Darum geht es bei den Verhandlungen
Afghanistans Schicksalsfrage: Frieden mit den Taliban?
Fast zwei Jahrzehnte nach ihrer Vertreibung aus Kabul wollen die Taliban mit Afghanistans Regierung über Frieden verhandeln.

Fast zwei Jahrzehnte nach ihrer Vertreibung aus Kabul wollen die Taliban mit Afghanistans Regierung über Frieden verhandeln. Die Welt schaut mit Spannung auf Katar, wo die Gespräche beginnen sollen. Kann die Bundeswehr endlich bald abziehen?
„Egal wie hoch ein Berg auch sein mag, ein Pfad führt zur Spitze“, sagt ein afghanisches Sprichwort. Die Afghanen selbst allerdings waren in der vergangenen Zeit vom Weg abgekommen, über vier Jahrzehnte mussten sie Blutvergießen, Leid und Brutalität ertragen. Nun aber keimt Hoffnung auf ein Ende des Konflikts: Erstmals wollen sich Taliban und Vertreter der Regierung an einen Tisch setzen. Die Vorbereitungen in der katarischen Hauptstadt Doha laufen auf Hochtouren, wo der Auftakt am Sonnabend mit Spannung erwartet wird.
Zuletzt ging der Konflikt in Afghanistan brutal weiter, ein Gefangenenaustausch, der eigentlich Vertrauen aufbauen sollte, war immer wieder ins Stocken geraten. Inzwischen kamen insgesamt knapp 5000 Taliban im Tausch gegen 1000 von den Rebellen festgehaltene Gefangene frei. Der Konflikt im Land ging aber unvermindert weiter.

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Das Verhandlungsteam der Regierung hat einen Waffenstillstand mit den Taliban zur obersten Priorität gemacht. Masum Staneksai, treuer Anhänger der Regierung unter Präsident Aschraf Ghani, Ex-Geheimdienstchef und Friedensdiplomat, führt das Verhandlungsteam aus Kabul. Für die Islamisten spricht Scheich Maulawi Abdul Hakim, der spät und überraschend als Verhandlungsführer der Taliban-Delegation angekündigt wurde. Ihre politische Agenda bleibt schleierhaft.
Dass die Gespräche nun beginnen, ist das wichtigste Zugeständnis, dass die Amerikaner den Taliban im Gegenzug für ihren Abzug abringen konnten, den sie in einem Abkommen mit den Taliban vor mehr als einem halben Jahr angekündigt hatten. Im Gegenzug zum US-Truppenabzug sollen die Taliban garantieren, dass von Afghanistan keine Terrorgefahr mehr ausgeht. Der Deal verpflichtete die Islamisten auch zur Aufnahme innerafghanischer Friedensgespräche.
In den nun anstehenden Verhandlungen geht es aber um weit mehr als nur ein Ende der Gewalt. Am Ende könnte ein Land mit einem völlig neuen politischen System entstehen. So fordern die Taliban eine rein islamische Regierung, ohne genauer zu definieren, wie sich diese von der derzeitigen Islamischen Republik Afghanistan unterscheiden soll. Wahlen lehnten die Islamisten bisher ab, Afghanistans Regierung hingegen hat die Republik als unverhandelbar erklärt.
Beobachter sagen, eine Konfrontation mit der Staatengemeinschaft läge nicht im Interesse der Taliban, um nicht die weiter notwendige Entwicklungshilfe zu gefährden. Experten wie Thomas Ruttig von der Kabuler Denkfabrik Afghanistan Analysts Network befürchten, dass in den Verhandlungen in Doha das Mitspracherecht von Minderheiten zu kurz komme. „Man sieht sehr viele Lippenbekenntnisse bisher“, sagt Ruttig. „Meine größte Sorge ist, dass die demokratischen Elemente zurückgedrängt werden und Afghanistan noch konservativer, noch islamischer wird.“ Frauenrechtler und Aktivistinnen in Kabul fürchten, dass ein Deal mit den Taliban zu ihren Lasten geht.
Deutschland und die anderen Nato-Partner der USA beobachten die Entwicklungen mit einer Mischung aus vorsichtigem Optimismus und Sorge. Denn sollten sich die Amerikaner komplett zurückziehen, müsste höchstwahrscheinlich auch der Nato-Ausbildungseinsatz in Afghanistan sofort beendet werden. In der Nato besteht die Sorge, dass es dann schnell wieder zu einer Destabilisierung des Landes und zu Rückschritten bei Demokratie und Menschenrechten kommen könnte. Das fast zwei Jahrzehnte lange Nato-Engagement in Afghanistan könnte so umsonst gewesen sein – auch für die Bundeswehr, die seit Beginn des Einsatzes bereits 59 Soldaten verloren hat.