Polizei bestätigt „Sekundenklebertransportverbot“ gegen Klimakleber: DAS sagt ein Anwalt dazu
Im Netz ging ein Video viral, auf dem ein Klimakleber erzählt, er müsse 1000 Euro zahlen, weil er Sekundenkleber dabeihätte. Die Polizei bestätigte das gegenüber dem KURIER.

Dieses Video sorgte für Verwunderung. Am Dienstagabend posteten die Klima-Aktivisten der Letzten Generation ein Video, das seither vielfach geteilt wurde. Darauf zu sehen ist ein Mann im schwarzen Mantel, dessen Personalien offenbar gerade von der Polizei aufgenommen werden. Er erklärt, dass er ein „Sekundenklebertransportverbot“ für die Stadt München habe. Das würde bedeuten, dass er „1000 Euro Strafe“ zahlen müsse, nur weil er einen Sekundenkleber, den er nicht benutzt hatte, mit sich führte.
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Das Video machte die Runde und wurde mehrfach aufgegriffen. Manchmal hämisch, mal humoristisch und teilweise auch voller Unverständnis. Denn kann es wirklich sein, dass Menschen verboten wird, einen Alltagsgegenstand mit sich zu führen? Der KURIER fragte bei der Münchener Polizei nach – und die Antwort lautete: Ja!
„Sekundenklebertransportverbot“: Polizei bestätigt Anordnung gegen Klimakleber
Tatsächlich bestätigte ein Sprecher der Münchener Polizei, dass gegen sieben Personen Anordnung erlassen worden seien, die „das Mitführen, Transportieren und Benutzen von Sekundenklebern und vergleichbaren Klebstoffen im Stadtgebiet München untersagen“. Bei einem Verstoß gegen diese Anordnungen werde ein Zwangsgeld fällig – und zwar in Höhe von 1000 Euro.
Die Münchener Polizei legt Wert darauf, dass es sich bei den 1000 Euro um ein Zwangsgeld, nicht um eine Strafe oder ein Bußgeld handelt. Bei dem Zwangsgeld handelt es sich laut dem Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz (VwVG) um eine von drei Möglichkeiten, Menschen durch die Beugung seines Willens zu einem bestimmten Verhalten zu zwingen. Zwangsgeld darf demnach maximal 25.000 Euro betragen. Sollte der Adressat des Zwangsgeldes wie gewünscht handeln, wird das Geld nicht fällig, andernfalls schon. Kann der Betrag nicht gezahlt werden, kann dies durch Ersatz-Zwangshaft beglichen werden.
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Zwangsgeld gegen Klimakleber: So kam es zur Anordnung
Wichtig ist: In Paragraph 9 des VwVG heißt es: „Das Zwangsmittel muß in einem angemessenen Verhältnis zu seinem Zweck stehen. Dabei ist das Zwangsmittel möglichst so zu bestimmen, daß der Betroffene und die Allgemeinheit am wenigsten beeinträchtigt werden.(sic!)“
Die Münchener Polizei sieht das hier gegeben. „Für die Auswahl der Maßnahme war maßgeblich, dass mit der getroffenen Anordnung ein Ausgleich zwischen den Interessen der Betroffenen und den Interessen der Stadtgesellschaft geschaffen wird“, teilte ein Sprecher dem KURIER mit. Erlassen wurden die zeitlich befristeten Zwangsgeld-Bescheide vom Kreisverwaltungsreferat der Stadt München. Wie lange die Frist andauert, teilte die Polizei nicht mit.
Es gehe den Börden darum, weiterer Straftaten zu verhüten, teilte der Sprecher mit. Es handelt sich also um eine Präventivmaßnahme. Im Herbst waren Aktivisten noch präventiv inhaftiert worden. Der Sprecher weiter: Die Meinungs- und Versammlungsfreiheit der Betroffenen werde durch die Anordnung nicht eingeschränkt. Auch sei es möglich, eine Ausnahmegenehmigung von der Anordnung zu beantragen. Etwa, wenn Sekundenkleber für berufliche Zwecke durchs Münchener Stadtgebiet transportiert werden soll.
„Sekundenklebertransportverbot“ für Klimakleber: Das sagt ein Anwalt
Der Potsdamer Anwalt Stephan Berndt hält das Vorgehen der Stadt München und der Polizei dabei durchaus für gerechtfertigt. „Die Wegnahme des Tatwerkzeugs – hier des Sekundenklebers – zum Zwecke der Vermeidung von drohenden Straftaten (Nötigung), ist aber grundsätzlich polizeirechtlich möglich“, sagte er dem KURIER.
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Dass die Polizei das Begehen von Straftaten mit Anordnungen zu verhindern versucht, sei auch aus anderen Bereichen des täglichen Lebens bekannt. Auch der Platzverweis oder das Kontaktverbot seien polizeiliche Anordnungen, die zu einem Zwangsgeld führen können. Beispiele seien „die polizeiliche Anordnung, gefährliche Gegenstände nicht auf Festgelände mitzunehmen“ oder „einem offensichtlich Betrunkenen polizeilich die Nutzung seines Fahrrades zu untersagen“.
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Der Klimaaktivist aus dem Video wirkte übrigens nicht, als würde das Zwangsgeld ihn abschrecken. Er kündigte bereits an, öffentlichkeitswirksam Sekundenkleber durch München transportieren zu wollen.