30 Jahre rassistischer Terror von Lichtenhagen: Tausende demonstrieren friedlich in Rostock
Mehrere Gruppen hatten sich dem Gedenken an die Opfer angeschlossen. Es wurde Kritik an Politik und Polizei geübt.

Im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen haben mehrere Tausend Menschen friedlich an die rassistisch motivierten Ausschreitungen vor 30 Jahren erinnert. Die Polizei Rostock zog nach Ende der Demonstration am Samstagabend ein positives Fazit des Einsatzes. Rund 3.600 Menschen hätten sich gegen 14 Uhr in Lichtenhagen versammelt. Während der Demo sei es zu keinen „nennenswerten Zwischenfällen“ gekommen, wie die Polizei am Samstagabend mitteilte. 280 Beamte seien am Polizeieinsatz beteiligt gewesen. Zu der Kundgebung hatte das Bündnis „Gedenken an das Pogrom. Lichtenhagen 1992“ aufgerufen. Die Veranstalter sprachen von rund 5.000 Teilnehmern.
Mehrere Organisationen gedenken den Opfern von Rostock-Lichtenhagen
Zahlreiche Rostocker Vereine beteiligten sich, ebenso verschiedenste Organisationen von „Jugendliche ohne Grenzen“ bis hin zu „Omas gegen Rechts“. Auch ein „Schwarzer Block“ formierte sich, innerhalb des Blocks kam es während der Demonstration zur Zündung eines Nebeltopfes. Die Demonstrationsroute verlief durch die Rostocker Stadtteile Lichtenhagen und Lütten Klein.
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Die Abschlusskundgebung fand am „Sonnenblumenhaus“ statt, dem elfstöckigen Plattenbau-Gebäude mit der mit Sonnenblumenmalereien verzierten Fassade, in dem sich damals die Aufnahmestelle für Asylsuchende befunden hatte und an dem die Ausschreitungen vor 30 Jahren begonnen hatten.
Dort sagte Cornelia Kerth, Bundesvorsitzende der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes - Bund der Antifaschisten“, damals seien die Opfer alleingelassen worden. Dass keine massive Kampagne gegen Rechts ablaufen sei, dass das Asylrecht verschärft worden sei, habe die rechten Kräfte gestärkt. „Es ist nicht vorbei“, so Kerth. Rassismus gehöre in Deutschland zum Alltag.
Migrantenrat klagt Politik und Polizei an
Seyhmus Atay-Lichtermann, Vorsitzender des Migrantenrats Rostock, sagte, Politik, Polizei und weitere Verantwortliche hätten damals versagt. Die Erinnerung an das Pogrom müsse wachgehalten werden, um erneute Anschläge zu verhindern. Menschen müssten sich entschieden gegen Rassismus, Antiziganismus, Islamophobie stellen.

1992 gab es schwere rechtsextreme Ausschreitungen in Rostock
Vom 22. bis zum 26. August 1992 gab es im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen schwere rassistisch motivierte Ausschreitungen. Hunderte Jugendliche und Erwachsene belagerten die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber im „Sonnenblumenhaus“ und ein benachbartes Wohnheim. 150 Menschen gerieten in Lebensgefahr, nachdem das Wohnhaus der ehemaligen vietnamesischen DDR-Vertragsarbeiter in Brand gesetzt worden war. Die Polizei hatte den wütenden Mob gewähren lassen.
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Die Demonstration am Samstagnachmittag bildete den Höhepunkt eines Gedenkjahres, das mehr als 30 Bündnispartner aus Rostock und Umgebung anlässlich des 30. Jahrestages des Pogroms bereits seit Ende Februar gestalten.