Zerstörtes Mobiliar liegt auf einem Feld außerhalb des Ortsteils Arloff bei Bad Münstereifel.
Zerstörtes Mobiliar liegt auf einem Feld außerhalb des Ortsteils Arloff bei Bad Münstereifel. Marius Becker/dpa

Die Gefahr ist nach der Hochwasserkatastrophe im Westen der Bundesrepublik noch nicht vorbei. Zwar geht an einigen Orten der verheerenden Flut das Wasser zurück – aber die Zahl der Toten steigt und steigt. Bis zum Montagmorgen wurden insgesamt 159 Todesopfer gezählt – in Rheinland-Pfalz kamen nach offiziellen Angaben mehr 110 Menschen ums Leben, in Nordrhein-Westfalen 45. Zudem kam mindestens ein Mensch bei Überschwemmungen im oberbayerischen Landkreis Berchtesgadener Land ums Leben. Weiter werden noch viele Menschen vermisst, ihre genaue Zahl war weiterhin unklar.

Die wichtigsten News im Überblick:

Unwetterlage hält an: DWD hält lokal extreme Sturzfluten in Hochwasser-Regionen für möglich

(dpa) Die Hochwasserlage im Süden und Osten Bayerns bleibt bis in den Montag hinein angespannt. Zwar sollen sich die Niederschläge vielerorts bis in die frühen Abendstunden abschwächen, wie der Deutsche Wetterdienst (DWD) am Sonntagnachmittag mitteilte. In den betroffenen Regionen sei aber lokal noch mit weiterem Starkregen zu rechnen. Extreme Sturzfluten seien nicht ausgeschlossen.

Besonders im niederbayerischen Passau sollten die Wasserstände dem DWD zufolge weiter steigen. Die maximalen Werte würden für die Nacht erwartet. Es könne knapp die höchste Meldestufe vier erreicht werden, derzeit bestehe Stufe drei. Diesen Wert erreichten auch Flüsse in anderen Regionen wie in Oberbayern die Salzach im Raum Burghausen (Landkreis Altötting) und die Loisach bei Eschenlohe im Landkreis Garmisch-Partenkirchen.

Der oberbayerische Landkreis Berchtesgadener Land hatte in der Nacht den Katastrophenfall ausgerufen. Sintflutartige Regenfälle hatten auch weite Teile Österreichs erfasst.

Nach Unwetter-Schäden: Bauarbeiten an Autobahnen werden Monate dauern

Nach der Unwetterkatastrophe müssen sich Autofahrer auf den Autobahnen 1 und 61 im Süden Nordrhein-Westfalens noch monatelang auf Beeinträchtigungen einstellen. Bei den Kommunen Erftstadt und Swisttal hatten die Wassermassen Teile der Fahrbahn weggerissen. Die Schadensbegutachtung laufe noch, erst danach könnten die Bauarbeiten beginnen, sagte ein Sprecher der Autobahngesellschaft des Bundes am Sonntag. Wie lange die Reparatur dauern werde, könne er nicht sagen. Sehr wahrscheinlich geht es aber um mehrere Monate.

Bis auf Weiteres gelten Vollsperrungen auf der A1 zwischen dem Autobahndreieck Erfttal und der Anschlussstelle Hürth in der einen Fahrtrichtung und in der anderen Fahrtrichtung vom Kreuz Köln-West bis nach Erfttal, wie die Autobahngesellschaft mitteilte. Die A61, die sich bei Erftstadt mit der A1 verbindet, ist in beiden Fahrtrichtungen zwischen den Autobahnkreuzen Kerpen und Meckenheim voll gesperrt.

Grund für die Sperrungen sind nicht nur die beiden Abbruch-Stellen. An anderen Stellen der gesperrten Strecken ist es nach den Worten des Autobahn-Sprechers noch unklar, ob der Untergrund instabil ist. „Es gibt noch viele Unterspülungen - in verschiedenen Abschnitten muss man damit rechnen, dass etwas nachrutscht oder wegbricht.“

Gutachter würden die Abschnitte untersuchen und gegebenenfalls wieder freigeben, so der Sprecher. Zur Erkundung schickt die Autobahngesellschaft Lastwagen auf die Strecke, um etwaige Rissbildung zu beobachten. Erst wenn die Autobahn stabil sei, könnten gewisse Strecken schrittweise freigegeben werden - möglicherweise zunächst ein Fahrstreifen mit Geschwindigkeitsbegrenzung. „Es muss absolut sicher sein“, betonte der Sprecher.

