Studie zeigt: Jeden Tag macht die Ölindustrie Gewinne von drei Milliarden Dollar – und sichert somit ihre Macht!
Ein belgischer Wissenschaftler hat die Zahlen der Öl- und Gasbranche unter die Lupe genommen. Sie zeigen ein düsteres Bild.

Kaum eine Branche auf der Welt ist so mächtig wie die Öl- und Gasindustrie. Das zeigt auch eine neue Studie. Laut dem belgischen Ingenieurswissenschaftler Aviel Verbruggen hat die Branche in den letzten 50 Jahren täglich 2,8 Milliarden Dollar reinen Gewinn gemacht. Der Autor sagt: Damit hat sie sich die Macht verschafft, „jeden Politiker, jedes System zu kaufen“ und Maßnahmen gegen die Klimakrise zu verzögern.
Öl-Riesen machen viel zu große Gewinne
Die Analyse des Wissenschaftlers beruht auf Daten der Weltbank und bezieht sich auf die wirtschaftliche Rendite, also das Geld, das nach dem Abzug der gesamten Produktionskosten bleibt. Verbruggens Studie wurde bislang noch nicht in einer wissenschaftlichen Zeitschrift veröffentlicht, dafür haben drei Experten des University College London, der London School of Economics und der Denkfabrik Carbon Tracker gegenüber dem britischen Guardian bereits bestätigt, dass es sich um eine genaue Analyse mit „erschütternden“ Ergebnissen handle.
In seiner Studie, die herausarbeitet, dass vor allem mit Öl riesige Gewinne gemacht werden, nennt Verbruggen die Gewinne der Petrostaaten und der Unternehmen aus der Branche „unverdient“. Es sein reiner Profit. „Sie eroberten ein Prozent des gesamten Reichtums der Welt, ohne etwas dafür zu tun.“
Das liege auch daran, dass die ölreichen Staaten wie Russland und Saudi-Arabien die Preise mit einer künstlichen Verknappung der Ressourcen stets gesteuert haben, um den Profit zu steigern. „Sie verändern die Fundamentaldaten des Marktes“, sagte der Wissenschaftler. Das werde sich 2022 noch einmal in ganz besonderem Maße zeigen, prophezeit der Wissenschaftler. Der durchschnittliche Jahresgewinn von 1970 bis 2020 betrug eine Billion US-Dollar, 2022 könnte es doppelt so viel sein.
Studie: Öl eigentlich 70 bis 80 Dollar pro Barrel zu teuer
Diese These wird von den aktuell steigenden Ölpreisen bestätigt. Am Dienstag kostete ein Barrel Öl 106,67 US-Dollar. Wenn alles verfügbare Öl und Gas frei auf den Markt gebracht werden könnte, würde der Preis für konventionelles Öl 20 bis 30 Dollar pro Barrel betragen, ist Verbrüggen sicher. Eine Einschätzung, die Mark Campanale von der Denkfabrik Carbon Tracker teilt. Dem Guardian sagte er: „Es ist bemerkenswert, dass inmitten einer durch Öl- und Gaspreise in Rekordhöhe verursachten Lebenshaltungskostenkrise sich dieser Fluss von Geld für eine relativ kleine Anzahl von Petrostaaten und Energieunternehmen in diesem Jahr verdoppeln wird.“ Dieser „Wahnsinn“ lasse sich nur durch einen Umstieg auf ein CO₂-neutrales Energiesystem auf Basis erneuerbarer Energien beenden.
Doch es sieht nicht danach aus, dass es dazu schnell kommen wird – und das hat direkt mit den Gewinnen für die Öl- und Gasbranche zu tun. Zum einen ist Studienautor Verbruggen sicher, dass die Unternehmen die Riesengewinne auch dafür nutzen, Einfluss auf die Politik zu nehmen. „Ich denke, das ist passiert“, sagte er dem Guardian. Ihr Geld schütze die Produzenten vor politischen Entscheidungen, die ihre Aktivitäten gefährden könnten.
Zweitens würden die Riesengewinne der Branche den klimafreundlichen Alternativen Geld entziehen. Verbrüggen: „In allen Ländern haben die Menschen so große Schwierigkeiten, nur die Gas- und Stromrechnungen und die Ölrechnung zu bezahlen, dass wir kein Geld mehr haben, um in erneuerbare Energien zu investieren.“
Experte fordert, mehr Unternehmensgewinne für Energiewende einzusetzen
Professor Paul Etkins vom University College London schlägt daher vor, dass die Öl- und Gas-Riesen einen weitaus größeren Teil ihrer Gewinne für die Umstellung auf kohlenstoffarme Energie investieren sollten als bisher. Alle bisherigen Bekundungen, dies zu tun, bezeichnet er als Greenwashing – also den Versuch, sich selbst klimafreundlicher darzustellen, als es in Wirklichkeit der Fall ist, und damit nach außen Werbung zu machen.
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Laut Mark Campanale fährt die Branche seit Jahren eine Verzögerungstaktik. So habe die Erde noch weit mehr Öl-, Gas- und Kohlereserven, als die Menschen noch verfeuern dürfen, wenn sie das 1,5-Grad-Ziel einhalten wollen. Laut dem Thinktank-Gründer würde das bedeuten, dass das 1,5-Grad-Ziel den Unternehmen rund 100 Billionen US-Dollar an möglichen Einnahmen verwehren würde. Diese Quelle will man offenbar nicht versiegen lassen, auch wenn das die Klimakrise, deren Auswirkungen wir derzeit durch Hitzewellen, Dürreperioden und Überschwemmungen schon spüren, immer weiter befeuert.