Ungerecht oder Pech gehabt?
Schlecht verhandelt? Wann darf der Arbeitgeber einer Frau wirklich weniger Gehalt zahlen als ihrem Kollegen?
Der Mann – gleiche Qualifikation, gleiche Aufgaben, gleiche Verantwortung – bekommt mal eben 1000 Euro mehr Gehalt als sie. Ist das gerecht? Darf der Arbeitgeber so ungleich bezahlen?

Sie sitzen mit ihrem potenziell neuen Arbeitgeber zusammen. Er will Sie einstellen, bietet 3500 Euro. Sie sagen zu, beginnen Ihren Job. Alles läuft toll. Auch der neue Kollege am Nebenplatz ist nett. Er ist zweieinhalb Monate länger da als Sie. Sie kommen ins Gespräch. Und erfahren plötzlich, dass der junge Mann – gleiche Qualifikation, gleiche Aufgaben, gleiche Verantwortung – mal eben 1000 Euro mehr verdient als Sie. Ist das gerecht? Und vor allem: Bekommt der nur deshalb mehr, weil er eben ein Mann ist?
Lesen Sie auch: Winter-Comeback, Kälte-Keule, Küsten-Orkan? Jetzt dreht das Wetter richtig durch >>
Um genau diese Frage geht es am Donnerstag vor dem höchsten deutschen Arbeitsrichter in Erfurt. Verhandelt wird vom Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) wegen Entgeltdiskriminierung. Die Frau, die von 2017 bis 2019 bei der Metallfirma gearbeitet hat, sieht sich wegen ihres Geschlechts benachteiligt. Sie verlangt eine Nachzahlung von 14.500 Euro und eine angemessene Entschädigung für die erlittene Diskriminierung. Das Gericht solle prüfen, ob es sich um einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz handele.
Meistgelesen
Liebe, Geld, Job & Co.
Das große Horoskop für das Sternzeichen Wassermann im Oktober
Rezept des Tages
Geniales Rezept für Kartoffelsuppe: So deftig, fein und lecker
Rezept des Tages
Geniales Rezept für Käse-Lauch-Suppe: So würzig und supercremig
Liebe, Geld, Job & Co.
Das große Horoskop für das Sternzeichen Fische im Oktober
Lesen Sie auch: Ärzte-Pfusch im großen Stil: Hunderte Behandlungsfehler täglich – und was Sie tun können, wenn Sie betroffen sind >>
Arbeitgeber pocht auf Vertragsfreiheit
Denn: Ihr Ex-Arbeitgeber sieht die Sache natürlich ganz anders. Er begründete den großen Gehaltsunterschied damit, dass sie bei ihrer Einstellung schlechter verhandelt habe als ihr männlicher Kollege. Beiden sei zunächst das gleiche Gehaltsangebot gemacht worden. Der Arbeitgeber berief sich bei der unterschiedlichen Bezahlung auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit – und hatte damit Erfolg beim Arbeits- und Landesarbeitsgericht in Sachsen.
Lesen Sie auch: Dom Promthep (17) wurde in Thailand aus der überschwemmten Tham Luang-Höhle gerettet – nun ist er tot! >>

Nun muss also geprüft werden, ob es möglicherweise objektive, geschlechtsneutrale Gründe für eine geringere Bezahlung gab und ob sich der Arbeitgeber darauf zurückziehen kann, dass der Klägerin ja das gleiche Grundgehalt angeboten wurde wie ihrem Kollegen. „Kann Verhandlungsgeschick den Ausschlag für Verdienstunterschiede geben“, fragt Sarah Lincoln von der Gesellschaft für Freiheitsrechte, die die Klägerin auf ihrem Weg unterstützt.
Lesen Sie auch: Verurteilt: Der Nachbar, der mit Sekundenkleber ein ganzes Mietshaus leimte >>
Frauen verdienen in Deutschland weniger als Männer
Noch ist die unterschiedliche Bezahlung von Frauen und Männern keine Seltenheit in Deutschland – der geschlechterspezifische Verdienstabstand lag laut Statistischem Bundesamt im vergangenen Jahr bei 18 Prozent. Frauen erhielten demnach 2022 mit durchschnittlich 20,05 Euro einen um 4,31 Euro geringeren Bruttostundenverdienst als Männer mit 24,36 Euro. Knapp zwei Drittel der Lohnlücke erklärt das Statistikamt mit höheren Teilzeitquoten und geringeren Gehältern in frauentypischen Berufen. Es bleibt eine bereinigte Lücke von rund 7 Prozent des Brutto-Stundenlohns ohne eindeutige Erklärung.
Lesen Sie auch: „Let’s Dance“-Kandidatin Sally Özcan: Mit einem Nusszopf-Rezept zu Millionärin! >>
2006 hatte der Abstand noch 23 Prozent betragen. In Ostdeutschland, wo der Fall spielt, ist die Lohnlücke kleiner als in Westdeutschland: 7 Prozent, im Westen 19 Prozent.