Viele Standorte nach Unwetter wieder mit Handynetz

Der Mobilfunkanbieter Telefónica Deutschland hat nach eigenen Angaben das durch die Unwetterkatastrophe beschädigte Handynetz vielerorts wieder herstellen können. Seit Freitag arbeiten Techniker daran im Dauereinsatz, wie der Mobilfunkanbieter am Sonntag erklärte. Inzwischen habe man so an mehr als zwei Dritteln der Standorte, die von einem Stromausfall betroffen waren, das Mobilfunknetz wieder instandgesetzt.

In besonders stark von den Überflutungen betroffenen Orten setze Telefónica auf mobile Basisstationen und nutze Notstromaggregate, um die Mobilfunkmasten mit Elektrizität zu versorgen. „Wir weisen jedoch darauf hin, dass die Mobilfunkversorgung noch nicht überall die Kapazitäten erreicht wie vor dem Hochwasser“, erläuterte ein Sprecher des Mobilfunkanbieters. Daher solle die Kommunikation etwa mit Freunden und Familie aus Rücksicht auf andere betroffene Mobilfunkkunden auf das Notwendigste reduziert werden.

In den Katastrophengebieten in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen war nach schweren Unwettern das Mobilfunknetz vielerorts ganz ausgefallen. Grund dafür ist laut Telefónica der hochwasserbedingte Ausfall der Energieversorgung.

„Gespenstische Bilder“: Merkel verspricht schnelle Hilfe

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat bei ihrem Besuch in den vom Hochwasser schwer getroffenen Gebieten in Rheinland-Pfalz schnelle Hilfe angekündigt. „Wir stehen an Ihrer Seite, Bund und Land“, sagte sie am Sonntag in Adenau im Kreis Ahrweiler. Bund und Land würden Hand in Hand arbeiten, „um die Welt wieder Schritt für Schritt in Ordnung zu bringen in dieser wunderschönen Gegend“.

Sie sei gekommen, um sich ein reales Bild von den surrealen, „gespenstischen Bildern“ vor Ort zu verschaffen, sagte Merkel. „Die deutsche Sprache kennt kaum Worte für die Verwüstung, die hier angerichtet ist.“

Am kommenden Mittwoch werde die Bundesregierung ein Programm verabschieden für schnelle Hilfen, mittelfristige Aufgaben und zur Wiederherstellung der Infrastruktur, versicherte Merkel. Es gehe darum, schnell zu handeln, aber mit langem Atem.

Begleitet wurde die Kanzlerin unter anderem von der Mainzer Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD). Die Unwetterkatastrophe im Landkreis Ahrweiler hat bislang 110 Todesopfer gefordert, 670 Menschen wurden verletzt. Zudem wurden in Nordrhein-Westfalen nach derzeitigem Stand 46 Todesopfer registriert.

Unwetterschäden an 600 Kilometern Bahngleisen und 80 Stationen

Die Unwetterkatastrophe in Deutschland hat auch bei der Bahn gravierende Schäden hinterlassen, die in den nächsten Tagen Folgen für die Reisenden und Pendler haben werden. Nach einem ersten Lagebild gab es in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz „massive Beschädigungen“ an 80 Stationen und Haltepunkten sowie an Gleisen auf mehr als 600 Kilometern Länge, wie die Deutsche Bahn am Sonntag in Düsseldorf mitteilte.

Auch Weichen, Signaltechnik, Stellwerke, Brücken sowie Fahrzeuge seien durch Wasser, Schlamm und Geröll beschädigt worden. Nun werde mit Hochdruck daran gearbeitet, alle Schäden zu beseitigen. 2000 Bahnbeschäftigte seien seit Mittwoch in den betroffenen Regionen im Einsatz. Noch immer müsse an vielen Stellen Wasser abfließen und danach Schlamm und Geröll abgetragen werden. Auf der linken Rheinseite fahren seit Sonntag zwischen Bonn und Koblenz wieder Züge.

Der Nahverkehr mit S-Bahnen und Regionalzügen bleibe in NRW und in Teilen von Rheinland-Pfalz „stark beeinträchtigt“, hieß es in der Mitteilung mit Blick auf das Ahrtal, die Eifel, das Siegerland und die Gegend um Hagen. Auf Pendler kämen zum Wochenstart noch auf „erhebliche Einschränkungen“ zu, in NRW fielen 30 Linien ganz oder teilweise aus oder würden umgeleitet. „Aufgrund gesperrter Strecken verkehren zahlreiche S-Bahn- und Regionallinien weiterhin nicht oder nur eingeschränkt.“ Es gibt Bus-Ersatzverkehr - „sofern in den Krisenregionen die Straßeninfrastruktur noch intakt ist“.

