Eine Frage, die der „Sendung mit der Maus“ würdig wäre
Wissen Sie eigentlich, wo die Straßenschilder herkommen?
Ein Straßenschild mit dem eigenen Nachnamen? Das kann man sich doch nachts mal besorgen. Oder das Ortsschild von Wacken? Auch sehr beliebt. Eine niedersächsische Firma sorgt für Ersatz – und hat eine originelle Erklärung für die Diebstähle.

Wacken ist angesagt. Nein, nicht das Heavy-Metal-Festival – obwohl, das auch. Sondern das Ortsschild. Das gilt auch für Kalifornien und Brasilien, beide nicht jenseits des Atlantiks, sondern an der Ostsee gelegen. Was die Ortsschilder leichter erreichbar macht. Ebenso in Hodenhagen, Fickmühlen, Bierbergen – oder auch in Freiheit, einem Stadtteil von Osterode im Harz. All diese Orte eint: Ihre Ortsschilder werden mit Begeisterung gestohlen. Dann müssen neue her, wie auch Verkehrsschilder regelmäßig ausgetauscht werden. Jetzt stellt sich eine Frage, die der „Sendung mit der Maus“ würdig wäre: Wo kommen all die Schilder her?
Lesen Sie auch: Pfefferkuchenstadt Pulsnitz und Töpferstadt Bürgel: Das steckt hinter den braunen Schildern an der Autobahn
16 Hersteller von Verkehrszeichen gibt es in Deutschland, einer der Großen darunter ist die Fritz Lange GmbH in Springe in der Region Hannover. 120.000 Standardverkehrszeichen stellt das Unternehmen jedes Jahr her, wie Sprecherin Melanie Ilgay sagt, außerdem riesige Brückenbeschilderungen, wie sie über Autobahnen hängen – zwischen 40 und 80 Quadratmeter groß – das entspricht der Fläche vieler Wohnungen. Dazu kommen besagte Ortsschilder, 3000 Stück im Jahr. Und ganz nebenbei: Auch Straßenschilder werden gern gestohlen.
Meistgelesen
Blick in die Sterne
Laut Horoskop: Diese Sternzeichen sind im Oktober vom Pech verfolgt
Das geht aber schnell
Schnellstart bei „Hochzeit auf den ersten Blick“: Hier geht es schon ums Baby
Rezept des Tages
Cremige Kürbissuppe: Dieses Herbst-Rezept ist ein Muss
Blick in die Sterne
Laut Horoskop: Diese Sternzeichen schweben im Oktober auf Wolke sieben
Klarer Fall von denkste!
Fluch des Transfermarkts: Hertha BSC leidet weiter!
Wegen Umzug ins Olympiastadion
Hertha-Ultras sticheln gegen den 1. FC Union!

Diebe kommen mit dem Akkubohrer
Davon kann Karl Gerhard Tamke, Bürgermeister der niedersächsischen Gemeinde Hodenhagen, ein Lied singen. Erst im vergangenen Februar sei ein neues Ortsschild aufgestellt worden – im März war es schon wieder weg. Ersetzt sei es noch nicht, denn die Frage sei: „Wie kriegen wir die Dinger befestigt? Da muss nur jemand mit einem Schraubenschlüssel kommen.“ Versuchsweise seien die Schrauben krummgeschlagen worden. Aber die Polizei winkt ab – die Diebe kämen mit dem Akkubohrer.
Axel Kunkel, Bürgermeister von Wacken in Schleswig-Holstein, ist schon einen Schritt weiter: Seit einigen Jahren würden die Schilder eingeschweißt statt angeschraubt, seitdem werde nichts mehr gestohlen – jedenfalls an den drei Gemeindestraßen mit Ortsschildern. An drei Landesstraßen seien sie „regelmäßig weg“. Dennoch geht der deutsche Städte- und Gemeindebund davon aus, dass das Problem, „nicht sehr weit verbreitet“ sei, wie Experte Jan Strehmann sagt. Zahlen gebe es keine – wie auch bei seinem niedersächsischen Kollegen Thorsten Bullerdiek. Der fragt sich nach eigenen Worten allerdings schon bei manchem Garten: „Wie kommt das Schild dahin?“

Trotzdem: Das Geschäft mit Ortstafeln sei „sehr groß“, Straßennamen seien „tägliches Geschäft“, sagt Ilgay. Auch Schilder zur Geschwindigkeitsbeschränkung seien bei Dieben beliebt. Schwerpunktmäßig macht das Unternehmen seine Geschäfte in Niedersachsen und Bremen, 90 Prozent seien öffentliche Ausschreibungen. Angaben zu Umsatz oder Ergebnis macht Ilgay nicht.
Lesen Sie auch: Fugging erscheint auf der Landkarte: Kein „Fucking“ Bock mehr: Österreichisches Dorf ändert seinen Namen
Was steht gerade auf dem Programm? Geschwindigkeitsbeschränkungen und ein Ortsschild – genauer gesagt Tempo 130 und Ortsschild sowie Ortsausgangsschild von Wacken. Michael Mazur (54), Abteilungsleiter Druckverfahren, steuert den Druck, ein digitaler Flachbettdrucker wirft die entsprechenden selbstklebenden Bahnen aus. Es gebe „Hunderte von Regeln“ erklärt Ilgay.
Grafiker zeichnen die Schilder entsprechend der Vorgaben zunächst, nach der Freigabe durch den Kunden werden die Aluminiumbleche zugeschnitten, die Schilder ausgedruckt und ausgeschnitten, schließlich verklebt. Kleinere Schilder können der größeren Stabilität wegen am Rand umgebördelt sein, größere bekommen auf der Rückseite Traversen eingenietet.

Andrea Rehren verklebt Druckbahnen für ein Segment eines Großschildes für die Autobahn, positioniert die Folie sorgfältig und schiebt dann eine Walze darüber, damit alles glatt wird. So ein Element koste etwa 1500 Euro: „Da sollte nichts schiefgehen“, sagt die 58-Jährige. Dann wischt sie etwas Staub von dem Schildsegment ab. Da sei sie doch etwas pingelig. Großschilder werden sicherheitshalber in der Firma einmal komplett aus einzelnen Segmenten zusammengebaut – gefühlt nimmt die 60-Quadratmeter-Tafel die halbe Halle ein.
Lesen Sie auch: Neger oder Mohrkirch: Wenn Ortsnamen rassistisch sind
Dabei ist Neubau nicht alles: Geschäftsbereichsleiter Vedat Ilgay zeigt Anti-Sticker-Folie für Schilder – bekleben kann man sie kaum, beschmieren nur schwer, abwaschen vergleichsweise leicht. Seine eigene Erfindung, wie der 44-Jährige sagt. Das Problem: Bislang reinigten die Straßenmeistereien die Schilder von Graffiti meist mit scharfen Mitteln, die Farben verblichen schnell und die Schilder reflektierten kaum mehr. Bundesweit gebe es etwa 25 Millionen Verkehrszeichen, jährlich ausgewechselt werden etwa 1,6 Millionen.
Und der 44-Jährige warnt: Selbst fest vernietete oder verschweißte Ortsschilder würden gestohlen. „Das ist, wie soll ich sagen, die Natur des Menschen“, meint er. Es muss ja nicht so weit gehen wie im Falle des österreichischen Orts Fugging, der zuvor Fucking hieß: Die Ortsschilder wurden geklaut, extra angereiste Männer zeigten sich in eindeutigen Posen, der Ruf des Orts war angekratzt. Dagegen versteht Bürgermeister Kunkel sogar irgendwie diejenigen, die ein Ortsschild von Wacken haben wollen: „Das ist Kult.“