Skandal wird immer größer

AfD in Sonneberg: Neonazi mit Luftballons gehörte zu NSU-Umfeld!

Recherchen decken auf, dass der AfD-Luftballons verteilende Neonazi aus Sonneberg zum Umfeld des NSU zählte. Die AfD glaubt an eine Verschwörung.

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Thüringens AfD-Vorsitzender Björn Höcke gratuliert mit dem Bundesvorsitzenden Tino Chrupalla dem Landratskandidaten Robert Sesselmann aus Sonneberg. Die AfD vermutet eine Verschwörung hinter der Aufdeckung eines Luftballons verteilenden Neonazis.
Thüringens AfD-Vorsitzender Björn Höcke gratuliert mit dem Bundesvorsitzenden Tino Chrupalla dem Landratskandidaten Robert Sesselmann aus Sonneberg. Die AfD vermutet eine Verschwörung hinter der Aufdeckung eines Luftballons verteilenden Neonazis.Martin Schutt/dpa

Der Skandal um einen Neonazi, der AfD-Luftballons an einem Kindergarten im Landkreis Sonneberg verteilt hat, wird immer größer! Wie eine gemeinsame Recherche des Spiegel und des MDR nun herausfand, hatte der Mann sogar Kontakte zum Unterstützer-Umfeld der NSU-Terrogruppe!

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Der „Nationalsozialistische Untergrund“, kurz NSU, hat in den Jahren von 2000 bis 2011 insgesamt zehn Menschen ermordet, bevor die Neonazi-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt entdeckt wurden und sich in einem Wohnwagen selbst richteten.

Neonazi gründete Kameradschaft in NSU-Umfeld mit

Wie Recherchen von Spiegel und MDR nun aufdecken, sprach der Militärische Abschirmdienst (MAD) der Bundeswehr 2001 mit Daniel W. Der Neonazi gab zu, die Kameradschaft Sonneberg mitgegründet zu haben. Diese Vereinigung gehörte zum Thüringer Heimatschutz, einem Netzwerk, aus dem der Nationalsozialistische Untergrund hervorging.

W. soll zudem mit Tino Brandt bekannt gewesen sein. Brandt war ein zentraler Helfer der NSU-Terroristen und V-Mann des Thüringer Verfassungsschutzes, was zu einem Skandal und zu zahlreichen Untersuchungsausschüssen zu den Morden geführt hat.

Fand Adolf Hitler gut – wegen Mord an Behinderten

Gegenüber dem MAD gab der Mann auch an, dass er ein Skinhead und bereits mehrfach gewalttätig gewesen sei. An Adolf Hitler habe er laut Bericht einiges gut gefunden – unter anderem den Mord an Behinderten.

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Torben Braga, Parlamentarischer Geschäftsführer der AfD-Fraktion im Thüringer Landtag bestätigte, dass der Neonazi Daniel W. sich bei der AfD engagiert habe. „Richtig ist, dass diese Person nach Berichten unserer Mitglieder vor Ort mehrfach den Versuch unternommen hat, als Wahlhelfer - etwa auf Bildern - wahrgenommen zu werden“, hieß es in der auf Twitter veröffentlichen Antwort von Braga an den MDR. W. habe sich in der Nähe von AfD-Funktionären und dem mittlerweile gewählten Sonneberger Landratskandidaten Robert Sesselmann fotografieren lassen. Er sei aber kein „Wahlhelfer“ gewesen, heißt es.

Auf dem KURIER vorliegenden Fotos ist jedoch erkennbar, dass W. über Monate an Wahlkampfständen der AfD geholfen hat. 

AfD vermutet Verschwörung

Stattdessen sieht AfD-Mann Braga eine Verschwörung und warf auch in der Stellungnahme wieder ein, dass sich W. „gezielt das Vertrauen von AfD-Mitgliedern vor Ort erschlichen hat“. Er habe dann mit seinem Auftreten provozieren und der AfD gezielt Schaden zufügen sollen.

Am Dienstag hatte Thüringens AfD-Landessprecher Stefan Möller bereits darauf beharrt, dass es sich bei dem Neonazi um einen „lokal bekannten Anwohner“ handele, „der ein politisches Irrlicht ist und nicht gerade durch überragende Intelligenz auffällt“. AfD-Fraktionsgeschäftsführer Torben Braga betonte zudem, dass Personen mit einem „Geschichts- und Gesellschaftsbild“ wie das von W. in der AfD „weder aufgenommen noch geduldet“ würden.

Wie ein die Wehrmacht verherrlichender Neonazi mit einem Autoaufkleber „Ehrenamtlicher Abschiebehelfer“ und der Sympathien mit Adolf Hitler für den Mord an Behinderten pflegte über Monate an Parteiständen geduldet wurde, ohne dass seine Gesinnung jemand in der AfD aufgefallen oder gar aufgestoßen ist, das erklärt Braga hingegen nicht.