Beim Fernverkehr meldete das Unternehmen Fortschritte: Der ICE fährt wieder von Köln nach Brüssel, Bonn ist wieder an den Fernverkehr angeschlossen, und die Fahrt von Berlin nach Köln und Düsseldorf ist wieder möglich. Zum Start in die neue Woche rechnet die Bahn mit „einer weiteren Normalisierung des Fernverkehrs für Ziele in NRW“.

Die DB empfiehlt Reisenden, sich vor Fahrtantritt unter www.bahn.de/aktuell oder unter der kostenlosen Hotline 08000 996633 zu informieren.

Dramatische Hochwasser-Situation in Bayern: Tote, nächste Regenfront bereits angekündigt

Zwei Tote, vom Einsturz bedrohte Häuser, Evakuierungen: Am Sonntagmorgen hat sich das ganze Ausmaß des Hochwassers im Landkreis Berchtesgadener Land in Oberbayern gezeigt. 890 Hilfskräfte waren in den besonders betroffenen Orten im Einsatz. Der örtliche Einsatzleiter Anton Brandner sprach von dramatischen Szenen: „Fahrzeuge auf den Straßen wurden zum Spielball der Wassermassen.“

Sintflutartige Regenfälle hatten am Samstagabend den Fluss Ache über die Ufer treten und Hänge abrutschen lassen. Der Landkreis rief den Katastrophenfall aus. Zwei Menschen starben. Ein Opfer sei an einer natürlichen Ursache verstorben, sagte Landrat Bernhard Kern (CSU) am Morgen. Aber auch das könne mit dem Unwetter zusammenhängen.

Betroffen waren vor allem die Orte Berchtesgaden, Bischofswiesen, Schönau am Königssee, Marktschellenberg und Ramsau im äußersten Südosten Bayerns. Feuerwehr und andere Hilfskräften mussten zu bis zu 500 Einsätzen ausrücken - auch um Menschenleben zu retten. Dort schießt das Wasser aus den Bergen hinab, gleichzeitig steigt der Pegel des Flusses Ache.

Häuser mussten geräumt werden, weil sie vom Einsturz bedroht waren. 130 Menschen wurden in Sicherheit gebracht, darunter 80 aus einer Siedlung in Schönau am Königssee, sagte Kern. Menschen wurden aufgerufen, ihre Keller nicht mehr zu betreten. Auch der Bahnverkehr zwischen Bad Reichenhall und Berchtesgaden ist eingestellt, Straßen sind zum Teil gesperrt. Die Lage bleibt angespannt, denn die nächste Regenfront ist bereits angekündigt.

110 Tote, 570 Verletzte: Bundeskanzlerin Merkel im Eifel-Katastrophengebiet eingetroffen

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist am Sonntag zu einem Besuch in den vom Hochwasser betroffenen Gebieten in Rheinland-Pfalz eingetroffen. Gegen Mittag war Merkel in der Eifelgemeinde Schuld, die besonders schwer von der Flutkatastrophe getroffen worden war. Die Kanzlerin wolle sich vor Ort ein Bild von der Lage machen, hieß es im Vorfeld. Begleitet wurde sie unter anderem von der Mainzer Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD).

Der Ortsbürgermeister von Schuld, Helmut Lussi, begrüßte Merkel. Fernsehbilder zeigten sie auf einer Brücke im Gespräch mit Einsatzkräften. Für den Nachmittag war ein Pressestatement in Adenau geplant. Die Unwetterkatastrophe im Landkreis Ahrweiler hat bislang 110 Todesopfer gefordert, 670 Menschen wurden verletzt.

Aufräumen nach Unwetter: Bahnstrecke Dresden-Prag weiter gesperrt

Nach heftigen Unwettern vor allem in Ostsachsen und der Sächsischen Schweiz haben die Helfer am Sonntag weiter mit Aufräumarbeiten zu tun. Es müssten noch Straßen von Schlamm und Geröll befreit und vereinzelt umgestürzte Bäume beseitigt werden, hieß es am Morgen aus den Leitstellen. Von Verletzten war nichts bekannt. Die Bahnstrecke zwischen Bad Schandau und dem tschechischen Dečin bleibe vorerst gesperrt, informierte die Deutsche Bahn. Betroffen war neben dem Nahverkehr die Fernverkehrsverbindung Dresden-Prag.

