Milchglasmuster auf der Lunge

Corona-Spätfolgen alarmieren Ärzte

Die Verharmlosung der Corona-Pandemie macht Lungenärzte wütend. Denn sie sehen inzwischen auch Folgeschäden bei Menschen, die nicht schwer erkrankt waren.

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Lungenfacharzt Torsten Blum (l.) zeigt einem Patienten eine Computertomographie seiner Lunge. 
Lungenfacharzt Torsten Blum (l.) zeigt einem Patienten eine Computertomographie seiner Lunge. dpa/Christophe Gateau

Immer wieder klagen Corona-Pantienten, auch Wochen nachdem sie eigentlich als geheilt gelten, über Atemprobleme. Dabei muss die Infektion nicht einmal schlimm verlaufen sein, wie Oberarzt Torsten Blum von der Berliner Lungenklinik Heckeshorn beobachtet. Unklar ist bisher, ob diese Schäden noch abheilen oder dauerhaft bleiben.

Wie viele Kollegen warnt auch Blum ein gutes halbes Jahr nach den ersten Covid-Fällen in China vor einer Verharmlosung der Pandemie, denn noch habe kein Mediziner diese Krankheit wirklich vollständig verstanden. Und oft zeigt sich: Genesen heißt nicht immer fit. Computertomographen vieler Patienten zeigen mehr oder weniger starke Lungenschäden. Die Uniklinik Augsburg veröffentlichte vor kurzem Bilder nach Obduktionen. Die Lungen mancher Corona-Opfer sahen erschreckend aus – löchrig wie ein Schwamm.

Lungenfacharzt Torsten Blum.
Lungenfacharzt Torsten Blum.dpa/Christophe Gateau

Die Augsburger Ärzte kamen zu dem Schluss, dass diese Schäden nicht durch die Beatmung, sondern direkt durch das Virus entstanden waren. „Es wird vermutet, dass es Spätfolgen im Bereich der Lunge geben kann“, sagt Blum. Dabei gehe es nicht allein um Covid-Patienten, die lange an Beatmungsgeräten lagen – auch leichte Fälle sind betroffen. Menschen, die nicht ins Krankenhaus mussten. „Möglicherweise kann dieses neue Coronavirus auch bei ihnen länger anhaltende oder gar dauerhafte Folgeschäden in der Lunge auslösen“, sagt Blum. Konkret heißt das: Luftnot – vor allem bei Anstrengung.

Die Computertomographie eines seit zwei Monaten geheilten Patienten von Blum zeigt viele gesunde Abschnitte, aber eingestreut auch krankhafte Veränderungen des Gewebes. Milchglasmuster nennen Ärzte diese weißen Einsprengsel, es sind entzündliche Stellen. Daraus könnten später Narben werden. Für eine Prognose sei es zu früh, so Blum. Weitere Untersuchungen sollen folgen.

Und nicht nur die Lunge ist betroffen. „Das Virus kann zum Beispiel auch Herzmuskel, Darm, Niere, Gefäßinnenhäute und das Nervensystem schädigen“, sagt Blum. Wie häufig und in welchem Ausmaß? Große Fragezeichen. Eine britische Studie beschrieb Ende Juni 153 Schicksale – ohne Anspruch auf Repräsentativität. Alle Patienten entwickelten als schwere Fälle im Zusammenhang mit Covid-19 Komplikationen. Darunter waren Schlaganfälle, aber auch Gehirnentzündungen und sogar Psychosen.