Greta Thunberg reist zum Klimagipfel in New York City, klimafreundlich per Segelboot.
Greta Thunberg reist zum Klimagipfel in New York City, klimafreundlich per Segelboot. Foto: Kena Betancur

Nach diesem Film wollen Sie direkt zur nächsten Klima-Demo und lautstark mitmarschieren. Versprochen! Der Dokumentarfilm „I am Greta“ begleitet die junge Schwedin Greta Thunberg bild- und tongewaltig zum Klimagipfel in New York und verbindet dabei bewegende Bilder einer Aktivistin mit privaten Momenten eines 15-jährigen Teenagers. Greta, das ist die mittlerweile weltbekannte Umweltaktivistin, die es mit einem freitäglichen Schulstreik zur Ikone der heutigen „Fridays for Future“-Bewegungen geschafft hat.

Nun wird der inzwischen 17-Jährigen also eine abendfüllende Doku gewidmet. Der schwedische Regisseur Nathan Grossman traf Greta bereits lange bevor die ganze Welt oder auch nur ihre Heimat Schweden von ihr erfuhr. „Ein Freund von mir ist mit der Familie Thunberg befreundet. Als er mal etwas von ihr in der Zeitung las, rief er bei ihnen an und erkundigte sich nach Greta. Er hörte, dass sie eine kleine Aktion vorhat und am Schwedischen Parlamentsgebäude vor der schwedischen Wahl, die im August 2018 stattfand, zur Klimarettung aufrufen will“, erzählt der Filmemacher im Gespräch mit dem KURIER.

Ausgerüstet mit Mütze und Handschuhen, ihrem Pappschild „Skolstrejk för klimatet“ (Schulstreik fürs Klima) und selbstgeschriebenen Flugblättern, setzte sie sich im Herbst 2018 vor das Parlamentsgebäude in Stockholm. Anfangs noch allein, beteiligten sich bald mehr und mehr Jugendliche. Im Hintergrund immer dabei: die Kamera von Grossman. Der wechselt aber schnell den Blickwinkel, setzt sich zu Greta auf den Boden, filmt von da. Diese früh subjektive und sehr nahe Perspektive prägt den Film.

15 Tage dauerte die Reise der Klimaaktivistn Greta Thunberg über den Atlantik.
15 Tage dauerte die Reise der Klimaaktivistn Greta Thunberg über den Atlantik. Foto: AFP/Johannes Eisele

„Plötzlich begann sich die Bewegung auch in anderen Teilen Schwedens auszubreiten, dann auch in Finnland und Dänemark. Wir haben einen Monat lang gefilmt. Ich beschloss, in Vollzeit dafür zu arbeiten, um zu sehen, ob das ein Film über die Klimaschutz-Bewegung und über Greta werden könnte. Ich war einfach sehr interessiert an ihrer persönlichen Geschichte“, wird Grossman, der für den Film Regisseur, Kameramann und Tontechniker in Personalunion war, im Pressematerial des Films zitiert.

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Gemeinsam mit ihrem Vater Svante startet Greta nach dem Abschluss der 9. Klasse - ihre Grundschulzeit ist nun vorbei und sie steht vor dem Wechsel aufs Gymnasium - ihre Klimareise. Dafür setzt sie das nächste Schuljahr aus. Sie fährt zum Klimagipfel nach Polen, quer durch Europa zu verschiedenen Protesten, spricht in London und Brüssel zu den Parlamenten. Trifft Politiker und Gleichgesinnte. Und immer dabei: Grossman und seine Kamera.

Die Bilder der Reise zeigen ein anderes Bild von Greta Thunberg

Eigentlich ist es diese Reise über den Kontinent, der die außergewöhnlichen Bilder des Films liefert. Die privaten Momente zwischen Svante und Greta – meist lachend, manchmal diskutierend – zeichnen ein ganz neues Bild der Aktivistin. Bei öffentlichen Auftritten, wohl auch dem Thema geschuldet, zeigt sie sich meist ernst, jetzt können wir auch Zeuginnen einer extrem liebevollen Vater-Tochter-Beziehung werden. Die, das merkt man in jeder gemeinsamen Szene, von unglaublich viel Vertrauen und Verständnis geprägt ist.

Zeit zum Rumalbern gibt es, trotz Klimakrise, immer wieder. Hier nutzen Svante und Greta die windige Fährfahrt aufs europäische Festland für ein paar Schnappschüsse.Foto: B-­Reel Films AB

Svante macht die Abenteuer seiner Tochter mit, nimmt ihre Sorgen ernst. Tauscht Benzin- gegen Elektroauto, Flug- gegen Zugreisen, fleischhaltige gegen vegane Ernährung. Gibt ihr Anregungen, sagt ihr aber nie, wo’s langgehen soll. Am Ende entscheidet immer Greta, am Ende ist es ihre Rede, ihr Weg, ihre Mission. Stets merkt man aber auch: Ohne die Unterstützung ihrer Familie hätte Greta die Kraft nicht gehabt.

In einem zurückgezogenen Moment bürstet Greta ihren Hund Roxy im Kinderzimmer. Sie liegt an ihn gekuschelt auf dem Boden, streicht ganz langsam durch das schwarze Fell, immer wieder, die Sonne scheint von hinten durchs Fenster. Die Hundehaare fliegen durch die Luft. Minutenlang. Die Metallborsten fahren immer wieder hörbar durch das dichte Fell und Greta rührt sich kaum, ist ganz bei sich.

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Die beschwerliche Reise zehrt immer wieder an Gretas Kräften. Rücksichtsvoll filmt Nathan Grossman, wie die junge Schwedin mit Anfeindungen in den sozialen Netzwerken umgeht. Wie sie immer wieder mit starkem Heimweh zu kämpfen hat, ihre Haustiere vermisst, weint. Wie sie am Ende aber doch immer wieder den Mut aufbringt, den Mächtigen der Welt die Meinung zu sagen.

Es ist natürlich ein Werbefilm für Greta Thunberg und ihre Mission, eine Hommage. Die Diskussion um ihre Person, ihre Botschaft und ihre Inszenierung in der Öffentlichkeit kommen darin nicht vor. Zu sehen ist: die unerschrockene Protagonistin eines überaus notwendigen Kampfes der jungen Generation: „Wir Kinder machen das, damit ihr eure Streitigkeiten in dieser Krise endlich beiseitelegen könnt“, sagt Greta im Film. „Wir Kinder machen das, weil wir unsere Träume und Hoffnungen zurückhaben wollen.“