Immense Regenfälle hatten am Samstag Straßen und Keller überflutet, Hänge abrutschen und Flüsse anschwellen lassen. Einzelne Ortslagen waren laut dem Landratsamt in Pirna nicht mehr zu erreichen, die Bundesstraße 172 zwischen Pirna und Schmilka musste gesperrt werden. Die Rettungskräfte wurden zu Hunderten Einsätzen gerufen - allein in den Landkreisen Görlitz und Bautzen seien es etwa 390 gewesen, teilte die dortige Leitstelle auf Anfrage mit.

Laut der Online-Übersicht des Landeshochwasserzentrums lagen die Wasserstände an den Pegeln in der Sächsischen Schweiz am Sonntag aber wieder unter den Alarmschwellen. Dagegen waren in Ostsachsen noch Warnungen aktiv. So lag der Wasserstand am Hoyerswerdaer Schwarzwasser in Zescha im Bereich der Alarmstufe 3, die Schwarze Elster in Neuwiese erreichte Warnstufe 2. Doch rechneten die Experten insgesamt mit rückläufigen Wasserständen, da keine neuen Niederschläge erwartet wurden.

NRW: 45 Tote, 59 Personen melden vermisste Angehörige

In Nordrhein-Westfalen läuft die Suche nach Vermissten und möglichen Todesopfern der Hochwasserkatastrophe weiter. Am Samstag hatte das NRW-Innenministerium die Zahl der Toten mit 45 angegeben. In der vom Hochwasser besonders betroffenen Ortschaft Erftstadt westlich von Köln suchen zahlreiche Menschen nach ihren Angehörigen. Bisher wurden laut Angaben der Stadt bei der am Samstag eröffneten „Personenauskunftsstelle“ 59 Menschen gemeldet, deren Aufenthaltsort ungewiss ist. 16 davon kämen aus Erftstadt.

Unter den Gesuchten seien auch Bewohner einer Altenpflegeeinrichtung, die am Samstag evakuiert werden musste. Viele Menschen wüssten nicht, wo ihre Angehörigen sein könnten, weil etwa das Telefonnetz zusammengebrochen war, erklärte ein Sprecher des Rhein-Erft-Kreises am Sonntag. Den Angaben der Stadt zufolge konnten Einsatzkräfte bislang 70 Fahrzeuge bergen, 25 stünden noch im Wasser. Bislang wurden keine Menschen in den Autos und Lastwagen entdeckt.

Im Stadtteil Erftstadt-Blessem wollen Fachleute am Sonntag die Stabilität des Untergrunds überprüfen. Die Experten sollen nach Angaben der Stadt die Abbruchkanten eines Erdrutsches untersuchen. Die Lage sei unverändert angespannt, da noch keine Klarheit zu den Bodenverhältnissen bestehe. In Blessem war durch die Fluten ein riesiger Krater entstanden, mindestens drei Wohnhäuser und ein Teil der historischen Burg stürzten ein.

An der von einem Bruch bedrohten Steinbachtalsperre bei Euskirchen fließt das Wasser langsamer ab als erwartet. Deshalb sollen Experten am Sonntag die noch immer angespannte Lage neu bewerten, wie die Bezirksregierung Köln via Twitter mitteilte. Die ursprünglich geplante Prognose, am Sonntagnachmittag gegen 15.00 Uhr Entwarnung geben zu können, kann den Angaben zufolge deshalb nicht gehalten werden.

Nach Dammbruch sinkende Pegelstände in Wassenberg - keine Entwarnung

Nach dem Bruch eines Damms der Rur gibt es noch keine Entwarnung im nordrhein-westfälischen Wassenberg. Zwar seien sinkende Wasserpegel in allen Ortsteilen zu beobachten und die Wassermassen könnten zunehmend wieder über die Kanalisation aufgenommen werden. Im teilweise unter Wasser stehenden Stadtteil Ophoven könnten aber weitere Dammbrüche noch nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden, teilte die Stadt am Sonntag mit.

„Die Lage ist recht unüberschaubar“, sagte ein Feuerwehrsprecher am Sonntagmorgen. Etwa 700 Bewohner von Ophoven an der Grenze zu den Niederlanden hatten in der Nacht zum Samstag ihre Häuser verlassen müssen. Man prüfe derzeit, welche Bewohner in ihre Wohnungen und Häuser zurückkehren dürfen. Einige Straßen konnten wieder genutzt und an das Stromnetz angeschlossen werden, hieß es bei der Stadt.

