Rekordpreise für Benzin und Diesel

Ukraine-Krise! Abhängig von Russen-Gas: Kehren Totgesagte wie Kohle und Atomkraft wieder?

AKW-Laufzeiten, Kohle, Gasreserven: Es gibt keine Tabus mehr!

Teilen
Im Dezember 2015 kam der erste Flüssiggastanker im polnischen Swinemünde an. Deutschland will jetzt ebenfalls LNG-Terminals errichten, in Brunsbüttel und Wilhelmshaven.
Im Dezember 2015 kam der erste Flüssiggastanker im polnischen Swinemünde an. Deutschland will jetzt ebenfalls LNG-Terminals errichten, in Brunsbüttel und Wilhelmshaven.AP

Die Preise für Benzin und Diesel steigen ungebremst. Das ermittelte der ADAC. Danach kostete ein Liter Super E10 im Monatsdurchschnitt 1,742 Euro und damit 7,2 Cent mehr als im Januar. Diesel lag im Schnitt bei 1,662 Euro - ein Plus von 6,6 Cent. Der letzte Tag im Februar war an den Tankstellen der teuerste Tag aller Zeiten. Für einen Liter Super E10 beispielsweise waren im Schnitt 1,816 Euro fällig. Damit verteuerte sich Benzin binnen eines Monats um 11,1 Cent je Liter.

Die Teuerung an den Zapfsäulen ist nur eine Folge von Putins Krieg gegen die Ukraine, der den Rohölpreis auf 100 Dollar und mehr pro Fass (159 Liter) treibt. Eine andere ist die Diskussion in Deutschland, wie man sich von russischen Energielieferungen, vor allem von Erdgas, unabhängig machen. Eine Diskussion, die Totgesagten neues Leben einhauchen könnte: Kohle und Atomkraft.

Atomkraftwerke länger laufen lassen?

„Eine temporäre Aussetzung des Atomausstiegs sollte geprüft werden“, sagte der schleswig-holsteinische FDP-Energiepolitiker Oliver Kumbartzky. „Das betrifft zum einen die noch laufenden Kernkraftwerke, aber auch die erst vor wenigen Wochen vom Netz gegangenen Meiler wie beispielsweise Brokdorf.“ Es dürfe keine Denkverbote und Tabus geben. Noch laufen drei Atomkraftwerke in Deutschland, sollen nach bisherigen Planungen Ende des Jahres stillgelegt werden.

Bislang waren solche Preise nur von den berüchtigten Autobahn-Tanken bekannt.
Bislang waren solche Preise nur von den berüchtigten Autobahn-Tanken bekannt.imago

„55 Prozent des Erdgases in Deutschland, fast 100 Prozent in Ostdeutschland, kommt aus Russland“, sagte Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) in der Welt. „In dieser Lage nun deutsche Kohlekraftwerke schnell abschalten zu wollen, halte ich für unverantwortlich.“ Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte, angesichts der Abhängigkeit von Russland und trotz der schnell wachsenden Quellen erneuerbarer Energien gerade in seinem Bundesland habe der Wunsch der Ampelkoalition, den Kohleausstieg von 2038 auf 2030 vorzuziehen, keine Chance.

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hält sowohl längere AKW-Laufzeiten als auch eine Verschiebung des Kohleausstiegs für ungeeignet, um Versorgungsengpässe durch einen möglichen Lieferstopp Russland auszugleichen. Er hält sich aber eine Hintertür offen. Sein Ministerium prüfe das, es gebe keine „Denktabus“.

Habeck will Größe der Gasreserve vorschreiben

Es arbeitet daran, wie man eine nationale Gasreserve bilden kann. Problem: Die Gasspeicher gehören Unternehmen, unter anderem dem russischen Gazprom-Konzern. Und die bestimmen, wie weit die Speicher gefüllt werden. Voll waren sie zu Beginn dieses Winters nicht. Habeck will jetzt die Firmen verpflichten, die Speicher zu befüllen: Zum 1. August eines Jahres sollen sie Speicher zu 65 Prozent, zum 1. Oktober zu 80 Prozent, zum 1. Dezember zu 90 Prozent und zum 1. Februar zu 40 Prozent  ausgelastet sein, meldet RND und  beruft sich auf ein Eckpunktepapier des Ministeriums.

Vorangetrieben werden soll auch der Bau von Hafen-Terminals, an denen Tanker Flüssiggas (LNG) beispielsweise aus den USA anliefern können. Das kann aber noch Jahre bis zur Fertigstellung dauern. Polen war da schneller: Zwischen 2010 und Ende 2015 wurde ein solches Terminal in Swinemünde fertiggestellt.