und Summationsschäden des Klimawandels“ gebiete. Zudem betonen die Anwälte, dass die Nutzung der Fahrzeuge nicht im Einflussbereich von VW stattfinde, „sondern in der Verantwortung und unter dem bestimmenden Einfluss der Fahrer und Halter der Fahrzeuge“. Nur etwa ein Prozent der Emissionen, die bei der Produktion und Nutzung entstehen, entstammten aus Quellen, die „von einem Konzernunternehmen kontrolliert werden“.
VW argumentiert, niemand wisse, wie der Klimawandel auf das Land des Bio-Bauern wirken wird
Mit Unverständnis reagieren die VW-Anwälte darauf, dass sich der Bauer in der Klage auf seine düstere Geschäftsperspektive bezieht. „Die Erwartung großflächiger Dürreperioden [...] etwa sagt nichts darüber aus, ob überhaupt, wann und in welchem Umfang hierdurch konkret die [...] Grundstücke des Klägers betroffen sind“. Die konkreten Folgen des Klimawandels ließen sich nicht auf kleinräumige Bereiche vorhersagen. Es sei heute „völlig unabsehbar, in welcher konkreten Form – wenn überhaupt – es zu einer Rechtsgutbeeinträchtigung kommen könnte“, schreiben die VW-Anwälte.
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace, die den Bauern unterstützt, hält die VW-Argumentation für irreführend und falsch. Der Autokonzern müsse sich seiner Verantwortung stellen und den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor schnellstmöglich einleiten und umsetzen, sagt Greenpeace-Fachmann Benjamin Stephan. „Es ist erschreckend, wie VW argumentiert.“
Eine VW-Sprecherin wiederum betonte Fortschritte in der Elektromobilität. „Angesichts der fortschreitenden Erderwärmung setzt Volkswagen konsequent auf batterieelektrische Fahrzeuge.“ Aus Sicht des Klägers und der Umweltschützer reicht das aber nicht. Die VW-Argumentation vor Gericht stehe im Widerspruch zum Image eines ökologischen Vorreiters, das VW in der Öffentlichkeit suche.

Als der Prozess begann, hatten Allhof-Cramer und damit auch Greenpeace kein leichtes Spiel. Der Vorsitzende Richter Manfred Pohlmeier äußerte damals Kritik und forderte eine Konkretisierung der Vorwürfe.
Anwältin und Gericht erwarten Fortsetzung des Verfahrens
Dem sei man gefolgt und könne die Bedenken ausräumen, sagte die Anwältin des Klägers, Roda Verheyen. Sie gehe daher davon aus, dass es am Freitag kein abweisendes Urteil gebe, sondern dass es weitergehe mit dem Verfahren.
Das VW-Verfahren am Detmolder Landgericht dürfte am Freitag wohl noch nicht beendet sein. Ein Sprecher des Gerichts sagte, es sei „überwiegend wahrscheinlich“, dass die Kammer wegen der neuformulierten Anträge wieder in die mündliche Verhandlung eintreten und einen neuen Verhandlungstermin anberaumen werde.
Unterdessen bekommt der Kläger die Folgen von Wetterextremen auch dieses Jahr zu spüren. Die diesjährige Dürre bestätige „die schlimmsten Befürchtungen“, sagte der Biobauer. Weil das Gras auf den Weiden verdorrt sei, bekämen seine Kühe schon jetzt Futter – normalerweise grasen die Tiere bis November auf den Weiden. „Fütterungstechnisch hat der Winter schon im Juli und August für uns begonnen.“ Die Politik und Industrie müssten „alles dafür tun, dass wir unseren Kindern einen Planeten übergeben, der irgendwie noch in einem Gleichgewichtszustand ist und der ökologische Rahmenbedingungen hat, die ein bescheidenes, aber menschenwürdiges Leben ermöglichen“.