Ahrweiler: Rettungswagen mit Demenzkranken aus Hochwassergebiet fängt Feuer

Dramatische Sekunden in einem Rettungswagen: Das Fahrzeug sollte am Samstag zwei demenzkranke Senioren aus dem Ahrweiler Hochwassergebiet in Rheinland-Pfalz ins Krankenhaus nach Linz bringen, als starker Rauch aus dem Motorraum kam. Wie die Polizei mitteilte, stoppte der Notarzt das Fahrzeug. Wenig später schlugen Flammen aus dem Motorraum, und der Rettungswagen begann zu brennen.

„Geistesgegenwärtig und todesmutig“ hätten der Notarzt und die 24 Jahre alte Rettungssanitäterin die Senioren aus dem völlig verrauchten Wagen gerettet. „Hierbei hob die 24-jährige die nicht gehfähige Seniorin kurzerhand hoch und trug sie aus dem Fahrzeug.“

Die Rettungssanitäterin wurde mit Verdacht auf Rauchgasvergiftung ins Krankenhaus gebracht. Die beiden Senioren wurden nicht verletzt. Die Polizei vermutet einen technischen Defekt als Ursache für den Brand.

Wegen der enormen Hitze seien zahlreiche Sauerstoffflaschen im Wagen explodiert - die Löscharbeiten gestalteten sich deshalb schwierig. „Durch die enorme Hitzeeinwirkung verschmolz der Rettungswagen teilweise mit der Fahrbahn, so dass der Abschlepper weiteres schweres Gerät nachordern musste, um den Rettungswagen zu befreien“, hieß es.

Ein Panzer der Bundeswehr beim Bergen von Fahrzeugen auf der B265 bei Erftstadt
Ein Panzer der Bundeswehr beim Bergen von Fahrzeugen auf der B265 bei Erftstadt David Young/dpa

Unwetterdesaster weitet sich nach Oberbayern und Sachsen aus

Die Unwetterkatastrophe in Deutschland hat sich auf weitere Landesteile ausgedehnt. Nach den verheerenden Überflutungen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz mit mehr als 140 Toten rief am Samstagabend auch der oberbayerische Landkreis Berchtesgadener Land den Katastrophenfall aus. Dort kam mindestens ein Mensch durch die von massiven Regenfällen ausgelösten Fluten ums Leben. Auch in der Region Sächsische Schweiz in Sachsen kam es zu starken Überschwemmungen.

Im Berchtesgadener Land wurden nach Angaben des Landratsamts rund 65 Menschen vor den Fluten in Sicherheit gebracht. Straßen und Keller wurden überflutet. In dem Ort Marktschellenberg war den Angaben zufolge der Ortsteil Scheffau von der Außenwelt abgeschnitten.

Der Pegel der Berchtesgadener Ache hatte am Samstagabend den historischen Höchststand von 3,15 Meter erreicht. Die Behörden befürchteten, dass sich die Lage noch weiter verschärfen könnte.

Der Landkreis Berchtesgadener Land hat nach starkem Regen wegen Hochwassers den Katastrophenfall ausgerufen.
Der Landkreis Berchtesgadener Land hat nach starkem Regen wegen Hochwassers den Katastrophenfall ausgerufen. Kilian Pfeiffer/dpa

Angela Merkel besucht von Unwetter schwer getroffenes Eifeldorf Schuld

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) besucht zusammen mit der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) am Sonntag das schwer von der Unwetterkatastrophe getroffene Eifeldorf Schuld. Nach Angaben der Landesregierung in Mainz sind im Anschluss an den Besuch um 14.30 Uhr Pressestatements geplant. In Schuld im Landkreis Ahrweiler waren mehrere Häuser komplett von den Wassermassen fortgerissen worden, zahlreiche weitere wurden stark beschädigt.

Expertin erhebt Vorwürfe gegen System des Katastrophenschutzes

Die Hydrologin Hannah Cloke von der britischen Universität Reading erhebt im Magazin „Politico“ schwere Vorwürfe gegen das System des Katastrophenschutzes in Deutschland. Die hohen Todeszahlen seien ein „erhebliches Versagen des Systems“. Sie hätte erwartet, dass Menschen evakuiert werden „und nicht, dass im Jahr 2021 so viele Menschen in einer Flut sterben“. Vorwarnungen, Sirenen und Lautsprecherdurchsagen gab es oft nicht oder offenbar erst zu spät.

