Zweijähriger verliert beide Eltern bei Attentat in Highland Park
Der kleine Aiden wird nun von seinen Großeltern betreut. Eine Spendenaktion sammelte schon fast 2 Millionen Dollar.

Nach dem Attentat vom 4. Uli im Highland Park wird nun eine herzzerreißende Tatsache bekannt. Ein Zweijähriger ist bei der Schießerei Vollwaise geworden. Seine Mutter und sein Vater starben im Kugelhagel. Nun formiert sich eine überwältigende Hilfsaktion.
Kind rief immer wieder nach Mutter und Vater
Er rief immer wieder nach „Mommy“ und „Daddy“: So berichten es Helfer, die sich während des Angriffs auf eine Parade in den USA um einen kleinen Jungen kümmerten, der offenbar auf sich gestellt war. Nun steht fest: Der zweijährige Aiden verlor bei der Bluttat von Highland Park beide Eltern. Zuerst hatte eine ebenfalls von dem Attentat geschockte Frau sich um den kleinen Aiden gekümmert, dann nahm sich eine Familie seiner an. In dem Chaos kümmerten sie sich um den Jungen, schauten in der nahe gelegenen Wohnung Mickey-Maus Filme. Erst stunden später war klar, dass die Eltern des Jungen bei dem Attentat getötet wurden. Das Paar habe über soziale Medien nach den Angehörigen des Kindes gesucht. Später sei Aiden dann von der Polizei an seine Großeltern übergeben worden.
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Beide Eltern wurden während des Attentats getötet
Der 37 Jahre alte Vater und die zwei Jahre jüngere Mutter des Kindes seien unter den sieben Todesopfern der Tat vom Montag in der Nähe von Chicago, berichtete der Sender CBS. Auch auf der von Gerichtsmedizinerin Jennifer Banek mit stockender Stimme verlesenen Liste der Todesopfer standen die Namen der Eltern. Sie kamen demnach aus Highland Park.
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Im Internet wurde zu Spenden für Aiden aufgerufen. Auf einer Spendenseite bei Gofundme kamen bis Mittwoch über 1.800.000 Dollar zusammen – mehr als dreimal so viel wie die Zielsumme von 500.000 Dollar. „Im Alter von zwei Jahren wurde Aiden in die unvorstellbare Situation gebracht, ohne seine Eltern aufzuwachsen“, hieß es in dem Aufruf. Nun habe der Junge einen langen und schweren Weg vor sich, „um Stabilität zu finden und schließlich das Leben als Waise zu meistern“.
Todesschütze angeklagt
Der Todesschütze ist unterdessen wegen Mordes in sieben Fällen angeklagt worden. „Dies sind nur die ersten von vielen Anklagen“, sagte der Staatsanwalt des Bezirks Lake County, Eric Rinehart, am Dienstagabend (Ortszeit) in der Kleinstadt Highland Park. Er erwarte, dass der 21 Jahre alte Tatverdächtige noch in Dutzenden weiteren Punkten zur Rechenschaft gezogen werde. Im Falle einer Verurteilung würden aber bereits die Anklagen wegen Mordes ersten Grades zu einer lebenslangen Haftstrafe ohne Chance auf vorzeitige Entlassung aus dem Gefängnis führen.
Rinehart kündigte an, die Staatsanwaltschaft werde an diesem Mittwoch bei Gericht beantragen, dass der Verdächtige in Untersuchungshaft genommen wird - ohne die Möglichkeit, gegen Kaution bis zu einem Urteil auf freien Fuß zu kommen. Der Ankläger betonte, für die Sicherheit der Menschen müsse mehr getan werden. Er forderte ein landesweites Verbot von Sturmgewehren, wie sie bei zahlreichen Massakern in den USA benutzt wurden - so auch im Falle der jüngsten Tat in Highland Park. US-Präsident Joe Biden war kürzlich mit der gleichen Forderung am Widerstand im Kongress gescheitert.
