Baerbock macht schon mal Außenpolitik mit Gas-Pipeline
Grüne Ko-Parteichefin will vermeiden, dass Deutschland durch Russland erpressbar wird

Fast 100 Leute, 22 Arbeitsgruppen: Am Donnerstag beginnen die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grünen und FDP. Es wird wie berichtet viel ums Geld gehen, aber Grünen-Ko-Chefin Annalena Baerbock hat jetzt auch außenpolitische Forderungen aufgestellt, von denen mindestens eine bei der SPD auf Widerstand stoßen dürfte.
Baerbock hatte in einem Interview nämlich nicht nur verlangt, dass die EU mit Taiwan ein Investitionsabkommen schließt, was China verärgern würde. Sie forderte vor allem, dass die fertiggestellte Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland vorerst keine Betriebserlaubnis bekommt.
Formal begründete sie das damit, dass nach europäischem Energierecht Pipeline-Betreiber und Gaslieferanten nicht identisch sein dürfen. Das Gas soll aber von Gazprom geliefert werden, und die Betreibergesellschaft ist Tochterunternehmen des russischen Energiekonzerns.

Der liefert zwar nach allgemeiner Darstellung die vereinbarten Mengen, aber nicht mehr, obwohl das mit den vorhandenen Pipelines ginge. Entsprechende EU-Anfragen wegen der steigenden Gaspreise gingen ins Leere. Russlands Präsident Wladimir Putin machte aber deutlich, dass mit Nord Stream 2 mehr Gas fließen könnte. Offenbar macht Russland Druck, dass die Pipeline schnellstens genehmigt wird. Die Bundesnetzagentur will aber erst im Januar entscheiden, ob sie die Betreibergesellschaft als unabhängig zertifiziert.
Wegen dieses Drucks sagte Baerbock, die Russland „gehörig nach unten“ gefahrene Lieferungen vorwirft: „Wir dürfen uns nicht erpressen lassen.“ Ihre Haltung könnte in der SPD auf Kritik stoßen, insbesondere bei Manuela Schwesig. Die seit der Wahl gestärkte Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, wo die Pipeline endet, kämpft sehr für die von mehreren europäischen Ländern abgelehnte Gasleitung.