Bundeswehr räumt überflutete Fahrzeuge von Bundesstraße

Auf der Bundesstraße 265 bei Erftstadt in NRW hat die Bundeswehr begonnen, die von den Fluten eingeschlossenen Fahrzeuge mit Radpanzern zu bergen. Menschen seien in den Lastwagen und Autos bisher nicht entdeckt worden, teilte die Feuerwehr mit. Auf der B265 waren zahlreiche Fahrzeuge überspült worden. Eine Sprecherin des Rhein-Erft-Kreises hatte am Freitag gesagt, es sei unklar, ob alle Insassen es rechtzeitig aus ihren Wagen geschafft hätten, als sie von den Wassermassen überrascht wurden.

Berge von Sperrmüll: Schwierige Aufräumarbeiten in Trier

In dem vom Hochwasser massiv betroffenen Trierer Stadtteil Ehrang sind nach der Flut die Aufräumarbeiten in vollem Gang. „Da stapeln sich die Berge von Sperrmüll“, sagte ein Stadtsprecher am Samstag. Erste Anwohner gingen zurück in die Häuser. „Wer da geschlafen hat, hatte kein Wasser und keinen Strom.“ Betroffen sind der Stadt zufolge 670 Häuser, bei denen im Keller und Erdgeschoss fast alles zerstört wurde.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (l.) und Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, unterhalten sich bei einem Besuch der Feuerwehrleitzentrale in Erftstadt mit Helfern.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (l.) und Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, unterhalten sich bei einem Besuch der Feuerwehrleitzentrale in Erftstadt mit Helfern. Marius Becker/dpa-Pool/dpa

Bundespräsident Steinmeier in Erftstadt eingetroffen

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Armin Laschet (CDU), Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen, sind im Krisengebiet in Erftstadt eingetroffen. Erste Fotos zeigen, wie sie sich beim Besuch der Feuerwehrleitzentrale mit Helfern der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) unterhalten.

Polizei warnt nach Hochwasser vor freiliegenden Stromleitungen

In Rheinland-Pfalz warnt die Polizei wegen der zerstörten regionalen Infrastruktur vor den Gefahren freiliegender Stromleitungen. „Unter Umständen können Stromleitungen auch noch aus mehreren Metern auch ohne direkten Kontakt lebensgefährlich sein“, teilte die Polizei am Samstag in Koblenz mit. Menschen in der betroffenen Region sollten großen Abstand halten und sich nicht in Gefahr bringen. Ein Hubschrauber mit Fachleuten an Bord solle die Gefahr nun prüfen, sagte ein Sprecher.

Nach Dammbruch: Stadtteil von Wassenberg teils unter Wasser

Nach dem Bruch eines Damms der Rur und einer Evakuierung steht im nordrhein-westfälischen Wassenberg der Stadtteil Ophoven teilweise unter Wasser. Das sagte ein Feuerwehrsprecher am Samstagmorgen. Es sei für die Bürger nach wie vor gefährlich, sich in dem Gebiet aufzuhalten. Wer nicht in der Lage sei, seine Wohnung selbstständig zu verlassen, solle über eine Hotline um Hilfe bitten.

Dramatische Lage in Erftstadt-Blessem

Eine besonders dramatische Lage ergab sich am Freitag in Erftstadt-Blessem südwestlich von Köln: Dort kam es zu gewaltigen Erdrutschen, es bildeten sich Krater im Erdreich. Nach Stand Freitagabend stürzten drei Wohnhäuser und ein Teil der historischen Burg ein. Es war unklar, wie viele Opfer es gab. Der zuständige Landrat, Frank Rock, sagte im Fernsehsender ntv, 50 Menschen seien mit Booten gerettet worden.

Das Drama von Blessem aus der Vogelperspektive. 
Das Drama von Blessem aus der Vogelperspektive.  SEBASTIEN BOZON/AFP

23 Städte und Landkreise sind in NRW nach Angaben des Bundesamtes für Bevölkerung und Katastrophenschutz (BBK) in Bonn von Überschwemmungen betroffen. In Rheinland-Pfalz ist der Kreis Ahrweiler Schwerpunkt der Katastrophe. Mindestens 362 Menschen wurden hier verletzt, wie die Polizei in Koblenz am Freitag mitteilte. Allein im Örtchen Schuld an der Ahr mit 700 Einwohnern wurden mehrere Häuser von den Wassermassen mitgerissen und zahlreiche weitere Gebäude teils schwer beschädigt. Erhebliche Schäden gab es auch in anderen Regionen der Eifel und im Landkreis Trier-Saarburg.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) plant, in die betroffene Region in Rheinland-Pfalz zu reisen. Sie sei mit der Mainzer Landesregierung über einen baldigen Besuch im Katastrophengebiet im Gespräch, teilte der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, mit.

