Nach Verurteilung von Studentin Lina E.
Flammen, Krawalle: Schwere Randale und brennende Barrikaden in Leipzig
Proteste gegen Verurteilung der Studentin wegen ihrer Überfälle auf vermeintliche oder tatsächliche Neonazis.

In Leipzig-Connewitz haben in der Nacht zu Sonnabend zahlreiche Barrikaden gebrannt. An mehreren Straßen und Plätzen gingen Mülltonnen und Absperrgitter in Flammen auf, auch weitere Barrikaden brannten. Hunderte Vermummte waren unterwegs. Die Polizei war mit zwei Wasserwerfern und einem Räumpanzer im Einsatz. In sozialen Netzwerken hatte es aus der linken Szene einen Aufruf zum „Massencornern“ gegeben, um trotz des Verbots der „Tag X“-Demo am Sonnabend Solidarität mit der verurteilten Studentin Lina E. zu zeigen.
Vor dem linksautonomen Solidaritätstag für die verurteilte Studentin Lina E. haben Vermummte im Leipziger Stadtteil Connewitz Polizisten angegriffen. Nach zunächst friedlichem Verlauf einer Versammlung am Wiedebachplatz flogen aus einer Menge von mehreren Hundert Vermummten heraus plötzlich Steine und Pyrotechnik auf Beamte, wie eine dpa-Reporterin beobachtete. Zudem brannten Barrikaden aus Mülltonnen und Baustellenabsperrungen. Die Polizei setzte Tränengas ein.
Bei den Krawallen ist erheblicher Schaden entstanden. So wurden 17 Einsatzfahrzeuge beschädigt und weitere Fahrzeuge von Unbeteiligten in Brand gesetzt. Auch an einer Bankfiliale sei Schaden „in hoher fünfstelliger Summe“ verursacht worden, teilte die Polizei mit. Außerdem wurden 23 Polizisten und ein Journalist verletzt. Ermittelt wird unter anderem wegen schweren Landfriedensbruchs. Fünf Tatverdächtige wurden festgenommen, drei Menschen kamen in Gewahrsam.
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Die Polizei in Leipzig bereitet einen Großeinsatz vor
Der sogenannte Tag X am Sonnabend war ausgerufen worden als Reaktion auf die Verurteilung der Studentin Lina E. und dreier Mitangeklagter wegen Überfällen auf vermeintliche oder tatsächliche Neonazis. Die Polizei bereitet in Vorahnung drohender Ausschreitungen einen Großeinsatz vor. Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) zeigte sich angesichts zahlreicher Gewaltaufrufe in sozialen Medien besorgt um die Sicherheit in der Messestadt.
Das Quartett war am Mittwoch vom Oberlandesgericht Dresden zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden wegen Körperverletzung und Mitgliedschaft in oder Unterstützung einer kriminellen Vereinigung. Lina E., die seit zweieinhalb Jahren in Untersuchungshaft saß, kam nach der Urteilsverkündung vorläufig frei - zur Begründung verwies das Gericht unter anderem auf eine Erkrankung der 28-Jährigen und eine Vorverurteilung infolge medialer Berichterstattung.

Die für Sonnabend geplante linksautonome Demonstration bleibt verboten. Das Verwaltungsgericht in Leipzig wies am späten Freitagnachmittag einen Eilantrag gegen das Verbot durch die Stadt zurück. Beim sächsischen Oberverwaltungsgericht in Bautzen ging am Abend eine Beschwerde dagegen ein. Einem Sprecher zufolge sollte es noch in der Nacht eine Entscheidung geben.
Die Stadt hatte die „Tag X“-Demo mit dem Motto „United we stand - Trotz alledem, autonomen Antifaschismus verteidigen!“ verboten, weil ein unfriedlicher Verlauf zu befürchten sei. Grundlage dafür waren Gefahrenprognosen der Polizei und Lageeinschätzungen des Verfassungsschutzes. In linken Kreisen war bundesweit mobilisiert worden. Laut Polizei gab es auch Gewaltandrohungen und Aufrufe zur Militanz.
Gericht erwartet unfriedlichen Verlauf der Demo
Das Verwaltungsgericht erklärte, es sei mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem unfriedlichen Verlauf der Versammlung auszugehen. Insofern erweise sich die Gefahrenprognose der Stadt als zutreffend. Es sei insbesondere zu berücksichtigen, dass sich die Mobilisierung im Internet einschließlich des Demonstrationsaufrufs auch an eine gewaltbereite autonome linksextremistische Szene gerichtet habe.
Auch wenn es inzwischen eine Distanzierung von Gewaltaufrufen gegeben habe und zuletzt zu einer friedlichen Demonstration aufgerufen worden sei, bleibe zu befürchten, dass aus der angemeldeten Versammlung heraus Gewalttaten begangen würden. Zudem erscheine die angemeldete Teilnehmerzahl von 400 bis 500 nicht ansatzweise realistisch - es sei mit weitaus mehr Teilnehmern zu rechnen, so das Verwaltungsgericht.
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„Kontrollbereich“ in Leipzig eingerichtet
Schon seit Freitag 18.00 Uhr galt in Leipzig ein sogenannter Kontrollbereich, der große Teile des Stadtgebiets im Osten, Süden und Westen umfasst. Dort kann die Polizei ohne besonderen Anlass Menschen anhalten und deren Personalien überprüfen. Auch der Anreiseverkehr auf den Straßen und am Hauptbahnhof solle kontrolliert werden, hatte die Polizei mitgeteilt. Die Polizeidirektion Leipzig wird eigenen Angaben zufolge von zahlreichen Hundertschaften samt Technik aus zwölf Bundesländern und von der Bundespolizei unterstützt.
Zahlreiche Großveranstaltungen am Sonnabend in Leipzig
Außer dem „Tag X“ stehen am Wochenende in Leipzig etliche andere Großveranstaltungen an. Es ist Stadtfest, Sänger Herbert Grönemeyer gibt ein Konzert vor Zehntausenden Besuchern und am Samstag spielen die Fußballclubs Lok Leipzig und der Chemnitzer FC um den Sachsenpokal. Eine Absage der Partie war erwogen, letztlich aber doch verworfen worden.
Weitere Demos sind für Samstag geplant
Trotz des Verbots der Solidaritätsdemonstration „Tag X“ der linksautonomen Szene in Leipzig werden am Samstag in der Stadt Kundgebungen auch aus dem linken Spektrum abgehalten. So ist für den Nachmittag nach Angaben der Stadt eine Demonstration auf dem Alexis-Schumann-Platz angemeldet. Sie steht unter dem Titel „Die Versammlungsfreiheit gilt auch in Leipzig“.
Die Umweltbewegung „Fridays for Future“ wollte am Nachmittag in einer Demonstration vom Bayerischen Platz zum Naturkundemuseum ziehen. Eine Versammlung unter dem Motto „Freiheit für alle politischen Gefangenen“ war von der Stadt untersagt worden.