Am ersten Jahrestag des rechtsextremen Terroranschlags zog diese Demonstration durch Hanau.
Am ersten Jahrestag des rechtsextremen Terroranschlags zog diese Demonstration durch Hanau. Foto: Imago/Moritz Kegler

Etwas mehr als 13 Monate ist der rassistisch motivierte Terroranschlag von Hanau nun her. Während die Mehrheitsgesellschaft in Deutschland kaum noch an den Tag zurückdenkt, stellte der 19. Februar 2020 für viele rassifizierte Menschen mit Diskriminierungserfahrungen eine Zäsur dar. Sie fühlen sich mehr noch als zuvor bedroht, ausgestoßen und alleingelassen. Das gilt insbesondere für die Angehörigen der neun Opfer der Terror-Nacht, die in den vergangenen Monaten in Eigenrecherche zahlreiche Verfehlungen der Sicherheitsbehörden aufgedeckt haben. Nun stellen sie dem hessischen Innenministerium gemeinsam mit zwei Namhaften Anwälten ein Ultimatum.

Haben Versäumnisse bei der Polizei den Terror von Hanau begünstigt?

Der ehemalige hessische Justizminister Rupert von Plottnitz, sowie der Staatsrechtler Prof. Dr. Dr. Günter Frankenberg unterschrieben mit einem Vertreter der Familien der Opfer ein Aufforderungsschreiben an das hessische Innenministerium, in dem sie den Polizeibehörden vorwerfen, „die Mordtaten des Täters in Hanau durch amtspflichtwidrige Versäumnisse begünstigt bzw. nicht verhindert zu haben“. 

Dazu weisen sie ebenso auf Berichte über eine mit Wissen der Polizei versperrte Notausgangstür am zweiten Tatort im Stadtteil Kesselstadt hin, wie auf „die technisch unzulängliche und unterbesetzte Notrufanlage“ und die „pflichtwidrige Vorbereitung der Obduktionen“, die die postmortale Würde der Verstorbenen verletzt habe. Zudem sei „im Falle eines Opfers nachweislich die Vitalfunktionen nicht rechtzeitig überprüft worden, was eine unterlassene Vergewisserung durch die Polizeikräfte darstelle“, heißt es in einer Mitteilung der Vertreter der Opfer-Familien.

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Darin heißt es auch: Die Vertreter der Familien und ihre Anwälte erheben Dienstaufsichtsbeschwerde. Dabei werde dem hessischen Innenministerium eine Frist bis zum 23. April 2021 gesetzt, um „die durch die genannten Versäumnisse verursachten materiellen und immateriellen Schäden auszugleichen“.

Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) hatte die Polizeiarbeit in der Terrornacht von Hanau stets gelobt. Doch das wollen die Hinterbliebenen der Opfer nicht so stehen lassen. „Entgegen den Behauptungen des Innenministers gab es aus unserer Sicht gravierende Versäumnisse und Fehlleistungen von Behörden, für die das Land Hessen verantwortlich ist“, lassen sich die Anwälte Rupert von Plottnitz und Günther Frankenberg zitieren. Dass es sich bei der Frist um ein Ultimatum handelt, macht Armin Kurtović, der Vater des getöteten Hamza Kurtović deutlich: „Sollte das Innenministerium sich erneut weigern, auf die von unseren Rechtsanwälten dargelegten Versagenspunkte einzugehen, werden wir beim zuständigen Gericht eine Amtshaftungsklage einreichen.“

Nach einem Jahr des Hinhaltens ist die Geduld der Hinterbliebenen am Ende.