Merkel sichert Unterstützung zu

Am Freitagabend nahm Merkel nach Angaben der Bundesregierung gemeinsam mit dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet und Innenminister Herbert Reul (beide CDU) an einer Videoschalte der Koordinierungsgruppe des NRW-Innenministeriums teil. Sie informierte sich über die aktuelle Lage im Katastrophengebiet und sicherte kurz- und langfristige Unterstützung durch den Bund zu.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier plant derweil am Samstagmittag zusammen mit Laschet einen Besuch in Erftstadt. Ein Besuch des Staatsoberhaupts in Rheinland-Pfalz ist nach Angaben einer Sprecherin der Mainzer Staatskanzlei vom Freitagabend derzeit nicht geplant. Steinmeier hatte am Freitag von einer Tragödie gesprochen. „Das macht mich fassungslos“, sagte er in Berlin. In Gedanken sei er bei den Hinterbliebenen der Opfer. „Ihr Schicksal trifft mich ins Herz.“

Bad Neuenahr versinkt in Schutt und Schlamm. 
Bad Neuenahr versinkt in Schutt und Schlamm.  Philipp von Ditfurth/dpa

„Das Leid nimmt gar kein Ende“

Laschet beklagte eine „Flut-Katastrophe von historischem Ausmaß“. Es sei zu befürchten, dass die Opferzahlen weiter steigen. Seine Amtskollegin aus Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer (SPD), nannte die Lage „weiterhin extrem angespannt in unserem Bundesland“. Sie fügte in Trier hinzu: „Das Leid nimmt auch gar kein Ende.“

Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock reiste nach dem Abbruch ihres Urlaubs in die Krisengebiete. Wie eine Sprecherin am Freitagabend mitteilte, will sich die Parteichefin vor Ort über die Lage der Menschen informieren. Dabei verzichte sie bewusst auf Pressebegleitung oder öffentliche Auftritte. Zunächst hatte der „Spiegel“ über die Reise der Grünen-Chefin berichtet. Den Angaben zufolge traf Baerbock am Freitag in Mainz ein, für Samstag sind weitere Termine in Nordrhein-Westfalen angesetzt.

Ein vom Hochwasser angeschwemmtes Auto lehnt an einem Baum in Bad Neuenahr während im Hintergrund der Fluss Ahr zu sehen ist.
Ein vom Hochwasser angeschwemmtes Auto lehnt an einem Baum in Bad Neuenahr während im Hintergrund der Fluss Ahr zu sehen ist. Philipp von Ditfurth/dpa

102.000 Menschen ohne Strom

Auch am Freitagnachmittag waren noch rund 102.000 Menschen ohne Strom. Das Unwetter und die daraus entstandenen Überflutungen sorgten weiterhin für Ausfälle in der Stromversorgung in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz, teilte der zum Eon-Konzern gehörende Energieversorger Westenergie in Essen mit.

Neben der Unterstützung von Einsatzkräften aus anderen Bundesländern helfen derzeit auch rund 900 Soldatinnen und Soldaten bei der Bewältigung der Katastrophe. Die Rettung von Menschenleben stehe dabei im Vordergrund, die Bundeswehr unterstütze aber auch mit Material, teilte die Streitkräftebasis in Bonn mit. Das Verteidigungsministerium hatte wegen der Notlage einen militärischen Katastrophenalarm ausgelöst. Damit könnten Entscheidungen von den Verantwortlichen am Ort schneller getroffen werden, so ein Sprecher.

In Dernau wurde dieser Wohnwagen in einen Garte gespült.
In Dernau wurde dieser Wohnwagen in einen Garte gespült. imago/Future Image

Rheinland-Pfalz stellte als kurzfristige Unterstützung 50 Millionen Euro bereit, um etwa Schäden an Straßen, Brücken und anderen Bauwerken zu beheben. Ministerpräsidentin Dreyer sagte im ZDF, für den Aufbau der betroffenen Landstriche sei auch die Hilfe des Bundes nötig. Die Bundesregierung will nach Auskunft des Finanzministeriums nächste Woche über Aufbauhilfen für Bürger und Kommunen entscheiden.

Hilfen für Härtefälle bei Privatleuten und Unternehmen

Laschet kündigte ein mehrstufiges Hilfsprogramm für die Opfer der Unwetterkatastrophe in NRW an. „Wir werden große finanzielle Kraftanstrengungen brauchen“, sagte der Unions-Kanzlerkandidat und NRW-Regierungschef nach der Sondersitzung seines Kabinetts. Die bisher für Soforthilfen bei Starkregen-Ereignissen zur Verfügung stehenden Mittel würden „bei weitem nicht ausreichen“. Gespräche über eine Beteiligung des Bundes liefen bereits.

