Studie aus Baden-Württemberg : Kinder sind weniger anfällig für Corona als ihre Eltern
Eine Studie mehrerer Universitätskliniken hat das Ansteckungsverhalten von Kindern und ihren Eltern untersucht. Die Politik hat bereits darauf reagiert.

Seit Monaten wird vor allem eine Frage diskutiert: Welche Rolle spielen Kinder bei der Ausbreitung des Coronavirus? Es ist auch eine Frage der Vorsicht, denn bei der jährlichen Grippe sind es tatsächlich Kinder, die das Virus weiter verteilen. Sie greifen Viren und Keime in der Kita auf und bringen sie nach Hause. Daher laufen viele Kitas und Schulen in Deutschland noch immer auf Sparflamme, während in vielen Bereichen des öffentlichen Lebens schon weitreichende Lockerungen auf den Weg gebracht wurden. Eine neue Studie lässt aber aufhorchen.
Kinder seien nicht als Treiber der Infektionswelle anzusehen, sagte Klaus-Michael Debatin, Ärztlicher Direktor der Kinderklinik am Universitätsklinikum Ulm. Gemeinsam mit Forschern der Unikliniken in Freiburg, Tübingen und Heidelberg hat er an der Studie gearbeitet, die zwar noch nicht in einem Fachjournal publiziert wurde, aber am Dienstag von der Landesregierung Baden-Württembergs veröffentlicht wurde.

Für die Studie waren etwa 5000 Menschen ohne Corona-Symptome auf das Virus und auf Antikörper dagegen getestet worden: rund 2500 Kinder unter zehn Jahren und je ein Elternteil. Im Untersuchungszeitraum von 22. April bis 15. Mai war aktuell nur ein Elternteil-Kind-Paar infiziert. 64 Getestete hatten Antikörper gebildet und weitgehend unbemerkt eine Corona-Infektion durchlaufen, was einer Häufigkeit von 1,3 Prozent entspricht. Darunter befanden sich 45 Erwachsene und 19 Kinder. Erwachsene hatten sich also doppelt so oft mit dem Virus angesteckt, als Kinder.
Zudem zeige die Studie, dass Kinder, die in der Lockdownphase in der Notbetreuung waren, sich nicht häufiger infiziert hätten, erklärte Hals-Georg Kräusslich, Leiter der Virologie der Uniklinik Heidelberg. Insgesamt verliefen Corona-Erkrankungen bei Kindern besonders mild, was die Mediziner auf ein besseres Immunsystem zurückführten.
Landesregierung reagiert auf die Corona-Studie
Die Reaktion aus der Politik folgte prompt: Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) lobte die Wissenschaftler für die schnelle Auswertung. Auf Grundlage der Studie beschloss das baden-württembergische Kabinett am Dienstag eine Öffnung von Kitas und Grundschulen ab dem 29. Juni - also noch in diesem Schuljahr. Die Sommerferien beginnen in dem Bundesland erst Ende Juli.
Die Untersuchung basierte auf Eltern-Kind-Paaren, die keine bekannte Covid-19-Infektion haben durften und sich freiwillig melden konnten. Nach Angaben der Wissenschaftler gab es weltweit bisher keine Studie mit so vielen Teilnehmern zu dieser Frage.
Diese Studie steht im Übrigen nicht im Widerspruch zur viel beachteten und von der "Bild" skandalisierten Studie des Charité-Virologen Christian Drosten. Dessen Studie hatte die Viruslast im Rachenbereich bei Kindern untersucht und war zu dem Ergebnis gekommen, dass es keinen signifikanten Unterschied zwischen der Viruslast bei Kindern und Erwachsenen gebe.