Janna Ezat (li.) hat ihren Sohn Hussein Al-Umari bei dem Kugelhagel verloren.
Janna Ezat (li.) hat ihren Sohn Hussein Al-Umari bei dem Kugelhagel verloren. Foto: AP/John Kirk-Anderson/Pool Photo

Vor der Urteilsverkündung gegen den Attentäter von Christchurch am Donnerstag haben in Neuseeland Überlebende der verheerenden Anschläge und Angehörige der 51 Opfer das Wort. Gestern wurden vor Gericht 24 Erklärungen verlesen, in denen die Betroffenen von den Folgen der Taten auf ihr eigenes Leben berichteten. Auch wurde bekannt, dass der Attentäter bei seiner blutigen Attacke im März 2019 eine dritte Moschee in Neuseeland angreifen wollte. 

Brenton Tarrant (29) hatte am 15. März 2019 zwei Moscheen attackiert und 51 Gläubige erschossen. 50 weitere Menschen wurden verletzt, teilweise lebensgefährlich. Die Tat übertrug er per Helmkamera im Internet. Weil der Angeklagte sich im März überraschend schuldig bekannt hatte, entfiel ein Prozess.

Der Angeklagte Brenton Tarrant
Der Angeklagte Brenton Tarrant
Foto: AFP/John-Kirk Anderson

Die verlesenen Erklärungen der Betroffenen waren Erinnerungen an ihre Liebsten – so wie an Ozair Kadir aus Indien. Er sei nach Neuseeland gekommen, um Pilot zu werden, erzählt sein Vater. „Er hat seine Heimat am 25. März 2018 auf der Suche nach einem besseren Leben verlassen. Am 25. März 2019 kam er in einem Sarg zurück.“

Opfer haben Wurzeln unter anderem in Bangladesch, Syrien oder Pakistan

Temel Atacocugu überlebte den Anschlag mit neun Kugeln in seinem Körper, weil er sich tot stellte. Sechs Kugeln konnten entfernt werden, drei nicht. Atacocugu ist seit dem Massaker arbeitsunfähig. Die Opfer haben Wurzeln unter anderem in Bangladesch, Syrien oder Pakistan. Manche lebten seit vielen Jahren in Neuseeland, andere erst seit ein paar Wochen.

Einige der Opfer sprachen den Attentäter direkt an. Janna Ezats Sohn Hussein Al-Umari hat den Kugelhagel an jenem verhängnisvollen Tag nicht überlebt. „Ich weine jeden Tag um ihn“, sagt sie. Dann schaut sie dem Mörder ihres Sohnes direkt in die Augen und sagt, sie habe nur eine Wahl: „Dir zu vergeben.“ Es sei das einzige Mal an diesem Tag, dass der Angeklagte eine Art von Emotion gezeigt habe, beschrieben Beobachter den Moment.

Die meiste Zeit schaute er sich jedoch ungerührt im Gerichtssaal um und bestätigte Richter Mander noch einmal, dass er auf Anwälte verzichten und sich selbst vertreten wolle. Vor der Urteilsverkündung soll auch er zu Wort kommen.

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Rekonstruktion des blutigen Tathergangs

Am Montag rekonstruierte Staatsanwalt Barnaby Hawes den Tathergang – und nannte bislang unbekannte Details. So habe der Täter mehrere Waffen modifiziert, um die größtmögliche Zahl von Muslimen zu töten. Nach den Angriffen in der Al-Nur-Moschee im Stadtteil Riccarton und im Linwood Islamic Centre habe er noch zu einer dritten Moschee in Ashburton fahren wollen, so Hawes. Er habe zudem geplant, Moscheen in Brand zu setzen. Zuvor sei der Extremist aber von der Polizei gefasst worden.

Dem Attentäter droht eine lebenslange Haftstrafe, möglicherweise ohne Chance auf vorzeitige Entlassung – so ein Urteil hat es in Neuseeland bisher noch nicht gegeben.