Die Fabelwesen im Bayerischen Wald sind während der Rauhnächte in dicke Pelze gehüllt - und sie tragen schaurige Masken. 
Die Fabelwesen im Bayerischen Wald sind während der Rauhnächte in dicke Pelze gehüllt - und sie tragen schaurige Masken.  Foto:  dpa / Armin Weigel

Der Ausdruck „zwischen den Jahren“ ist schon alt. Seit dem 14. Jahrhundert wird die Spanne zwischen Weihnachten und dem Neujahrstag – oder in einigen Gegenden auch dem 6. Januar – so bezeichnet.

Eine weniger bekannte Bezeichnung für die zwölf Nächte ist Rauhnächte, oder Rauchnächte. In dieser Zeit wurde mit Kräutern geräuchert, um dunkle Geister und Dämonen zu vertreiben und um gute Geister willkommen zu heißen.

Noch heute sind in einigen Gegenden Deutschlands Hexen und „Rauhwuggerln“, „luadige Damerl“ und die „Haberngoaßen“ unterwegs.  Jedes Jahr treiben sie  in den zwölf Rauhnächten in dicke Pelze und grausige Masken gehüllt - ihr Unwesen in vielen Ortschaften des Bayerischen Waldes.

Der Brauch ist uralt. Von jeher gelten die Rauhnächte als die geheimnisvollste Zeit des Jahres. Dunkel, kalt und windig ist es zwischen der Wintersonnenwende am 21. Dezember und dem 6. Januar. Es ist die Zeit der Hexen und Druden, die nachts auf die Brust der Schlafenden drücken, die Zeit der Perchten und der „Wilden Jagd“ – die Zeit, in der nach alten Legenden die Tore zum Jenseits geöffnet und die Wesen aus der Anderwelt frei sind.

Entstanden ist der Brauch wohl daraus, dass das Mondjahr nur 354 Tage hat, das Kalenderjahr aber 365. Die übrigen elf Tage und zwölf Nächte fallen «aus der Zeit», sodass Dämonen und Geister die Rauhnächte für sich nutzen können.

Alte Mythen und Bräuche 

Eine andere Erklärung leitet sich aus den unterschiedlichen Festlegungen des Jahreswechsels, wie die Gesellschaft für deutsche Sprache ausführt: Nach dem römischen Kalender begann das neue Jahr zunächst am 1. März, wenn die hohen Beamten ihr Amt antraten.

Im Jahr 153 geschah dies erstmals am 1. Januar, und fortan galt dieser Tag für das gesamte römische Reich als Jahresanfang. Die Christen begannen das Jahr hingegen zunächst am Tag der Taufe Jesu, dem 6. Januar.

Von der Mitte des vierten Jahrhunderts feierte man statt der Taufe Jesu am 6. Januar dessen Geburt am 25. Dezember. Auch der Jahresanfang wurde auf diesen Tag verlegt. Bis 1691 auch für die christliche Welt der 1. Januar als erster Tag des neuen Jahres festgelegt wurde.

Die Wendung zwischen den Jahren hat sich bis heute gehalten. Und auch das Bedürfnis, in dieser besonderen Zeit innezuhalten. Digital Detox, weniger Anrufe, mehr Stille. Die Zeit zwischen den Jahren nutzen  viele zum Bilanz ziehen. Und auch die Mythen und Bräuche rund um die Rauhnächte erfahren eine Renaissance:

Buch-Autorin und Expertin auf diesem Gebiet Vera Griebert-Schröder erklärt in der Augsburger Allgemeinen Zeitung den Reiz der stillen Zeit. „In dieser Zeit haben viele Firmen und Geschäfte zu, die Menschen haben Zeit. Die Rauhnächte bieten ihnen eine Möglichkeit des Rückzugs und der Besinnung. Es ist eine Gelegenheit, das Alte zu verabschieden und etwas Neues beginnen zu lassen. So reinigen wir uns vom Gewesenen, vielleicht Belastenden. Rituale geben dabei Halt.

Es gibt einige Bräuche, die in Rauhnächten gelten: So soll man etwa keine Wäsche waschen und alle Räder still stehen lassen. Dies kann auch heute noch sinnvoll sein, wenn man es in die moderne Zeit übersetzt. Denn Angst vor der „wilden Jagd“ der Mythen, die die Laken als Leichentücher benutzt, hat heute wohl keiner mehr. 

„Wäsche waschen war früher eine schwere Arbeit, sagt Vera Griebert-Schröder.  Der Brauch besagt letztlich: Die Rauhnächte sollten eine Zeit sein, wo sich alle ausruhen dürfen. So können wir uns fragen, was heute schwer ist für uns: Buchhaltung und Steuererklärung vielleicht. Solche Dinge können wir dann lassen, um einfach mal wieder ganz zu uns selbst zu kommen. Und die Räder, die stillstehen sollten – das könnten für uns heute die Hamsterräder in unseren Köpfen sein, das ewige Denken und Sorgen. Auch die sollten zur Ruhe kommen.“