Das Vivantes-Klinikum in Tempelhof. Der Konzern hat derzeit nur eine Bettenauslastung von 47 Prozent.
Das Vivantes-Klinikum in Tempelhof. Der Konzern hat derzeit nur eine Bettenauslastung von 47 Prozent. Foto: imago

Stationen wurden umfunktioniert, Pflegekräfte umgeschult, Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) gibt noch mal 11,2 Millionen Euro für Intensivbetten aus. Berlins Krankenhäuser sind noch voll im Corona-Modus – und deswegen überhaupt nicht ausgelastet. Die Krankenhausgesellschaft plant, die Kliniken wieder auf Normalbetrieb umzustellen.

Die Stadt ist nach wie vor für den Ernstfall vorbereitet. Doch von den derzeit 633 Intensivbetten, die für Coronapatienten geschaffen wurden, waren Freitag nur 127 belegt. Nach KURIER-Recherchen haben etwa die Vivantes-Kliniken eine Bettenauslastung von nur 47 Prozent. 

"Die Auslastung der Vivantes Kliniken ist derzeit geringer als sonst und schwankt tagesaktuell. Die Behandlung von Notfällen ist bei Vivantes gesichert", so eine Sprecherin. Auch am Helios-Klinikum in Zehlendorf sei die Auslastung  auf den Normalstation insgesamt recht gering.

Zweifel, ob die große Corona-Klinik auf dem Messegelände (Kosten 92 Millionen Euro) noch gebraucht wird, kommen auf. Krankenhäuser werden nach Fall bezahlt. Weil normale OPs wegfallen, wird ein Millionen-Verlust befürchtet.

Manche Operationen sind nicht mehr aufschiebbar

Dilek Kalayci betont aber, man sei in der Krise „mitnichten über den Berg“. Trotzdem fordert die Berliner Krankenhausgesellschaft, die Kliniken auf Normalbetrieb umzustellen. „Wir haben planbare Operationen abgesagt, die können wir nicht mehr aufschieben. Dazu zählt die Behandlung von Krebspatienten. Wir müssen viel abarbeiten“, so Sprecherin Barbara Ogrinz.

Gespräche laufen. Ab Mai ist eine   langsame Umstellung mit Blick auf die aktuellen Zahlen   geplant. Denn Ärzte anderer Stationen und auch die Hausärzte, die sich nicht um Corona kümmern, haben momentan zu wenig Patienten.   „Die Leute müssen keine Bedenken haben, sich anzustecken “, sagt Barbara Ogrinz. Gleiches beobachten die Kliniken in den Rettungsstellen: „Herzinfarkt-Patienten kommen erst in einem sehr späten Stadium zu uns. In der Notaufnahme landen keine Bagatell-Fälle mehr“, sagt Angela Kijewski, Sprecherin am Unfallkrankenhaus Berlin.

Prof. Dr. Volker Stephan, Chef am Sana-Klinikum in Lichtenberg mahnt: "Bitte nehmen Sie Ihre Krankheitssymptome weiterhin ernst und begeben sich in ärztliche Versorgung!
Prof. Dr. Volker Stephan, Chef am Sana-Klinikum in Lichtenberg mahnt: "Bitte nehmen Sie Ihre Krankheitssymptome weiterhin ernst und begeben sich in ärztliche Versorgung!

Weniger Zulauf spürt man derzeit auch am Lichtenberger Sana-Klinikum. Schon die Zahlen für den März besagten rund 20 Prozent weniger Patienten in den meisten Disziplinen. „Das betrifft beispielsweise den Bereich Unfallchirurgie, was sicher daran liegt, dass momentan weniger Menschen draußen unterwegs sind“, erklärt Prof. Dr. Volker Stephan, der Ärztliche Direktor der Klinik. Er erwartet einen Anstieg auf bis zu 30 , wenn nicht sogar 40 Prozent.

Doch was nach einer Entlastung der Kliniken klingt, birgt auch Gefahren. „Es ist davon auszugehen, dass viele Patienten mit leichten Schlaganfällen oder auch Herzinfarkten aus Angst vor einer Infizierung mit dem Coronavirus lieber bewusst zu Hause bleiben, statt sich medizinisch versorgen zu lassen.“

Klinikchef: Keine Angst vor Notaufnahmen in der Corona-Zeit

Der Mediziner wendet sich mit einem Appell an alle Berliner. „Trotz der Corona-Pandemie darf nicht außer Acht gelassen werden, dass es selbstverständlich auch weiterhin die klassischen Notfallpatienten mit ernsten gesundheitlichen Problemen gibt, für die die Krankenhäuser auch weiterhin Kapazitäten bereithalten“, sagt er. „Bitte nehmen Sie Ihre Krankheitssymptome weiterhin ernst und begeben sich in ärztliche Versorgung!“

Gerade nach Infarkten oder Schlaganfällen drohen dramatische Folgen, etwa Lähmungen, Herzrhythmusstörungen oder gar der Tod. „Wir Ärzte sagen ganz klar: Wenn Sie Symptome an sich oder anderen bemerken, bleiben sie bitte nicht zu Hause, sondern begeben Sie sich in medizinische Obhut!“