Ampel-Koalitionsvertrag schon für Ende November geplant: Das sind die größten Knackpunkte zwischen FDP, Grünen und SPD!
Die staatliche Förderbank KfW soll laut Grünen und FDP die geplanten Investitionen bezahlen.

Erst wurde vorsondiert, dann sondiert, nun geht es ans Eingemachte: Mit 22 Arbeitsgruppen starten SPD, Grüne und FDP auf dem Berliner Messegelände in die Verhandlungen zur Ampel-Koalition.
Noch vor Weihnachten soll die gemeinsame Regierung stehen. Der neue Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) solle in der Woche vom 6. Dezember gewählt werden, sagte FDP-Generalsekretär Volker Wissing am Donnerstag in Berlin und stellte mit SPD-Kollege Lars Klingbeil und Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner den Zeitplan vor. Der fertige Koalitionsvertrag soll bis Ende November vorliegen.
Einige Hürden auf dem Weg dahin haben die Ampel-Partner bereits mit ihrem am Freitag vorgelegten zwölfseitigen Sondierungspapier aus dem Weg geräumt. So soll der gesetzliche Mindestlohn einmalig auf zwölf Euro pro Stunde steigen. Hartz IV soll durch ein Bürgergeld ersetzt werden.
Das Wahlalter für Bundestag und Europaparlament soll auf 16 Jahre sinken. Pro Jahr werden 400.000 neue Wohnungen angepeilt. Es soll keine Rentenkürzungen geben, auch das Renteneintrittsalter wird nicht angehoben. Geplant ist der Einstieg in eine teilweise Kapitaldeckung der gesetzlichen Rente. Ein Tempolimit auf Autobahnen wird es nicht geben.
Teure Investitionen in Klimaschutz und Bildung
Einig sind sich die Partner auch darin, in Klimaschutz, Digitalisierung und Bildung investieren zu wollen. Im Gespräch ist eine Summe von 50 Milliarden Euro zusätzlich pro Jahr. Doch zugleich sollen Steuern nicht erhöht und die Schuldenbremse eingehalten werden. Wie also die ehrgeizigen Ziele finanzieren? Darüber dürfte es noch harte Verhandlungen geben, nur auf Steuermehreinnahmen zu setzen, reicht nicht aus.
Eine verstärkte Rolle soll jetzt der staatlichen Förderbank KfW zukommen. „Wir brauchen viele Investitionen“, sagte FDP-Generalsekretär Volker Wissing am Donnerstag im ZDF-„Morgenmagazin“. Dabei werde die KfW „eine Rolle spielen“. Die KfW könnte viele Investitionen etwa im Klimaschutz finanzieren – und dabei die von der FDP in den Ampel-Sondierungen durchgesetzten Leitlinien respektieren: „Keine Steuererhöhungen und kein Aufweichen der Schuldenbremse“, sagte Wissing weiter.
Schattenhaushalt voraus?
Auch Grünen-Bundesgeschäftsführer Michael Kellner sprach sich dafür aus, einen Teil der beabsichtigten Investitionen über die KfW zu finanzieren. Den Vorwurf, dass die künftige Regierung durch den verstärkten Rückgriff auf KfW-Finanzierungen eine Art Schattenhaushalt aufstellen und so die Schuldenbremse umgehen könnte, wies Kellner zurück: „Die KfW haben wir ja nicht erfunden, die gibt es ja schon seit langem.“
Die KfW vergibt seit 1948 im Auftrag des Bundes und der Länder Kredite zur Förderung von Investitionsvorhaben. Im vergangenen Jahr stellte sie nach eigenen Angaben ein Fördervolumen von 135,3 Milliarden Euro zur Verfügung, von denen 33 Prozent in Maßnahmen zum Klima- und Umweltschutz flossen.
Schnellerer Ausbau erneuerbarer Energien
Beim Thema Klimaschutz soll der Ausbau der erneuerbaren Energien „drastisch“ beschleunigt werden, darüber sind sich SPD, Grüne und FDP einig. Ein paar Pflöcke haben sie schon eingeschlagen, etwa mit einer Solardachpflicht für gewerbliche Neubauten und einem beschleunigten Kohle-Ausstieg, der „idealerweise“ bis 2030 gelingen soll.
Was tun gegen hohe Benzinpreise?
Handlungsbedarf gibt’s auch bei den explodierenden Energiekosten. Die Preise an den Tankstellen oder für das Heizen schnellen in die Höhe. Hier müssen die potenziellen Koalitionäre Wege finden, den Anstieg für die Bevölkerung abzupuffern, ohne dass dies den Klimazielen im Wege steht.
In einigen Bereichen ist das Sondierungspapier vage geblieben, etwa in der Verkehrs- oder auch Außen- und Sicherheitspolitik. Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, sieht bei den Sozialversicherungen einen immensen Handlungsbedarf. Die demografische Alterung sei in dem Papier überhaupt nicht berücksichtigt worden, beklagt er. „Wir werden aber in der nächsten Dekade bis 2030 einen Verlust von über drei Millionen Erwerbspersonen zu verzeichnen haben. Das führt zu vollkommen anderen Belastungen bei einer gleichzeitig steigenden Anzahl von Rentnern.“
Die Nachwuchsorganisationen der drei Parteien sind auch noch nicht zufrieden. Die Jungsozialisten pochen auf den Ausbau des Nahverkehrs, niedrigere Ticketpreise und eine umlagefinanzierte Ausbildungsplatzgarantie. Die Grüne Jugend will beim Klimaschutz nachlegen, die Jungen Liberalen wollen die Vermögensbildung erleichtern, eine Legalisierung von Sterbehilfe, die Abschaffung des Abtreibungsparagrafen im Strafgesetzbuch und vollständige Legalisierung von Cannabis.