Matthias (31) kauert auf dem kalten Steinboden an der S-Bahn Frankfurter Allee: Er hat kaum noch etwas zu essen, seitdem die Tafeln geschlossen sind.
Matthias (31) kauert auf dem kalten Steinboden an der S-Bahn Frankfurter Allee: Er hat kaum noch etwas zu essen, seitdem die Tafeln geschlossen sind. Foto: Otto

Es gibt Menschen, denen geht es in der Krise besonders schlecht. Zum Beispiel den Obdachlosen. Immer mehr soziale Einrichtungen haben ihre Tafeln geschlossen, private Helfer ziehen sich zurück, für die, die auf der Straße leben, wird es zunehmend dramatisch. Wir haben einen Helfer und einen Obdachlosen getroffen. Beide appellieren im Berliner KURIER an die Gesellschaft: „Bitte, lasst uns nicht im Stich!“

Matthias (31) kauert auf dem kalten Steinboden an der S- Bahn Frankfurter Allee. Er lebt schon seit zehn Jahren auf der Straße. Zu seiner Familie hat er keinen Kontakt mehr, wie er sagt. Matthias ist auf die Hilfe der Gesellschaft momentan mehr denn je angewiesen. „Ich habe vor der Corona-Krise Flaschen gesammelt. Da immer weniger Menschen auf der Straße sind,finde ich kein Leergut mehr“, sagt er. Auch die Spenden hätten sich halbiert. Früher habe er fast 20 Euro am Tag in seiner Blechbüchse gehabt, nun bekomme er höchstens noch ein paar wenige Cent.
Matthias hat keine Rücklagen gebildet. Er kann sich nicht wie viele andere Berliner, Vorräte kaufen und zu Hause horten.

Lesen Sie alle aktuellen Entwicklungen zum Coronavirus in unserem Newsblog >>

Das Problem: Viele Tafeln, wo sich Matthias sonst mit Lebensmitteln versorgen konnte, haben dicht gemacht. „Auch Anwohner, die den Obdachlosen sonst etwas zu essen vorbei gebracht haben, bleiben nun in ihren Wohnungen“, sagt Berlins Ex-Obdachloser André Hoek, über den der KURIER mehrfach berichtete und der sich aufgrund seiner eigenen Geschichte für Menschen ohne Wohnung einsetzt. 

Berlins Armutsbeauftragter Thomas de Vachroi vom Diakoniewerk Simeon sieht die momentane Situation mit großer Sorge. Er sagt: „Diese Menschen brauchen unsere Hilfe, weil sie nicht mehr haben, als das nackte Leben. Wir müssen in diesen Zeiten zusammenstehen.“ Die Tee- und Wärmestube des Diakoniewerks erlebe nach seinen Aussagen massive Einschränkungen durch die Corona-Krise. Um den Obdachlosen trotzdem zu helfen, bereite das Haus Britz der Diakonie nun Lunchpakete für Menschen auf der Straße vor, die montags, mittwochs und sonntags von 16 bis 18 Uhr abgeholt werden können (Weisestraße 34, Neukölln).

Um das Rettungsangebot aufrecht halten zu können, bittet Thomas de Vachroi um Nahrungsmittelspenden. „Es wäre schön, wenn Menschen in privaten Haushalten obdachlosen Menschen auch regelmäßig ein paar Stullen schmieren könnten. Damit wäre schon viel getan“, sagt auch André Hoek. Er wünsche sich „wenigstens ein kleines bisschen Menschlichkeit in dieser schweren Zeit.“ Kontakt: t.devachroi@diakoniewerk-simeon.de