Eine überflutete Straße in Mönchengladbach: Auch der Nordosten muss sich auf Sturzflut-Regengüsse einstellen.
Eine überflutete Straße in Mönchengladbach: Auch der Nordosten muss sich auf Sturzflut-Regengüsse einstellen. dpa/Theo Titz

Vollgelaufene Keller, unterspülte Straßen, vollgelaufene Tunnel: Bislang haben Unwetter vor allem den Süden und den Westen Deutschlands erfasst. In Frankfurt/Main und anderen Städten kam der öffentliche Nahverkehr zeitweise zum Erliegen, andernorts auch der Fernverkehr. Vor allem in Süddeutschland komme es aufgrund von Unwetterschäden zu Verspätungen und Zugausfällen, teilte die Deutsche Bahn mit.

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Tausende Notrufe: Feuerwehren im Ausnahmezustand

Dramatisch die Situation in Frankfurt: Dort erklärte die Feuerwehr aufgrund der enormen Zahl von Notrufen den Ausnahmezustand und aktivierte in der Nacht alle verfügbaren Kräfte, um 600 Einsätze abarbeiten zu können. Sintflutartige von bis zu 45 Litern pro Quadratmeter überfluteten zahlreiche Straßen und ließen Keller volllaufen, auch Krankenhäuser waren betroffen.

Besonders schwierig gestaltete sich die Lage in der Nacht auf Mittwoch auch in Nordrhein-Westfalen, wo Wassermassen ebenfalls unzählige Keller, Tiefgaragen und Unterführungen überfluteten. So verzeichnete allein die Feuerwehr in Krefeld binnen Stunden mehr als 2000 Anrufe. In der Stadt seien "hunderte Keller zum Teil bis zum Erdgeschoss voll Wasser gelaufen", erklärten die Retter am frühen Mittwochmorgen. Die Feuerwehren in Düsseldorf und Dortmund meldeten jeweils mehr als 300 Unwettereinsätze.

Ein weiterer Schwerpunkt lag in Bayern, wo laut Polizei unter anderem die Gegend um die Stadt Landshut erheblich betroffen war. Die Beamten berichteten dort von "teilweise sintflutartig überschwemmten Straßen" und "massiven Sachschäden" an Gebäuden und Autos. In Landshut selbst musste ein kompletter Straßenzug gesperrt werden, weil mehrere Fahrzeuge weggeschwemmt wurden.

Unwettereinsätze gab es auch in zahlreichen anderen Städten und Landkreisen vom schleswig-holsteinischen Kiel über Freiburg in Baden-Württemberg bis hin zur sächsischen Landeshauptstadt Dresden. Praktisch alle Regionen waren zeitweise vom Durchzug der Regen- und Gewitterfront betroffen. Teilweise kam es auch zu spektaktuläreren Vorfällen. Bereits am Dienstagnachmittag ließen heftige Sturmböen im baden-württembergischen Meersburg am Bodensee einen 25 Meter hohen Baukran auf ein Haus stürzen.

Binnen weniger Stunden bis zu 160 Liter Regen für Brandenburg und Berlin vorhergesagt

Nun trifft es auch verstärkt den Nordosten: Für den Bereich Hamburg, Berlin und Ostsee rechnet Wetterexperte Dominik Jung (wetter.net) zum Monatswechsel mit „heftigen Niederschlagsmengen“.

Doch zunächst der Rückblick auf den ersten meteorologischen Sommermonat Juni: Am heutigen Mittwoch endet der drittwärmste Juni seit 1881, ungeachtet der vielen regionalen Unwetter und Starkregenfälle. „Echtes Tropenwetter“ sei dies gewesen, so Dominik Jung. „Am Tag wie auch in der Nacht sehr warm und tagsüber teilweise heftige Sturzfluten mit Hagel und Sturmböen.“ Sogar Tornados hat es gegeben, die unweit der deutschen Grenze in Tschechien herbe Verwüstungen anrichteten. Viel zu heiß war der Monat: rund 3,7 Grad wärmer als das langjährige Klimamittel. Und nun der Temperatursturz: „Der Juli legt einen Kaltstart hin und dazu trifft es nun mit Hochwasser auch den Nordosten“, so Wetterexperte Jung. Bis Donnerstagabend könnten örtlich über 100 Liter Regen pro Quadratmeter fallen!

