Ex-US-Präsident Donald Trump.
Ex-US-Präsident Donald Trump. AFP/Alon Skuy

Vor der Wut kam der Schock. Als die Anklage gegen ihn Anfang der Woche nicht wie (von ihm selbst) angekündigt kam, war Donald Trump siegessicher. Unterstützt von seinen politischen Verbündeten im Kongress glaubte er, den New Yorker Bezirksstaatsanwalt Alvin Bragg durch Drohgebärden so sehr eingeschüchtert zu haben, dass dieser seine „Hexenjagd“ gegen ihn aufgeben würde. Es kam anders.

Trumps Anwalt Joe Tacopino ließ – wahrscheinlich versehentlich – einen Blick ins Innenleben seines Mandanten zu: „Als er Donnerstag von der Anklage erfuhr, war er geschockt. Er hatte sie nicht erwartet.“ Es folgte die erwartete Hetzlawine gegen Bragg und den politischen Gegner. Jetzt richtet sich das nervöse Amerika darauf ein, dass die Spaltung des Landes durch die erste Anklage gegen einen Ex-Präsidenten überhaupt, eine neue Eskalationsstufe erreichen könnte. Die Kluft zwischen Manhattan und MAGA-Country ist noch tiefer geworden.

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Das Trump-Lager droht mit Protesten

Der Trump-nahe „Fox News“-Moderator Jesse Waters warnte vor dem schwelenden Pulverfass in Amerika mit den ominösen Worten: „Das Land wird sich das nicht gefallen lassen. Die beteiligten Leute sollten vorsichtig sein – der Ärger wächst.“ Und den schürt Trump willentlich, in dem er gegen Bragg hetzt („er ist eine Schande als Bezirksanwalt“) und sich in seine geliebte Opferrolle als „politischer Verfolgter“ begibt.

Auch die größten Namen der MAGA-Fraktion im Kongress gießen munter Öl ins Feuer. Der Republikanische Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, Kevin McCarthy, twitterte: „Braggs hat Amtsmissbrauch begangen und damit unserem Land irreparabel geschadet...Die Bevölkerung wird das nicht tolerieren.“ Marjorie Taylor Greene, die Anführerin des rechtspopulistischen Flügels der Republikaner, legte noch einen drauf: „Trump ist der Einzige, der den heutigen Tyrannen noch im Weg steht und der uns vor dem Bösen beschützen kann“ – weshalb Biden ihn beseitigen will!“

Anklage gegen Donald Trump: Darum geht es

Die offizielle Anklageschrift wurde bislang noch nicht veröffentlicht, doch laut Insidern geht es um illegale Spenden durch das Zahlen eines „Schweigegeld“ an Trumps angebliche Affäre, die Pornodarstellerin Stormy Daniels. Insgesamt könnte es bis zu 34 Anklagepunkte wegen Geschäftsbetrug geben. Nach amerikanischem Recht muss Trump sich bei der Polizei in Manhattan stellen, seine Fingerabdrücke abgeben und sich fotografieren lassen. Als Ex-Präsident wird er von Beamten des Secret Service begleitet, die laut seines Anwalt Tacopina „es nicht zulassen werden, dass man ihm Handschellen anlegt!“ Doch noch weiß niemand wirklich, ob sich Trump mit Sicherheit am Dienstag in New York freiwillig verhaften lassen wird.

Viele im Trump-Lager sind allerdings überzeugt, dass eine Verhaftung als politisches Kapital genutzt werden kann. Es würde belegen, was Trump seit je her behauptet: Dass sich die politische Linke zusammen mit dem „Deep State“ (so nennt er die Bürokratie in Washington) sich gegen ihn verschworen hat. Das ist auch der Grund, warum einige Berater im Joe Biden-Camp nicht sehr glücklich über die Anklage sein sollen.

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Donald Trump hatte eine Affäre mit der Pornodarstellerin Stormy Daniels. Damit das nicht an die Öffentlichkeit gelangt, soll Schweigegeld geflossen sein. 
Donald Trump hatte eine Affäre mit der Pornodarstellerin Stormy Daniels. Damit das nicht an die Öffentlichkeit gelangt, soll Schweigegeld geflossen sein.  AFP/Mandel Ngan(1)/Ethan Miller(1)

Der demokratische Ex-Abgeordnete Harold Ford verweist auf drei weitere Ermittlungen gegen Trump, die „vielversprechender sind“. Seine Befürchtung: „Dieser Fall wird ihm Märtyrer-Status geben!“ Gemäßigtere republikanische Berater sehen allerdings auch die Kehrseite der Medaille: Unabhängige Wähler, die Trump unbedingt zurückgewinnen muss, könnten abgeschreckt und im demokratischen Lager bleiben.

Anklage gegen Donald Trump: Die Republikaner schließen die Reihen

Die Anklage zwingt vorerst sogar Ron DeSantis, Trumps größten innerparteilichen Konkurrenten um die Präsidentschaftskandidatur, sich auf die Seite des Rivalen zu stellen. Der Gouverneur von Florida kündigte an, dass er im Fall eines Auslieferungsantrags nach New York (falls Trump sich nicht freiwillig stellt) keine Amtshilfe geben wird: „Das juristische System als Waffe gegen eine politische Agenda zu missbrauchen ist völlig unamerikanisch und stellt unser Recht auf den Kopf!“ Die New Yorker Polizei rechnet bereits mit dem Schlimmsten – Aufmärsche von MAGA-Anhängern vor der Dienststelle – und hat seit Donnerstag alle Beamten des Big Apple in Alarmbereitschaft versetzt.

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Fakt ist, selbst wenn der Ex-Präsident verurteilt werden und im Gefängnis sitzen würde, verbietet es ihm die US-Verfassung nicht explizit, als Präsident anzutreten. Seine treusten Anhänger – nach aktuellen Umfragen 51 Prozent aller republikanischen Wähler, werden auf jeden Fall nicht von ihm abrücken. Das Verrückte: Trump könnte sich bei einer Wiederwahl völlig legal selbst begnadigen. Und kaum einer, der seit 2016 in Amerika die Trump-Ära erlebt hat, zweifelt daran, dass dieses Szenario möglich ist.