30 Jahre Brandnächte von Rostock-Lichtenhagen: Bis heute ist die Gefahr von rechts nicht gebannt!
In dem Rostocker Stadtteil belagerten und attackierten Anwohner im August 1992 eine Aufnahmestelle für Asylbewerber

Erst tönten Parolen und Sprechchöre, dann flogen Steine und schließlich Brandbomben: Vor 30 Jahren, vom 22. bis zum 26. August 1992, erschütterten die schwersten rassistisch und fremdenfeindlich motivierten Ausschreitungen nach der Wende. Im Verlauf der vier Tage gerieten im Rostocker Stadtteil Lichtenhagen 150 Menschen in akute Lebensgefahr, nachdem ein Wohnhaus vietnamesischer DDR-Vertragsarbeiter in Brand gesetzt worden war. Mehr als 200 Polizisten wurden verletzt, einer davon schwer.
Mob versammelte sich vor Heim für Asylsuchende
Die Gewalt richtete sich gegen die damalige zentrale Aufnahmestelle für Asylsuchende, gegen Wohnungen der Vietnamesen und gegen die Polizei. Zu den Tätern gehörten auch Rechtsextremisten aus ganz Deutschland. Die Krawalle einiger Hundert Gewalttäter wurden durch 2000 bis 3000 Sympathisanten und Schaulustige vor Ort unterstützt.

Drei Tage lange Krawalle
Die Aufnahmestelle in Rostock-Lichtenhagen war im „Sonnenblumenhaus“ untergebracht, einem elfstöckigen Plattenbau aus DDR-Zeiten. Nachdem es der Polizei drei Tage lang nicht gelungen war, die Krawalle zu beenden, wurden die Asylsuchenden am Nachmittag des 24. August in Bussen evakuiert. Am Abend desselben Tages wurde die Polizei für zwei Stunden abgezogen. Mit Molotowcocktails setzten Gewalttäter das angrenzende Wohnheim der Vietnamesen in Brand.

Die in diesem Haus verbliebenen Menschen – darunter 120 vietnamesische Vertragsarbeiter, ein fünfköpfiges Fernsehteam des ZDF sowie einige Rostocker – drohten an Rauchvergiftung oder durch das in den unteren Stockwerken entstandene Feuer zu sterben. Die Flucht über das Dach in einen anderen Hausaufgang rettete ihnen schließlich das Leben.
Die Ausschreitungen im August 1992 hatten eine längere Vorgeschichte. Über Monate hatten sich die Spannungen vor Ort verschärft. Der damalige Rostocker Ausländerbeauftragte Wolfgang Richter hatte bereits im Sommer 1991 für Oberbürgermeister Klaus Kilimann (SPD) ein Schreiben an den Schweriner Innenminister Lothar Kupfer (CDU) verfasst. Darin stand unter anderem, dass er in diesem Stadtteil für nichts garantieren könne und auch Tötungsdelikte nicht auszuschließen seien, sollte sich an der Situation vor Ort nicht kurzfristig etwas ändern.
Rechtsextreme schüren auch heute weiter Hass
In Lichtenhagen war damals ein großer Teil der Bewohner arbeitslos und durch die sozialen Folgen der deutschen Vereinigung verunsichert. Seit Monaten campierten Geflüchtete, die angeblich wegen Überlastung von der Erstaufnahmestelle noch nicht aufgenommen worden waren, auf den Freiflächen zwischen den Hochhäusern.
30 Jahre nach den rassistischen Ausschreitungen in Rostock-Lichtenhagen ist aus Sicht der Grünen die Gefahr von rechts nicht gebannt. „Denn auch heute schüren rechtsextreme Kräfte ein Klima der Verrohung und Abwertung von Menschen“, erklärten die Bundestagsfraktionsvorsitzenden Katharina Dröge und Britta Haßelmann am Sonntag. Rechtsmotivierte Gewalttaten nähmen eklatant zu.