Drohung, Nötigung, Widerstand gegen die Staatsgewalt

Skandal-Prinz Ernst August vom Landsitz verbannt

Der Urenkel des letzten deutschen Kaisers Wilhelm II. hat die österreichische Polizei im vergangenen Sommer ganz schon auf Trab gehalten.

Teilen
Prinz Ernst August auf dem Weg in den Gerichtssaal.
Prinz Ernst August auf dem Weg in den Gerichtssaal.AFP/Werner Kerschbaummayr

Die Maske durfte der Welfenprinz auf dem Stuhl in der Mitte des Schwurgerichtssaals abnehmen. Sie wolle seine Mimik sehen, sagte Richterin Teresa Bergthaler. Doch zu einer wirklichen Befragung kam es gestern vor dem Landgericht Wels in Österreich nicht. Der 67-Jährige verlas zunächst eine Entschuldigung. „Ich übernehme die Verantwortung, bedauere das Geschehene außerordentlich und bin bereit, für die Schäden aufzukommen“, sagte er. Nach zehn Zeugen und knapp sieben Stunden Verhandlung das Urteil: Wegen verbaler und tätlicher Attacken auf Polizisten und ein Verwalter-Ehepaar im Zustand voller Berauschung erhielt der Welfenprinz zehn Monate Haft auf Bewährung. „Sie müssen nicht ins Gefängnis“, beruhigte ihn die Richterin. Dem Urenkel des letzten deutschen Kaisers hatten bis zu drei Jahre Haft gedroht.

Besonders schmerzlich für Ernst August ist das zum Schutz der Verwalter-Familie ausgesprochene gerichtliche Verbot, in den nächsten drei Jahren an seinem bisherigen Wohnsitz im Almtal zu leben. „Unmöglich“, „undenkbar“, reagierte der Welfenprinz auf diesen Teil des Urteils entsetzt. Er lebe dort seit 50 Jahren.

Lesen Sie auch: Die nächste Eskapade: Ernst August von Hannover in Österreich festgenommen >>

Der Tag hatte mit einem besonderen Hinweis begonnen. „Ich spreche sie als „Herr Hannover“ an, machte die Richterin zu Beginn klar. In Österreich sind Adelstitel seit 1919 verboten. Ernst August seinerseits berief sich als ehemaliger Krebspatient auf seine berechtigte Furcht vor Corona und verließ bis zum Urteil den Saal.

Der Prozess war mit Spannung erwartet worden. Die 20 Plätze im Saal waren für Pressevertreter nicht zuletzt aus Deutschland reserviert. Und die Medien spielten gleich eine Hauptrolle. Die Verteidigung wiederholte ihren Vorwurf einer „Vorverurteilung“ durch die Berichterstattung in Zeitungen und Magazinen. Das ließ die Staatsanwaltschaft nicht gelten. Die Ermittlungen seien völlig objektiv geführt worden. „Es gab weder einen Promi-Bonus noch gereichte ihm sein Name zum Nachteil“, so die Vertreterin der Anklage.

Was die Zeugen über den Spross einer der ältesten Fürstenfamilien Europas erzählten, war wenig schmeichelhaft. Vom 67-Jährigen wurde das Bild eines fallweise cholerischen, aufbrausenden Wüterichs gezeichnet, der in seiner Rage mit obszönen Schimpfwörtern um sich warf und auch zu Gegenständen griff, die funktional eine Waffe sind.

Es ging um mehrere Vorfälle im Sommer 2020. Ausgangspunkt war der Notruf eines als verwirrt eingeschätzten älteren Herrn bei der Polizei, der sich bedroht fühlte und sich als krank bezeichnet hatte. Beim Eintreffen der Streife auf dem idyllischen oberösterreichischen Anwesen des Anrufers, der sich als Ernst August herausstellte, wurden die Beamten zunächst Zeugen eines aggressiven Auftretens des Angeklagten gegen den dort wohnenden Verwalter. Die Wut des offenkundig betrunkenen Prinzen richtete sich dann aber schnell gegen die Polizisten.

„Er hat mir ins Gesicht geschlagen“, sagte einer der Polizisten aus. Seinen Kollegen soll Ernst August mit beiden Händen am Kopf gepackt haben, bevor er selbst in einer Abwehrhandlung des Beamten zu Boden stürzte. Außerdem sei er auf die Beamten mit einem Messerschleifer losgegangen, den sie ihm aus der Hand geschlagen hätten, so die Zeugen. Der Welfenprinz habe zigfach Drohungen geäußert. Er werde seine Söldner schicken und die Beamten umbringen lassen. „Auch unsere Familien wurden von ihm bedroht“, sagte ein Beamter aus.

Der Vorfall Ende Juli war der Auftakt zu weiteren Eskalationen. Als die Beamten das gegen den Welfenprinzen ausgesprochene Waffenverbot vollstrecken und ihm die Lang- und Kurzwaffen abnehmen wollten, habe er erneut getobt und wüste Beschimpfungen geäußert. Schließlich – Wochen später – hat er laut Gericht eine zuvor bei seinem Anwesen eingesetzte Polizistin bedroht. Aus einem Taxi heraus habe er ihr mit einem mitgeführten Baseballschläger zu verstehen gegeben, dass er ihr den Schädel einschlagen werde, erklärte die Beamtin vor Gericht. „Er wirkte sehr klar, wie bei einem Rachefeldzug.“

Die Verteidigung verwies mehrfach auf die Entschuldigung des 67-Jährigen. Und sie betonte, dass er sich nach einer Krebsoperation und wegen eines Konflikts mit seinem Sohn in einer Ausnahmesituation befunden habe. „Er fühlte sich im Stich gelassen“, so einer seiner Verteidiger.