Protest gegen Klimacamp – dieses Dorf will abgebaggert werden!
Mühlrose soll einem Tagebau weichen - zum Missfallen von Klimaaktivisten. Doch ausgerechnet die Dorfbewohner protestieren nun für das Abbaggern.

Es scheint fast absurd, doch in Sachsen ist es möglich! Ein Dorf, das für einen Tagebau abgebaggert werden soll, protestiert nicht etwa gegen die Abbaggerung. Stattdessen protestierten viele der Ortsbewohner und Gäste am Sonntag gegen ein geplantes Klimacamp, das sich gegen die Abbaggerung des Dorfes richtet.
Die Anwohner haben Sorgen, dass sich das Klimacamp zu einem Problem entwickeln könnte, wie es im nordrhein-westfälischen Lützerath passiert ist.
Lesen Sie auch: Giffey strahlt – SPD-Mitglieder schwanken zwischen Alk und Austritt >>
Bürgermeister verteidigt Mehrheitsentscheidung zu Umsiedlung und Abbaggerung
Um gegen die Klima-Aktivisten ein Zeichen zu setzen, versammelten sich knapp 250 Menschen aus den Gemeinden Trebendorf und Schleife im Landkreis Görlitz zu einer Menschenkette durch das Dorf Mühlrose. „Die Umsiedlung von Mühlrose und die Wahl des neuen Ansiedlungsstandortes in der Nachbargemeinde Schleife waren deutliche Mehrheitsentscheidungen der Mühlroser“, sagte der Bürgermeister der Gemeinde Schleife Jörg Funda. Diese wurden dem CDU-Politiker zufolge nach einer ausführlichen und genauen Abwägung getroffen.
Trotz des bis 2038 vereinbarten Kohleausstiegs soll Mühlrose als einer der letzten Orte dem Tagebau weichen, weil ab Ende der 2020er Jahre die unter dem Dorf liegende Braunkohle durch den Tagebau Nochten gefördert werden soll. Damit soll die Versorgung des Kraftwerksstandortes Boxberg langfristig gesichert werden.
Klimagegner treffen auf Anwohner: „Wollen uns nicht dort haben“
Gegner führen an, dass das Sonderfeld Mühlrose angesichts des Ausstiegs und laut einem Gutachten nicht mehr gebraucht werde. Klimaaktivisten wollen diese Woche in Mühlrose deshalb ein Klimacamp aufbauen, um ein Zeichen gegen den dortigen Kohleabbau zu setzen.
Jetzt auch lesen: Klima-Kleber blockieren, Autohersteller feiern >>
Doch die Aktivisten der Aktion Rosi bleibt berichteten bereits am Donnerstag, dass die Vorbereitungen für die Errichtung des Klimacamps äußerst schwierig seien. So habe ein Auto des Wachschutzes der Braunkohlefördergesellschaft LEAG die Aktivisten stundenlang verfolgt. Gespräche mit Anwohnern seien „enttäuschend“ verlaufen. Die Polizei hätte sie kontrolliert. Sie seien auf weitere Menschen gestoßen. „Diese machten uns klar, dass man uns nicht dort haben wolle“, so die Klimaschützer.

Bürgerbefragungen ergaben Mehrheit für Umsiedlungen
Bei der Menschenkette am Sonntag wurde auch noch einmal deutlich, warum die Anwohner keinen Bock auf Klimacamp haben. Viele Jahre hatten die Anwohner für den Erhalt von Mühlrose gekämpft.
Doch als klar wurde, dass das Dorf sowieso weichen würde, schwenkte die Zustimmung um. 2006 sprachen sich sogar 87 Prozent für eine Umsiedlung aus. Die Anwohner wurden oder werden entschädigt, bekommen zum Teil neue Häuser. Für viele Anwohner zerrt die jahrelange Hängepartie an den Nerven. „Eine weitere Verzögerung der Umsiedlung wäre für uns, die weg wollen, das Schlimmste“, sagte der Mühlroser Ernst-Gerd Paufler 2019 TAG24.
Der amtierende Bürgermeister der Gemeinde Trebendorf, Robert Sprejz, erwartet deshalb „Respekt vor den Gefühlen der Mühlroser Bürger“. Die Mehrheit hätte sich durch Bürgerbefragungen für die Umsiedlung entschieden. Diese Entscheidung müsse nun auch respektiert werden.

Angst vor neuem Lützerath
Zudem befürchten die beiden Gemeinden ähnliche Entwicklungen wie im nordrhein-westfälischen Lützerath. Im Rheinischen Revier kam es im Januar zu Widerstand und Protesten, als die Polizei mehrere Tage lang das Klimacamp von Kohlegegnern räumte, damit der Energiekonzern RWE die darunter liegende Braunkohle abbaggern kann.
Lesen Sie auch: Deutschland weist Diplomaten aus – Russland holt sie mit Flugzeug ab >>
Sachsens Energie- und Klimaschutzminister Wolfram Günther schloss im Januar eine Entwicklung wie in Lützerath für das Dorf Mühlrose aus. Dem Grünen-Politiker zufolge sei die Situation in der Lausitz eine grundsätzlich andere. Mühlrose scheint ihm recht zu geben.