Seenotrettung auf dem Mittelmeer immer schwieriger: Schiff mit 428 Flüchtlingen darf nach vielen Tagen an Land
Immer wieder machen sich Menschen auf die gefährliche Überfahrt, obwohl die EU den Menschen immer mehr Steine in den Weg legt.

Das Mittelmeer ist eine der gefährlichsten Fluchtrouten der Welt und dennoch machen sich besonders in den Sommermonaten beinahe täglich Menschen auf, um doch zu versuchen nach Europa zu kommen. Sie fliehen vor Krieg, Verfolgung, Hunger und lassen sich dabei nicht einmal von der restriktiven Flüchtlingspolitik der EU abschrecken. Nun haben es über Umwege wieder 428 Menschen nach Italien geschafft, doch für diese Menschen lassen viele weitere ihr Leben.
Seenotrettung auf dem Mittelmeer: Italien nimmt 428 Geflüchtete auf
Am späten Freitagabend meldete das zivile Seenotrettungsschiff „Sea-Watch 3“, dass die italienischen Behörden dem Schiff den Hafen Reggio di Calabria zugewiesen hätten. Auf dem Schiff befanden sich zu dem Zeitpunkt bereits seit vielen Tagen 428 Geflüchtete. Laut den Seenotrettern befanden sich darunter auch viele Kinder und Minderjährige. Ein Baby habe sogar ein Drittel seines Lebens damit verbracht, auf der „Sea-Watch 3“ auszuharren.
Was nun auf die 428 Menschen wartet, ist unklar. Sie werden zunächst in Aufnahmezentren kommen. Wie sie dort behandelt werden, hängt davon ab, wohin sie kommen. Es gibt große Unterschiede zwischen den Lagern.
Seenotrettung auf dem Mittelmeer: Viele Geflüchtete harren noch aus
Unterdessen harren auf zwei anderen zivilen Rettungsschiffen, der „Humanity 1“ und der „Open Arms“ noch mehr als 430 Geflüchtete aus. Viele von ihnen seien Kinder, teilen die Hilfsorganisationen mit, die ebenfalls bereits seit vielen Tagen auf dem Mittelmeer unterwegs sind. Bislang wurde ihnen kein Hafen zugewiesen.
Die Organisation Sea-Watch kritisiert, dass „die Unfähigkeit der EU, sich auf solidarische Verteilungsmechanismen zu einigen, auf dem Rücken von Schutz suchenden Menschen ausgetragen“ werde. Italien und Griechenland fühlen sich mangels eines geregelten Verteilmechanismus alleingelassen mit der Betreuung der Geflüchteten, für die es kaum einen anderen Weg in die EU gibt, als die gefährliche Route über das Mittelmeer zu nehmen. Allein in diesem Jahr sind laut offiziellen Zählungen bereits 1297 Menschen bei der Überfahrt gestorben. Die Dunkelziffer ist riesig.
Doch die EU macht den Weg über das Mittelmeer nicht sicherer, sondern noch gefährlicher. Recherchen mehrerer Medien, darunter des Spiegel, belegen illegale Pushbacks – also das teils gewaltsame Zurückstoßen von Geflüchteten, die bereits europäischen Boden betreten haben und einen Antrag auf Asyl stellen wollen – vor den griechischen Inseln.
Seenotrettung auf dem Mittelmeer: EU unterstützt „libysche Küstenwache“
Vor Italien, wo der Weg über das Mittelmeer länger ist, als zwischen dem türkischen Festland und den griechischen Inseln, setzt die EU hingegen auf die sogenannte libysche Küstenwache. Mehrere Recherchen belegen, dass die EU diese Milizen mit Ausrüstung, Schiffen und Informationen über den Aufenthaltsstandort von Geflüchteten unterstütze.
Dabei gehen die libyschen Küstenwächter oft mit großer Brutalität gegen die Geflüchteten, aber auch gegen zivile Seenotretter vor. Die Menschen, die von der sogenannten Küstenwache nach Libyen verschleppt werden, werden dort oftmals inhaftiert, laut Recherchen mehrerer Medien und Organisationen kommt es dort auch zu Folter.
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Und aus Italien droht neues Ungemach: Im Jahr 2018 hatte der damalige rechtsextreme Innenminister Matteo Salvini (Lega) die zivile Seenotrettung kriminalisiert, erst 2020 hatte die demokratische Nachfolgerregierung das wieder rückgängig gemacht. Doch die Parlamentswahlen in Italien werfen ihre Schatten voraus: Salvini und die Postfaschistin Giorgia Meloni greifen beide nach der Macht, wer auch immer sie gewinnt, Geflüchtete und Migranten werden die Leidtragenden sein.