Baden-Württemberg, Oppenau: Ein Polizist sichert eine Straße im Ortskern. Ein Großaufgebot der Polizei sucht einen bewaffneten Mann.
Baden-Württemberg, Oppenau: Ein Polizist sichert eine Straße im Ortskern. Ein Großaufgebot der Polizei sucht einen bewaffneten Mann. Foto: Philipp von Ditfurth/dpa 

Die Geschichte klingt bekannt, denn sie hätte auch aus dem Hollywood-Film Rambo stammen können. Doch sie ist nicht fiktiv sondern bittere Realität: In der Nähe der Gemeinde Oppenau im Schwarzwald entwaffnete Yves Etienne Rausch vier Polizisten und verschwand im Wald. Die Polizei sucht mit einem Großaufgebot nach dem 31-Jährigen.

Schon seit Sonntagmorgen befindet sich die 5000-Einwohner-Gemeinde im Ausnahmezustand. Die Polizei wurde zu einer Hütte gerufen, weil sich dort ein verdächtiger Mann im Tarnanzug aufhalten sollte. Vier Beamte kontrollieren Yves Etienne Rausch, stellten bei ihm Pfeil und Bogen, ein Messer und eine Pistole fest. Zunächst habe er sich kooperativ verhalten, teilt die Polizei mit. Doch plötzlich bedrohte er die Beamten, die nicht mehr hätten reagieren können, mit einer Pistole. Dann soll der Mann sie massiv bedroht und aufgefordert haben, ihre Pistolen abzulegen, teilte die Polizei mit. Mit den Dienstwaffen floh er in den Wald.

Seither herrscht große Nervosität in Oppenau. Die Polizei ist mit mehreren Hundert Beamten vor Ort. Auch Spezialkräft und Suchhunde sind im Einsatz. Hubschrauber kreisen, Straßen sind gesperrt. Auch Schulen und Kindergärten blieben am Montag aus Sicherheitsgründen geschlossen. Die Polizei warnte: „Bleiben Sie möglichst zu Hause und nehmen Sie keine Anhalter mit.“ Die Sicherheitsbehörden veröffentlichten auch ein Foto des Flüchtigen - ausdrücklich aber nicht, um ihn zu fassen. Ein Polizeisprecher: „Wer dem Verdächtigen begegnet, sollte sich von ihm fernhalten. Der Mann befindet sich in einem psychischen Ausnahmezustand!“

Yves Etienne Rausch ist kein Unbekannter. Er sei schon mehrfach mit der Polizei in Konflikt geraten, unter anderem wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz. In Oppenau, wo er schon als Kind wohnte und wohin er vor etwa fünf Jahren zurückkehrte, war er vor allem wegen seiner Kleiderwahl aufgefallen. Mehrere Bewohner des Ortes berichten, dass er stets einen schwarzen Mantel getragen habe. Bis Ende 2019 hatte er in dem Dachgeschoss eines Gasthauses in Oppenau gelebt haben. Dort soll er sich eine Art Schießstand eingerichtet haben.

Aktuell hat Yves Etienne Rausch keinen festen Wohnsitz mehr. „Er hat sich vor einiger Zeit melderechtlich abgemeldet“, sagte Oppenaus Bürgermeister Uwe Gaiser den „Baadischen Neuesten Nachrichten“. Zuletzt ging er verschiedenen Gelegenheitsjobs nach, unter anderem bei der Bahn in Offenburg. Doch irgendwann hatte er keine Jobs mehr. Nachdem er mehrere Monate lang keine Miete zahlte, wurde seine Wohnung zwangsgeräumt, wie die „Mittelbadische Presse“ berichtet. Sein ehemaliger Vermieter sagte der Zeitung, Rausch sei „ein Chaot und unberechenbar“.

Ein Freund von Rausch berichtet der Zeitung, der Flüchtige sei schon immer ein „leichter Waffennarr“ gewesen. Zusammen hätten sie regelmäßig Mittelalterfeste besucht und habe viele mittelalterliche Schaukampf- und Deko-Waffen besessen. Offenbar hatte er früher auch über eine funktionstüchtige Armbrust verfügt. Denn bei der Zwangsräumung seiner Wohnung tauchte eine Gerichtsakte aus Pforzheim auf, laut der er seine Freundin mit einer Armbrust beinahe tödlich verletzt haben soll, schreibt die „Mittelbadische Presse“.

Nachdem Rausch aus seiner Wohnung flog, soll er zunächst in seinem Auto, später in einem selbstgebauten Unterschlupf im Wald gelebt haben. Die Polizei geht davon aus, dass der 31-Jährige, der als handwerklich begabt gilt, sich entsprechend gut auskennt. Die Suche wird das nicht erleichtern.

Die Behörden hoffen, den Mann so schnell wie möglich zu stellen, damit in Oppenau wieder Ruhe einkehren kann. Immerhin: Bisher wurde noch niemand verletzt. Auch die vier überfallenen Beamten erlitten keine körperlichen Schäden. Am Montag wurden sie vernommen, um den Ablauf zu rekonstruieren. Zudem werden sie nach der Ausnahmesituation intern betreut.