Arbeitszeiterfassung statt Vertrauensarbeitszeit: Arbeitgeber sauer über Stechuhr-Urteil
Regierung und Parlament müssen nach dem Stechuhr-Urteil des Bundesarbeitsgerichts schnell gesetzliche Regelungen finden

Dieser Satz lässt bei der Bundesregierung, Arbeitgebern und Gewerkschaften die Köpfe rauchen: „Der Arbeitgeber ist nach (...) Arbeitsschutzgesetz verpflichtet, ein System einzuführen, mit dem die von den Arbeitnehmern geleistete Arbeitszeit erfasst werden kann.“ So hatte es das Bundesarbeitsgericht (BAG, Erfurt) nach seiner Entscheidung mitgeteilt. Jetzt brüten alle, wie das umgesetzt werden kann – im Betrieb, vor allem aber auch bei der Arbeit zu Hause.
Lesen Sie auch, was Dieter Bohlen so verspricht >>
Urteil des Bundesarbeitsgerichts liegt noch nicht vor
Der Hamburger Arbeitsrechtler Prof. Dr. Michael Fuhlrott beschrieb in einem Beitrag für die Fachzeitschrift Legal Tribune das Dilemma: „Ob und welche Freiheiten das BAG Unternehmen zubilligt, kann der am Dienstag allein vorliegenden Pressemitteilung des Gerichts nicht entnommen werden.“
Die Entscheidung bedeutet, dass nicht nur die Überstunden erfasst werden müssen, sondern die tatsächliche Arbeitszeit, von buchstäblich jeder Firma, von der Drei-Mann-Tischlerei bis zur Deutschen Bahn, mit oder ohne Betriebsrat. Fuhlrott: „Der Gesetzgeber ist durch die Entscheidung durch das BAG links überholt worden.“
Nordrhein-Westfalens Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) fordert entsprechend: „Jetzt muss das jahrelange Hin- und Her von Bundeswirtschafts- und Bundesarbeitsministerium ein Ende haben und bei der Reform des Arbeitszeitgesetzes klipp und klar zum Ausdruck gebracht werden, dass die Stunden aufgezeichnet werden müssen.“ Er freue sich über die Entscheidung. „Ich habe nie verstanden, dass bei Menschen, die nach Stundenlohn bezahlt werden, die Stunden nicht aufgeschrieben werden.“
Laumann (CDU) sieht die Rechte der Arbeitnehmer gestärkt
Inzwischen gebe es viele Möglichkeiten, die Arbeitszeit unbürokratisch digital zu erfassen. Insofern sei das auch nicht mit großem Aufwand verbunden. Gleichzeitig stärke eine genaue Erfassung die Rechte der Arbeitnehmer.
Lesen Sie auch: Wahlkampf-Panne bei der AfD: Mini-Penisse für zwischendurch! >>
Die Arbeitgebervereinigung BDA kritisiert das Urteil als „überstürzt und nicht durchdacht“. Das Gericht überdehne mit seiner Entscheidung den Anwendungsbereich des Arbeitsschutzgesetzes deutlich, sagte BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter. „Damit werden Beschäftigte und Unternehmen ohne gesetzliche Konkretisierung überfordert. Diese Entscheidung darf nicht dazu führen, dass bewährte und von den Beschäftigten gewünschte Systeme der Vertrauensarbeitszeit in Frage gestellt werden.“