„Es war gar nicht so leicht, ihn zu finden“, gibt Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach unumwunden zu. Es ist Montag, Tag 5 nach Erlass eines Haftbefehls gegen den bayerischen AfD-Politiker Daniel Halemba. Gegen 8.00 Uhr fassen Polizisten den untergetauchten 22-Jährigen im baden-württembergischen Kirchheim unter Teck, rund zwei Autostunden von seinem Wohnsitz in Würzburg entfernt.
Mittels Fahndungsmaßnahmen wie Handyortung kommen die Beamten dem jungen Mann auf die Spur. Seit vergangenem Donnerstag sucht ihn die Staatsanwaltschaft Würzburg, die seit Wochen wegen Volksverhetzung und Verwendens von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen gegen Halemba ermittelt. „Am Ende weiß man, wo er ist, und dann wird er natürlich festgenommen“, sagt Seebach. Bei wem sich Halemba in Kirchheim unweit von Stuttgart aufhielt, bleibt zunächst unklar.
Daniel Halemba führt Würzburger AfD-Kreisverband
Der in Polen geborene und im Norden von Baden-Württemberg aufgewachsene Politiker steht seit Wochen im Fokus. Die Ermittler wollen ihn nun wegen Verdunklungsgefahr in Untersuchungshaft sehen.
Besonders pikant: Halemba wurde als jüngster Politiker frisch in den bayerischen Landtag gewählt. Der 22-Jährige führt den Würzburger AfD-Kreisverband und war bei der Landtagswahl am 8. Oktober im Stimmkreis Haßberge/Rhön-Grabfeld angetreten. Als einer von vier AfD-Politikern aus Unterfranken sollte er am Montagnachmittag eigentlich bei der konstituierenden Sitzung im Landtag sein – und als Jüngster sogar direkt neben dem Alterspräsidenten sitzen.

Dazu kommt es allerdings nicht, stattdessen wird Halemba nahezu zeitgleich einem Ermittlungsrichter am Amtsgericht Würzburg vorgeführt. Der könnte Untersuchungshaft anordnen oder den Haftbefehl außer Vollzug setzen, etwa gegen Kaution oder Meldeauflagen.
Razzia bei der „Burschenschaft Teutonia Prag zu Würzburg“
Halemba ist nach eigenen Angaben seit 2021 Mitglied der „Burschenschaft Teutonia Prag zu Würzburg“, bei der es im September eine Razzia gab. Laut Staatsanwaltschaft gab es den Verdacht, dass sich im Verbindungshaus der Burschenschaft Gegenstände mit Kennzeichen der Partei der Nationalsozialisten, NSDAP, sowie Aufkleber und Schriften rassistischer Natur befinden könnten.
Die sichergestellten Gegenstände seien mittlerweile fast alle ausgewertet, sagt Oberstaatsanwalt Seebach. „Die Vorwürfe haben sich für uns erhärtet.“ Die Auswertung von Datenträgern laufe noch.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt auch gegen vier weitere Mitglieder der in Würzburg ansässigen Studentenverbindung, unter anderem wegen Volksverhetzung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen. Die Verbindung hat sich bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert. Halemba hatte bisher alle gegen ihn erhobenen Vorwürfe als falsch zurückgewiesen.
Anwalt vermutet einen Komplott hinter dem Haftbefehl
Der Anwalt des 22-Jährigen vermutet einen Komplott hinter dem Haftbefehl und spricht von „juristischem Humbug“. Im Haftbefehl werde mit „Dreck geschmissen“, es gebe diverse Vorwürfe, „aber das hat alles nichts mit Halemba zu tun“, sagt Rechtsanwalt Dubravko Mandic der dpa. „Hier haben wir es mit Absurditäten zu tun.“
Mandic sagt, dass Halemba auf der Flucht gewesen sei und er mit ihm darüber gesprochen habe, ob er sich der Polizei stellen sollte. „Wir haben hin und her diskutiert und beraten. Er hätte sich auch gestellt heute. Jetzt kam ihm die Polizei zuvor. Im Ergebnis ist das kein Unterschied.“
Mandic geht im Namen seines Mandanten per Haftbeschwerde gegen den Haftbefehl vor. Der 22-Jährige selbst sagt in einem auf der Plattform X (ehemals Twitter) veröffentlichten Video: „Man wollte mich, einen gewählten Landtagsabgeordneten, drei Tage vor der konstituierenden Sitzung mit einem völlig willkürlichen Haftbefehl einsperren. Das ist ein weiterer trauriger Höhepunkt der Jagd der CSU auf die demokratische Opposition.“
Verfassungsschutz in Bayern darf AfD als gesamte Partei beobachten
Der Verfassungsschutz in Bayern darf die AfD im Freistaat als gesamte Partei beobachten und die Öffentlichkeit darüber auch informieren. Abgeordnete genießen grundsätzlich Immunität. Diese greift aber erst mit der konstituierenden Sitzung.
Die fand am Montag im Bayerische Landtag statt. Die Immunität des AfD-Abgeordneten Halemba wurde aufgehoben. Alle Fraktionen außer der AfD stimmten dafür.
Damit ist juristisch zweifelsfrei geklärt, dass die Ermittlungen gegen den 22-Jährigen wegen des Verdachts der Volksverhetzung und des Verwendens von Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen weitergehen können.
Doch in Untersuchungshaft, wie erwartet, muss er dennoch nicht. Das Amtsgericht Würzburg hat am Montagabend nach Angaben der Staatsanwaltschaft den Haftbefehl für Halemba unter Auflagen außer Vollzug gesetzt. Der AfD-Abgeordnete müsse sich nun einmal wöchentlich an seinem Wohnsitz Würzburg bei der Polizei melden, sagte Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach.
Wie auch immer der Fall juristisch weitergeht: Der Skandal überschattete die konstituierende Sitzung des neuen Landtags. Dort sind die Sorgen ohnehin groß, weil die neue AfD-Fraktion nicht nur größer ist, sondern viele ihrer Mitglieder auch als deutlich radikaler gelten. Jedenfalls eilt vielen der Ruf voraus, dass mit ihnen die AfD-Fraktion weiter nach rechts rückt. Der Fall Halemba hat diese Sorgen nun endgültig auf die Spitze getrieben. ■