Prozess

Polizist soll krebskranken Mann um 83.000 Euro betrogen haben

In Würzburg steht ein Polizist vor Gericht, der seinen krebskranken Vermieter abgezockt haben soll. Doch die Geschichte, die der Beamte schildert, klingt ganz anders.

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Ein wegen Betruges und Drogenbesitzes angeklagter Polizist wartet im Sitzungssaal auf den Prozessbeginn.
Ein wegen Betruges und Drogenbesitzes angeklagter Polizist wartet im Sitzungssaal auf den Prozessbeginn.dpa/Nicolas Armer

Der sportlich gebaute, glatzköpfige Mann ergriff direkt das Wort. Mit ernster Stimme bestritt der vor dem Amtsgericht Würzburg angeklagte Polizeibeamte, dass er seinen todkranken Vermieter abgezockt habe. Der 42-Jährige holte zum Prozessauftakt am Mittwoch weit aus, um die Betrugsvorwürfe zu entkräften. Trotzdem blieben nach seiner eineinhalbstündigen Aussage wesentliche Fragen unbeantwortet.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem Polizisten aus Unterfranken vor, dass er das Vertrauen des krebskranken Mannes, der eine Etage über ihm wohnte und eine Gehbehinderung hatte, missbraucht habe. Unter einem Vorwand habe er das mutmaßliche Opfer dazu gebracht, ihm über Monate hinweg immer wieder Geld auszuhändigen. Insgesamt geht es um eine Summe von 83.000 Euro. Laut Anklageschrift handelte der Mann dabei „bewusst wahrheitswidrig“.

Der Angeklagte bestreitet die Betrugs-Vorwürfe

Der Angeklagte selbst erzählte eine völlig andere Geschichte. „Das bestreite ich alles“, sagte der 42-Jährige. Er habe sich über die Jahre mit seinem Vermieter, der sonst wenig Besuch gehabt habe, angefreundet. Nach dessen Krebsdiagnose habe er ihn regelmäßig im Krankenhaus besucht, ihn zu seinen Ärzten begleitet und einen Pflegedienst organisiert. Später habe er ihm jeden Tag seine Medikamente gegeben und dafür sogar seinen Polizeidienst deutlich reduziert. „Ich habe mich um sämtliches Zeug gekümmert“, erklärte der suspendierte Polizist. Schließlich sei sonst niemand für den kranken Mann da gewesen.

Der Angeklagte, der sich eine Vorsorge- und Kontovollmacht ausstellen ließ, räumte ein, dass er rund 50.000 Euro von seinem mittlerweile verstorbenen Vermieter bekam. Das Geld habe er aber nicht in seine eigene Tasche gesteckt, sondern damit Medikamente bezahlt und Rechnungen beglichen. Falls später Umbauten in der Wohnung des Kranken nötig geworden wären, habe er diese zudem finanzieren wollen. Darüber hinaus habe er der Ehefrau des Mannes immer wieder in kleinen Tranchen Geld auszahlen sollen. Quittungen darüber gibt es keine. Unklar blieb zunächst auch, was mit dem übrigen Geld passiert ist, das das mutmaßliche Opfer am Bankautomaten abhob.

Staatsanwalt Tobias Knahn hielt dem Polizeibeamten in der Verhandlung vor, er habe dem Vermieter, dessen Zustand sich immer weiter verschlechterte, bewusst vorgegaukelt, er müsse Schmerzmittel und Auslagen für Pflege- und Krankenkasse bezahlen. Stattdessen habe er das Geld behalten und in einem Schließfach aufbewahrt. „Ich habe definitiv kein Geld für irgendwelche Mittel von ihm verlangt“, entgegnete der 42-Jährige.

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Für den Vorsitzenden Richter, Mark Kurzawski, blieb am ersten Prozesstag eine entscheidende Frage unbeantwortet: Warum hat der mittlerweile verstorbene Vermieter den Polizisten überhaupt wegen Betrugs angezeigt, wenn die beiden ein so enges Verhältnis hatten? Dies sei doch ein bemerkenswerter „Wesenswandel“, ergänzte Staatsanwalt Knahn.

Der Polizist steht zudem wegen Drogenbesitzes vor Gericht

Dem Polizist wird außerdem vorgeworfen, 200 Gramm Marihuana gekauft und etwa 170 Gramm Haschisch besessen zu haben. „Das räume ich vollumfänglich ein“, sagte der 42-Jährige und erklärte, dass ihn die Krankheit seines Vermieters enorm belastet habe. „So was habe ich in meinem Leben noch nicht durchgemacht.“

Für den Prozess vor einem Schöffengericht sind sechs Verhandlungstage angesetzt. Am 18. November soll das Urteil verkündet werden.