Warum ist Gähnen ansteckend? Die Wissenschaft hat verschiedene Erklärungen dafür gefunden.
Warum ist Gähnen ansteckend? Die Wissenschaft hat verschiedene Erklärungen dafür gefunden. imago/Westend61

Es ist ein Phänomen, das wohl jeder kennt: In einem Gespräch muss das Gegenüber plötzlich gähnen – und plötzlich beschleicht einen selbst das Gefühl, gleich den Mund weit aufreißen zu müssen. Oder: Im Fernsehen ist in einem Film jemand zu sehen, der herzhaft gähnt… und schon tun wir es auch. Mit Müdigkeit hat das absolut nichts zu tun – aber: Woran liegt es dann, dass das Gähnen so ansteckend ist? Hier erklären wir das seltsame Alltags-Phänomen.

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Mediziner erklären: Darum ist Gähnen für viele Menschen ansteckend

Ob Sie es glauben oder nicht: Zu dem Thema wurden sogar schon Studien durchgeführt. Etwa im italienischen Pisa: Hier wollten Forscher der Universität herausfinden, ob es wirklich stimmt, dass Gähnen ansteckend ist. Ein Jahr lang untersuchten sie über 100 Menschen aus verschiedenen Kontinenten – und schauten sich an, ob und wann sie sich vom Gähnen anderer Menschen anstecken ließen. Fazit: Ja, Gähnen ist ansteckend!

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Allerdings mit Einschränkungen: Besonders gut klappte es mit dem Anstecken innerhalb der eigenen Familie, danach folgten Freunde und danach wiederum Bekannte. Das Schlusslicht bildeten Fremde – hier war das Gähnen wesentlich weniger ansteckend als bei Menschen aus dem eigenen familiären Umfeld. Und: Neben der emotionalen Nähe zum „Vor-Gähner“ war besonders wichtig, wie ausgeprägt das empathische Empfinden des Menschen ist.

Warum ist Gähnen ansteckend? Das sagen Experten zu dem Phänomen

Aber: Warum ist das so – und warum müssen wir gähnen, wenn das Gegenüber gähnt? Und warum klappt es beispielsweise nicht bei Kindern unter vier Jahren und Menschen mit einer Entwicklungsstörung. „Warum das so ist, beschäftigt die Wissenschaftler nach wie vor. Ein Grund dafür scheint zu sein, dass diese Personengruppen die Emotionen ihrer Mitmenschen (noch) nicht eindeutig wahrnehmen können“, sagt Dr. Utta Petzold, Medizinerin bei der Krankenkasse Barmer GEK. Besonders ansteckend sei es, wenn sich Menschen emotional nahe stehen.

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Warum ist Gähnen ansteckend? Wer ein paar Sekunden auf dieses Bild schaut, wird sich vermutlich die gleiche Frage stellen.
Warum ist Gähnen ansteckend? Wer ein paar Sekunden auf dieses Bild schaut, wird sich vermutlich die gleiche Frage stellen. imago/YAY images

„Auch die Empathiefähigkeit scheint ein Kriterium dafür zu sein, wie empfänglich man für Gähnen ist: Menschen, die sich besonders gut in andere hineinversetzen können, ließen sich in einer Studie öfter durch das Gähnen anderer anstecken.“ Das heißt: Wer sich besonders gut in andere Menschen hineinversetzen kann, lässt sich besonders leicht durch das Gähnen anderer anstecken.

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Warum ist Gähnen ansteckend? DAS sagt ein Verhaltensforscher

Für Hausärztin Anne Katrin Liem ist der seltsame Gähn-Reflex „ein Nachahm-Effekt, der sich auch nicht unterdrücken lässt“, sagte sie gegenüber „BR“. Schuld daran seien die sogenannten Spiegelneuronen – das Netz aus Nervenzellen sorge dafür, dass wir gewisse Dinge, die unser Gegenüber tut, nicht unterdrücken können. Eine andere Theorie kommt von Verhaltensforscher Irenäus Eibl-Eibesfeldt aus Österreich: Er vertritt die Ansicht, dass das ansteckende Gähnen ein Erbe unserer Vorfahren ist – aus einer Zeit, in der man sich noch ohne Sprache verständigen musste.

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Aber: Warum gähnen wir überhaupt? „Mittlerweile gehen viele Wissenschaftler jedoch davon aus, dass das Gähnen zur Regulation der Temperatur im Gehirn dient, indem das tiefe Einatmen von kühler Luft die Temperatur des Bluts und dadurch auch die des Gehirns verringert“, sagt Dr. Utta Petzold. „Für diese These spricht, dass bei großer Hitze oder Kälte seltener gegähnt wird.“ Die Theorie, dass das Gähnen eine Folge von zu wenig Sauerstoff im Blut sei, sei inzwischen widerlegt.