Trotz höherer Infektionszahlen : Berliner Senat setzt auf Lockerungen
Der Senat hat sich noch einmal einiges vorgenommen. Die Corona-Verordnung wird komplett überarbeitet. Kontaktbeschränkungen sollen wegfallen. Dafür droht ein neues Bußgeld.

In Berlin sind weitere Lockerungen bei den Corona-Maßnahmen zu erwarten. Trotz zuletzt deutlich gestiegener Werte bei den Neuinfektionen will der Senat am Dienstag entsprechende Beschlüsse fassen. Unter anderem ist geplant, die Kontaktbeschränkungen abzuschaffen. Bisher gilt, dass sich in der Hauptstadt maximal fünf Personen aus mehreren oder nur Mitglieder zweier Haushalte in der Öffentlichkeit treffen dürfen. Künftig soll es dabei voraussichtlich keine Beschränkungen mehr geben.
Innensenator Andreas Geisel (SPD) wies am Montag allerdings auf «stark ansteigende» Werte bei den Neuinfektionen mit dem Coronavirus hin. Bei der Senatssitzung solle das in die geplanten Beschlüsse einbezogen werden. «Es ist klar, dass die Pandemie weitergeht, dass die Situation noch nicht bewältigt ist», warnte Geisel. In der vergangenen Woche kamen von Mittwoch bis Sonntag 358 neue Infektionsfälle dazu, an zwei Tagen gab es jeweils deutlich mehr als 100 gemeldete Neuinfektionen.
Sorgen machen etlichen Senatsmitgliedern deshalb Berichte über die abnehmende Bereitschaft von Fahrgästen, im ÖPNV Mund-Nasenschutz zu tragen. Entsprechend geht es hier eher um eine Verschärfung der geltenden Regeln: Schon seit Ende April gilt die Maskenpflicht in Bus und Bahnen, allerdings wird sie nicht kontrolliert. Und wer sich nicht daran hält, riskiert auch kein Bußgeld. Das könnte sich bald ändern. Allerdings ist das Thema innerhalb von Rot-Rot-Grün umstritten.
Die Pflicht, im ÖPNV einen Mund-Nasenschutz zu tragen, finden im Senat im Prinzip alle richtig. Aber gerade angesichts der steigenden Neuinfektionszahlen nimmt auch die Sorge zu, ob Appelle an die Passagiere reichen, oder ob viele mit der Maskenpflicht möglicherweise längst viel zu lässig umgehen. SPD und Grüne sind deshalb eher für ein Bußgeld zur Durchsetzung einer Maskenpflicht. Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) hätte dieses am liebsten schon vor Wochen gehabt.
Die Linke ist dagegen skeptisch, ob Bußgelder das richtige Mittel sind, das Ziel zu erreichen. Aus der Partei waren vor allem Zweifel zu hören, ob sich die dann notwendigen Kontrollen tatsächlich realisieren lassen. Vieles spricht dennoch dafür, dass sich die Senatsmitglieder auch auf das Bußgeld einigen.
Ebenfalls mit einem Beschluss ist bei Lockerungen für den Einzelhandel zu rechnen: Der bisher gültige Richtwert von maximal einer Person pro 20 Quadratmeter Verkaufsfläche dürfte deutlich abgesenkt werden - im Gespräch ist die halbe Quadratmeterzahl. Damit könnten künftig wieder deutlich mehr Menschen zum Einkaufen in die Geschäfte.
Und auch beim Thema Veranstaltungen sind eine Reihe von Veränderungen geplant. In Innenräumen sind bislang höchstens 150 Personen erlaubt und ab dem 30. Juni 300. Diese Grenzen sollen fallen - es sollen deutlich mehr werden.
Außerdem bekommt die neue Verordnung eine komplett andere Systematik: Sie soll nicht mehr auflisten, was alles unter welchen Bedingungen erlaubt ist, sondern eine Übersicht bieten, was Berlinerinnen und Berliner auch künftig nicht dürfen. Ziel dabei ist es, den den Überblick über die Verordnung zu erleichtern.
Die Senatsmitglieder müssen sich am Dienstag ranhalten: Die Sitzung endet laut Plan um 12.00 Uhr. Danach schließt sich bereits die nächste zusammen mit dem Rat der Bürgermeister an. Wenn die nicht warten sollen, müssen alle Änderungen innerhalb von zwei Stunden beraten und beschlossen sein. (dpa)