Neben Hilfen für Härtefälle bei Privatleuten und Unternehmen seien Strukturhilfen für beschädigte Straßen und Anlagen nötig. Die Finanzverwaltung des Landes setzte zur Entlastung der vom Unwetter betroffenen Bürger einen Katastrophenerlass in Kraft. Damit können Wirtschaft und Privatpersonen Sonderabschreibungsmöglichkeiten für den Wiederaufbau nutzen.

Die Mosel hat die Stadt Zell geflutet. 
Die Mosel hat die Stadt Zell geflutet.  Sebastian Schmitt/dpa

Zum Gedenken an die Opfer der Unwetterkatastrophe sollen die Fahnen an zahlreichen Gebäuden in NRW bis Montag auf Halbmast wehen. NRW-Innenminister Reul ordnete am Freitag für alle Dienstgebäude des Landes, der Gemeinden und Gemeindeverbände Trauerbeflaggung an. In Rheinland-Pfalz sollten am Freitag die Fahnen an allen Behörden auf halbmast gesetzt werden.

Hilfsbereitschaft wächst 

Angesichts der enormen Schäden richtete die Landesregierung in Rheinland-Pfalz ein Spendenkonto für Betroffene ein. Der Chemiekonzern BASF spendet eine Million Euro zur Hilfe in den betroffenen Hochwasser-Regionen, die katholischen Erzbistümer Paderborn und Köln kündigten an, jeweils 100 000 Euro zu spenden. Nach einem Aufruf der Stadt Bonn, Unterkünfte anzubieten, gingen Hilfsangebote für mehr als 1000 Betroffene ein. Auch die Stadt Köln stellte kurzfristig Unterkünfte für 80 Menschen aus Erftstadt bereit.

In Baden-Württemberg machten Unwetter und Hochwasser den Menschen zu schaffen. In einigen Regionen wurden erneut Straßen gesperrt, im Allgäu stand ein Wohngebiet unter Wasser. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnte vor Starkregen und Gewittern etwa in Oberschwaben. Vor allem in kleineren Gewässern könne der Wasserstand schnell ansteigen.

Erftstadt: Autos liegen in einem ausgespültem Teil des Ortsteils Blessem. 
Erftstadt: Autos liegen in einem ausgespültem Teil des Ortsteils Blessem.  David Young/dpa

Laut Frühwarnprognose des Landesamts für Umwelt Rheinland-Pfalz sank die Hochwassergefahr zuletzt. Nur für das Einzugsgebiet der Ahr und der Zuflüsse der Unteren Sauer bestanden noch Warnungen. In NRW wird mit fallenden Wasserständen gerechnet, aber teils nur langsam. Die Pegelstände bewegten sich oft noch oberhalb der Warnschwellen, so das Landesumweltamt. Die Lage an der Steinbachtalsperre entspannte sich nach Auskunft des Kreises Euskirchen. Am Nachmittag hatte der Kreis gemeldet, dass eine Drohne keine kritischen Risse an dem Bauwerk entdeckt hatte.

Schiffe auf dem Rhein ausgebremst

Am Oberrhein wird das anhaltend starke Hochwasser die Schiffe nach Einschätzung des Wasserstraßen- und Schifffahrtsamts (WSA) in Freiburg noch mehrere Tage lang ausbremsen, teilte die Behörde am Freitag mit. Sie betreut die Wasserstraße zwischen Weil am Rhein an der Grenze zur Schweiz und dem Bereich zwischen Mainz und Ginsheim (Hessen). Der Zugverkehr in NRW und Rheinland-Pfalz ist noch immer stark beeinträchtigt. Zahlreiche Strecken sind nach Angaben der Deutschen Bahn komplett gesperrt oder nur eingeschränkt befahrbar.

Mit Hochwasser haben auch Nachbarländer Deutschlands zu kämpfen. In Belgien kamen durch das Unwetter mindestens 14 Menschen ums Leben, wie die Nachrichtenagentur Belga berichtete. In der Schweiz stiegen Flusspegel nach starken Regenfällen massiv an. Zum Schutz vor einer Hochwasserwelle haben im Süden der Niederlande am Freitag Tausende Menschen ihre Häuser und Wohnungen in Orten entlang der Maas verlassen müssen, in Venlo wurde ein Krankenhaus mit 200 Patienten vorsorglich evakuiert, teilten die Behörden mit.