Sind die Russen für die Sabotage an den Gasleitungen verantwortlich?
Sind die Russen für die Sabotage an den Gasleitungen verantwortlich? dpa/Danish Defence Command, Grafik: dpa

Darüber rätselt gerade die ganze Welt: Wer hat den Anschlag auf die Gasleitungen zwischen Russland und West-Europa verübt?  Wer profitiert davon? Oder war es doch ein technisches Versagen?

Der Sicherheitsexperte Johannes Peters hält es für „unwahrscheinlich“, dass die Schäden an den Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und 2 durch einen Unfall entstanden sein könnten. Vielmehr vermute er Russland hinter einem Sabotageakt. „Das wirkt vordergründig natürlich etwas widersinnig, die eigenen Pipelines zu zerstören“, sagte der Experte vom Institut für Sicherheitspolitik der Universität Kiel am Donnerstag im ARD-„Morgenmagazin“. Es gebe aber durchaus gute Gründe dafür.

Lesen Sie auch: Mysteriöse Drohnenflüge über Norwegens Bohrinseln: Droht jetzt der Angriff auf Europas größten Gaslieferanten? >>

Lesen Sie auch: Fischsterben an der Oder: Greenpeace nennt die Ursache für Tonnen von toten Fischen>>

Lesen Sie auch: Verbraucherschützer warnen: Versorger könnten viel zu hohe Gas- und Stromabschläge fordern >>

Johannes Peter vom Institut für Sicherheitspolitik der Universität Kiel im ARD-Morgenmagazin
Johannes Peter vom Institut für Sicherheitspolitik der Universität Kiel im ARD-Morgenmagazin ARD/Screenshot

Europa soll verunsichert werden

Ein Grund sei sicherlich, ein „starkes Signal“ an Europa zu senden, vor allem an Deutschland und Polen, dass man dasselbe auch mit Pipelines machen könnte, die für unsere Versorgungssicherheit deutlich wichtiger seien, etwa die Pipelines aus Norwegen: „Also seid euch mal nicht so sicher, dass ihr für den Winter gut aufgestellt seid und dass ihr in der Lage seid, unser Gas zu kompensieren.“

Ein weiterer möglicher Grund für einen möglichen russischen Sabotageakt sei, dass man im Winter „die noch intakte Nordstream-2-Röhre dazu nutzen kann, um Druck auf Deutschland zu erhöhen, wenn beispielsweise der innenpolitische Druck auf die Regierung wachsen sollte, weil die Gaspreise hoch sind, weil wir vielleicht doch nicht genügend Gas haben für den Winter.“ Dann könnte Russland anbieten, durch die intakte Leitung doch noch Gas zu liefern. Dafür müsste Deutschland aber „aus dem westlichen Sanktionsregime ausscheren.“

Die ebenfalls verbreitete These, dass die USA die Lecks verursacht haben könnten, „um zu verhindern, dass Europa in einem kalten Winter doch zu den Russen zurückfindet“, hält Peters indes für nahezu ausgeschlossen.

dpa/Grafik: B. Bolte, Redaktion: B. Schaller
dpa/Grafik: B. Bolte, Redaktion: B. Schaller

Drei Lecks an beiden Pipelines Nord Stream 1 und 2

In der Nacht zum Montag war zunächst in einer der beiden Röhren der nicht genutzten Pipeline Nord Stream 2 ein starker Druckabfall festgestellt worden. Später meldete der Nord-Stream-1-Betreiber einen Druckabfall auch in diesen beiden Röhren. Dänische Behörden entdeckten schließlich insgesamt drei Lecks an den beiden Pipelines.

Mehrere Länder brachten bereits am Dienstag einen Anschlag auf die europäische Gasinfrastruktur als Ursache für die als beispiellos geltenden Schäden ins Spiel. Die EU und die Nato gehen von Sabotage aus. US-Außenamtssprecher Ned Price sagte, die US-Regierung wolle keine Mutmaßungen über mögliche Hintermänner einer Sabotage-Aktion anstellen, bis Untersuchungen an den Erdgasleitungen abgeschlossen seien. Der Kreml hatte am Mittwoch Spekulationen über eine russische Beteiligung an der Beschädigung der Pipelines als „dumm und absurd“ zurückgewiesen.

Das vom dänischen Verteidigungskommando zur Verfügung gestellte Foto zeigt das Nord-Stream 2-Gasleck in der Nähe von Bornholm.
Das vom dänischen Verteidigungskommando zur Verfügung gestellte Foto zeigt das Nord-Stream 2-Gasleck in der Nähe von Bornholm. dpa/Danish Defence Command

Kreml weist Verantwortung für Lecks an Nord Stream 1 und 2 zurück

„Es ist ziemlich vorhersehbar und vorhersehbar dumm und absurd, solche Annahmen zu treffen“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. In der Ukraine gab es Vorwürfe, Russland habe die Pipelines gezielt sabotiert, um die Energiekrise in Europa zu verschärfen und Panik vor dem Winter auszulösen.

Die Europäische Union hält Sabotage als Ursache für wahrscheinlich und hat mit Gegenmaßnahmen gedroht. Dabei ließ sie jedoch offen, wen sie verantwortlich macht.