Altenheime zahlen ab heute nach Tarif! Müssen jetzt Pflegebedürftige die faireren Löhne finanzieren?
Die verpflichtende Tarifbezahlung stellt viele Pflegekräfte endlich finanziell besser. Doch wer übernimmt die höheren Kosten?

Mit dem heutigen ersten September tritt für die Beschäftigten in der Altenpflege das sogenannte Tariftreue-Gesetz in Kraft. Es verpflichtet Heime und ambulante Dienste dazu, ihre Pflegekräfte nach Tarif zu bezahlen. Nur dann können sie weiterhin mit den Pflegekassen abrechnen.
Die gesetzliche Vorgabe war noch von der alten schwarz-roten Bundesregierung auf den Weg gebracht worden – auch um dringend gesuchte Pflegekräfte im Beruf zu halten und zu gewinnen. Nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums haben viele Einrichtungen schon im Vorfeld des Stichtags die Gehälter ihrer Mitarbeiter spürbar erhöht.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach sprach von einem späten Dank für alle Pflegekräfte. „Die Löhne der Pflegekräfte in den Heimen steigen erheblich, und das ist gewollt. Endlich wird ihre wichtige Arbeit besser entlohnt“, sagte der SPD-Politiker. Je nach Bundesland und Einrichtung stiegen die Löhne demnach um zehn bis 30 Prozent.
Pflegebedürftigen drohen Mehrkosten von mehreren Hundert Euro
Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund begrüßt die faireren Tarife, befürchtet jedoch, dass die zusätzlichen Kosten der Lohnerhöhungen über höhere Eigenanteile den Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen aufgebürdet werden. Hintergrund ist, dass die Pflegeversicherung – anders als die Krankenversicherung – nur einen Teil der Kosten für die reine Pflege trägt. Für Heimbewohner kommen außerdem noch Kosten für Unterkunft, Verpflegung und auch für Investitionen in den Einrichtungen hinzu.
„Preissteigerungen von mehreren Hundert Euro pro Monat plus steigende Energie- und Lebensmittelkosten im Pflegeheim bedeuten für viele Menschen existenzielle Not“, mahnte Piel deshalb Entlastungen für Pflegebedürftige an. Die Präsidentin des Deutschen Pflegerats, Christine Vogler, fordert gar eine Reform der Pflegefinanzierung, damit die höheren Kosten nicht auf die Bewohner umgelegt werden.
Pflege muss über Steuern finanziert werden
„Wir werden in Zukunft an Steuerfinanzierung von pflegerischer Versorgung nicht mehr vorbeikommen“, sagte Vogler am Donnerstag im Inforadio des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB). Andernfalls gehe die finanzielle Belastung zulasten der Pflegebedürftigen.
Der Präsident des Arbeitgeberverbandes Pflege, Thomas Greiner, pochte darauf, dass die Pflegekassen die zusätzlichen Kosten der Lohnerhöhungen übernehmen müssten. „Hier darf es kein würdeloses Geschacher geben, denn die Pflegeunternehmen können es gerade jetzt nicht verkraften, das Geld vorzustrecken“, erklärte er. Bei der Finanzierung der Eigenanteile von Pflegebedürftigen müsse Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sich bewegen, so Greiner.