„Nun bekommt der Nordosten heftigen Regen ab und das binnen weniger Stunden. Da waren Felder und Wiesen rasch unter Wasser stehen“, prognostiziert Diplom-Meteorologe Jung. Es gibt sogar Berechnungen, die binnen weniger Stunden bis zu 160 Liter pro Quadratmeter vorhersagen! „Damit dürften dort oben in der Region ganze Landstriche unter Wasser stehen“, so Dominik Jung. Die Prognose des Deutschen Wetterdienstes (DWD) für Berlin und Brandenburg ist allerdings verhaltener: Örtlich bis zu 80 Liter pro Quadratmeter erwartet der DWD binnen sechs Stunden, was indes für massive Überschwemmungen mehr als ausreichen wird. Am Mittwochabend ergänzte der DWD die amtliche Unwetterwarnung vor schwerem Gewitter für Teile Brandenburgs und Berlins durch eine Warnung vor ergiebigem Dauerregen, die bis Donnerstag 14 Uhr gilt.

Am Mittwoch sorgten Gewitter in Brandenburg bereits örtlich für entwurzelte Bäume und vollgelaufene Keller. Größere Schäden oder Verletzte gab es nach Angaben der Polizei vom Mittwochmorgen allerdings noch nicht. Im Kreis Oberhavel und im Kreis Barnim seien Äste abgebrochen und Keller voller Wasser gelaufen, sagte ein Sprecher der Regionalleitstelle Nordost in Eberswalde. Im Kreis Oberhavel sei die Feuerwehr 60 Mal im Einsatz gewesen, im Kreis Barnim 48 Mal. In Wensickendorf, einem Ortsteil von Oranienburg (Oberhavel), wütete das Gewitter am Dienstag kurz und heftig. Bäume fielen auf die Straße, auf einen Carport und auf das Dach eines Bungalows.

Achterbahnfahrt der Wetterextreme: Bald bis zu 45 Grad Hitze?

Die Höchstwerte werden bis zum Wochenende maximal 24 Grad erreichen, dann wieder bis auf 26 Grad ansteigen. Immerhin deutet sich zum Wochenende Entspannung an: Das Wetter zeigt sich wieder von der freundlichen Seite. „Doch ein stabiles Schönwetterhoch ist nicht in Sicht.“ Und die Achterbahnfahrt der Wetterextreme geht ohne Atempause weiter: „Schon nächste Woche geht es mit einem kleinen Hitzepeak mit Topwerten über 30 Grad in die nächste Gewitter- und Unwetterrunde. Dieser Sommer bleibt extrem gefährlich und wird besonders für viele Versicherer richtig teuer“, so die Einschätzung des Wetterexperten.

Von einer „Unwetterspirale“ spricht Dominik Jung, aus der wir so schnell nicht herauskommen: „Auch im Juli deuten die Wettermodelle kein stabiles Schönwetter an.“ Schönes, stabiles Hochdruckwetter: Fehlanzeige. Die Hitze schaut kurz vorbei, um vom nächsten Unwettertief vertrieben zu werden. Wann dieses unerfreuliche Sommerspektakel aufhört, ist noch nicht abzusehen. Auch dass die Hitze sich noch einmal extrem aufschaukeln könnte, wie wir es gerade in Kanada mit Spitzenwerten nahe der 50-Grad-Marke erleben, schließt Jung nicht aus. „Unmöglich ist das nicht mehr. Wir haben in den vergangenen Jahren gesehen wie die 40-Grad-Marke immer öfters überschritten worden ist. Die Spitzenwerte lagen bisher bei über 41 Grad. Da können auch schnell mal 45 Grad draus werden, besonders in eng bebauten Gebieten“, warnt Wetterexperte Jung.