Rassismus auf dem Immobilienmarkt: Haus war mit weißer (Fake-)Besitzerin plötzlich eine halbe Million mehr wert
Für eine Refinanzierung ihres Hauses wollten Tenisha Tate-Austin und Paul Austin ihr Haus schätzen lassen. Weil sie den Preis nicht glauben konnten, wagten sie ein Experiment.

Es ist nur die traurige Spitze des Eisbergs, wenn Menschen aus rassistischen Motiven beleidigt, angegriffen und getötet werden. Doch auch im Alltag sind nicht-weiße Menschen immer wieder struktureller Diskriminierung und Ungleichbehandlung ausgesetzt. Sei es im Job, in der Schule, bei der Gesundheitsversorgung oder auf dem Wohnungsmarkt. Immer wieder berichten Schwarze Menschen auch in Deutschland von Nachteilen bei der Wohnungssuche. Dass auch besserverdienende Schwarze Familien Rassismus ausgesetzt sind, zeigt nun ein Fall aus den USA.
Rassistisches Immobiliengutachten in den USA
Wie der Sender CBS berichtet, haben die Hauseigentümer Tenisha Tate-Austin und Paul Austin im Jahr 2016 in Marin City, einem Vorort von San Francisco für 550.000 US-Dollar ein Haus gekauft, es renoviert und mit einem Anbau versehen. Einer Schätzung nach aus dem Jahr 2019 hatte das gesamte Anwesen laute einem Gutachten einen Wert von rund 1,45 Millionen Dollar. Als die Zinsen im Jahr 2020 einen historischen Tiefpunkt erreichten, entschieden sich die beiden für eine Refinanzierung, um von den niedrigen Zinsen zu profitieren, doch ein Gutachter schätzte das Haus plötzlich nur noch auf 995.000 Dollar.
Tenisha Tate-Austin und Paul Austin konnten es nicht glauben und wagten ein Experiment: Was wäre das Haus wohl wert, wenn die Besitzer nicht Schwarz wären? Sie überzeugten eine weiße Freundin davon, sich als Hausbesitzerin auszugeben und entfernten alle Spuren von sich selbst aus ihrem Haus. Das Ergebnis war eindeutig: Die neue Schätzung, die von einem anderen Gutachter durchgeführt wurde, belief sich auf 1,48 Millionen Dollar – also rund eine halbe Million Dollar mehr als das erste Gutachten.
Hauseigentümer hatten bereits mit Rassismus gerechnet
So traurig das Ergebnis des Experiments klingt, so wenig überrascht waren die Hauseigentümer. „Du fühlst ein Gefühl der Erleichterung wie: ‚Ich habe es dir gesagt.‘ Dann verspürt man einfach ein Gefühl der Traurigkeit“, sagte Tenisha Tate-Austin dem US-Sender CBS. Es sei ihnen nicht leicht gefallen, aber sie hätten diesen Schritt gehen müssen, um das Haus so bewerten zu lassen, „wie es von Anfang an hätte bewertet werden sollen“.
Die Belastungen beträfen dabei nicht nur die finanziellen Auswirkungen der Diskriminierung, es gehe auch um die emotionalen Folgen. „Es ist das tägliche Gefühl, die Bürde, in diesem Land Afroamerikaner zu sein.“
Denn tatsächlich sind Tenisha Tate-Austin und Paul Austin nicht die ersten Hauseigentümer in den USA, die sich für die Schätzung oder den Verkauf ihres Hauses selbst verleugnen, um einen finanziellen Nachteil abzuwenden. Der Prozess hat sogar ein eigenes Wort: „White-Washing“, also das Weißwaschen eines Hauses, um Diskriminierungen zu entgehen.
Rassismus ist in der Immobilienbranche weit verbreitet
Tatsächlich zeigt eine Studie der Federal Home Loan Mortgage Corporation aus dem Jahr 2021, die 12 Millionen Immobilienbewertungen unter die Lupe nahm, dass Häuser in verstärkt von Schwarzen oder hispanischen Menschen bewohnten Vierteln routinemäßig unterbewertet waren. Laut Angaben des US-Bureau of Labor Statistics sind 92,4 Prozent der Hausgutachter weiß.
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Tenisha Tate-Austin und Paul Austin entschieden sich, das Bewertungsunternehmen, dass die erste Bewertung abgegeben hatte, wegen Diskriminierung zu verklagen. Am Mittwoch kam es in dem Fall zu einem Vergleich. Der Betrag wurde nicht genannt. Zusätzlich muss das Unternehmen an einer Schulung zur Geschichte der Rassendiskriminierung in der Immobilienwelt teilnehmen.