In Highland Park hatte ein Schütze am Montag, dem Unabhängigkeitstag der USA, das Feuer eröffnet. Nach Polizeiangaben feuerte er mit einem „leistungsstarken Gewehr“ vom Dach eines Geschäftsgebäudes aus wahllos auf die feiernde Menschenmenge und gab etwa 70 Schüsse ab.
Neun der Verletzten - im Alter zwischen 14 und 70 Jahren - befanden sich am Dienstagabend noch im Krankenhaus, wie es in Medienberichten hieß.
Der mutmaßliche Todesschütze konnte nach Angaben der Polizei anhand der Waffe identifiziert werden. Ein Polizeisprecher nannte zwar keine Details dazu, der Sender NBC News berichtete aber, es seien DNA-Spuren an dem Gewehr gefunden worden, das der Verdächtige am Tatort zurückgelassen habe. Den Ermittlern zufolge trug der Mann bei seiner Tat Frauenkleidung, um sich zu tarnen und möglicherweise auch leichter fliehen zu können.
Dem Verbrechen gingen nach Angaben der Behörden wochenlange Planungen voraus. Der mutmaßliche Täter habe seine Waffe legal in Illinois erworben, obwohl er der Polizei bereits bekannt gewesen sei, sagte ein Polizeisprecher. Insgesamt habe der Verdächtige zwischen 2020 und 2021 fünf Feuerwaffen gekauft, die nun allesamt sichergestellt worden seien. Da er damals jünger als 21 gewesen sei, habe sein Vater für ihn gebürgt, um eine der Voraussetzungen für den Erwerb von Schusswaffen zu erfüllen.
Im September 2019 habe die Polizei nach Drohungen des Jugendlichen 16 Messer, einen Dolch und ein Schwert sichergestellt. Er habe damals laut einem Verwandten damit gedroht, „alle zu töten“. „Zu diesem Zeitpunkt gab es keinen hinreichenden Grund für eine Verhaftung oder einen Haftbefehl“, betonte der Sprecher. Hinweise darauf, dass sich der Anschlag gegen eine bestimmte - etwa ethnische oder religiöse - Gruppe richtete, gibt es den Angaben zufolge derzeit nicht.
In einer Erklärung über ihren Anwalt äußerten die Eltern des Verdächtigen ihr Bedauern: „Wir sind alle Mütter und Väter, Schwestern und Brüder, und dies ist eine schreckliche Tragödie für viele Familien, die Opfer, die Besucher der Parade, die Gemeinde und für uns selbst. Unsere Herzen, Gedanken und Gebete gehen an alle.“
US-Vizepräsidentin Kamala Harris besuchte am Dienstagabend (Ortszeit) Highland Park. „Ich überbringe Ihnen das Beileid von Präsident Joe Biden und von unserem Land“, sagte Harris. „Es tut mir so leid, was Sie alle erlebt haben, der Schmerz, das Leid. Das hätte niemals passieren dürfen.“ Kurz zuvor hatte sie in Chicago gesagt: „Wir müssen diesen Horror beenden. Wir müssen diese Gewalt stoppen.“
Die USA haben seit langem mit einem schier gigantischen Ausmaß an Waffengewalt zu kämpfen. Erst Ende Mai richtete ein 18 Jahre alter Schütze an einer Grundschule in Texas ein Massaker an: Er tötete in der Kleinstadt Uvalde 19 Kinder und 2 Lehrerinnen, bevor er von der Polizei erschossen wurde. Gut eine Woche zuvor hatte ein 18-Jähriger in Buffalo im Bundesstaat New York wohl aus rassistischen Motiven zehn Menschen erschossen.
Die Amokläufe entfachten die Diskussion über schärfere Waffengesetze neu. In den USA sind Schusswaffen oft leicht erhältlich. Nach Angaben der Gesundheitsbehörde CDC wurden 2020 landesweit fast 20 000 Menschen erschossen - mehr als 50 pro Tag. Die Nichtregierungsorganisation Gun Violence Archive registrierte seit Anfang des laufenden Jahres schon 313 Angriffe mit Schusswaffen, bei denen es mindestens vier Opfer gab.