Bei den Überresten des Ballons waren sich die Ermittler sicher: Das war ein Abhör-Ballon aus China. Aber bei den anderen abgeschossenen Objekten geht das Rätselraten weiter.
Bei den Überresten des Ballons waren sich die Ermittler sicher: Das war ein Abhör-Ballon aus China. Aber bei den anderen abgeschossenen Objekten geht das Rätselraten weiter. dpa/FBI

Erst ein mutmaßlicher chinesischer Spionage-Ballon, doch dann tauchten gleich mehrere unbekannte Objekte auf den Radarschirmen der Flugüberwachung auf. Die US-Streitkräfte fackelten nicht lange, schossen auch drei weitere Flugkörper ab. Nun verdichten sich die Zweifel: Die drei vom Himmel geschossenen Objekte gehörten offenbar nicht zu einem Spionage-Netzwerk des chinesischen Großreichs. Eine der Hypothesen deutet auf ganz oben: Die UFOs könnten tatsächlich aus dem All gekommen sein, allerdings nicht von einem anderen Planeten.

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Vergangene Woche schien die Angelegenheit klar: China hatte einen Ballon mit riesigen Abhör-Vorrichtungen über die USA kreisen lassen, und dieser war offenbar Teil eines größeren Spionage-Netzwerks mit weiteren Objekten, die unter anderem militärische Einrichtungen auskundschaften sollten. Nach und nach stellte sich heraus, dass solche Ballons schon seit Jahren unterwegs waren, aber unter der Präsidentschaft von Donald Trump keine besondere Aufmerksamkeit bekamen. Nun schauten US-Militärs genauer hin und entdeckten weitere Objekte, die dem Spionage-Netzwerk zugerechnet wurden.

Woher stammen die UFOs? Eine der Spuren führen ins Weltall

Mehrere Kampfjets stiegen auf, nach dem Spionage-Ballon drei weitere Objekte abzuschießen. Doch inzwischen sind sich die US-Militärs sicher: Die Objekte waren keine Ballons, und sie hatten wohl auch eine chinesischen Abhör-Apparate an Bord. Aber was waren die Objekte dann, woher stammten sie? Die US-Militärs verfolgen mehrere Spuren, eine davon führt: ins Weltall!

Nun steht es auch offiziell fest: Die drei vom US-Militär abgeschossenen rätselhaften Flugobjekte sind nach Erkenntnissen des US-Militärs nicht Teil einer Spionageballon-Flotte aus China. Es gebe bisher außerdem keinen eindeutigen Hinweis darauf, dass die Flugobjekte zu Spionagezwecken unterwegs gewesen seien, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, am Dienstag.

Man wisse aber immer noch nicht, woher die Objekte stammten und was ihre Mission gewesen sei. Ihre Überreste seien immer noch nicht gefunden worden. „Die Möglichkeit, dass es sich um Ballons handelt, die einfach an kommerzielle Einrichtungen oder Forschungseinrichtungen gebunden und daher harmlos sind, wird nicht ausgeschlossen“, betonte Kirby. New York Times-Reporter und Verteidigungsexperte Julian E. Barnes hat in Hintergrundgesprächen jedoch eine weitere Hypothese der US-Militärs gehört: Möglicherweise stammen sie aus dem Weltall!

Chinesische Raketentrümmer schlugen sogar schon in Wohnhäuser ein

Es könnte sich nämlich um Weltall-Schrott von früheren Missionen handeln, zerborstene Satelliten oder Teile von im All zurückgelassenen Raketenteilen. Die Europäische Weltraumorganisation (ESA) hat allein im niedrigen Erdorbit oberhalb der Atmosphäre 20.000 solcher teils massiver Brocken kartographiert. Jährlich gehen sage und schreibe 100 Tonnen solcher Schrottteile auf die Erde nieder. Zum Teil verglühen sie, zum Teil landen sie unkontrolliert auf der Erde. Ende 2022 gab es erhebliche Unruhe, als ein tonnenschweres, massives Raketenteil der chinesischen Mission Langer Marsch 5B unkontrolliert auf bedrohtes Gebiet zu stürzen drohte. Unter anderem musste der spanische Luftraum über Stunden komplett gesperrt werden. Eine zwei Jahre zuvor waren chinesische Raketentrümmer in Wohnhäuser an der Elfenbeinküste eingeschlagen.

Das es sich womöglich um Weltraumschrott handeln könnte, hatte das US-Militär zunächst – wortwörtlich –nicht auf dem Radar. Nachdem sie am 4. Februar den mutmaßlichen chinesischen Spionageballon abgeschossen hatte, lautete die Mission am Wochenende, drei weitere bisher nicht identifizierte Flugobjekte vom Himmel zu holen. Eines wurde über Alaska abgeschossen, eines über Kanada und eines über dem Huronsee, der zu den Großen Seen im Norden der USA an der Grenze zu Kanada gehört. Zuvor hatten die USA China beschuldigt, mit Ballons ein Überwachungsprogramm zu betreiben und mehr als 40 Länder ins Visier genommen zu haben. China weist die Vorwürfe zurück und spricht von einer „Überreaktion“ seitens der USA. Der abgeschossene Ballon sei ein Forschungsballon aus China gewesen, der durch „höhere Gewalt“ weit vom Kurs abgekommen sei.

Abgeschossene Flugobjekte: Erschwerte Suche nach Trümmern, Rakete verfehlte ihr Ziel

Offen blieb nun, wann es endgültige Informationen zu den drei abgeschossenen rätselhaften Flugobjekten geben wird. Man könne ziemlich sicher ausschließen, dass es sich um Objekte der US-Regierung handele, sagte Kirby. Das Wetter und die geografischen Bedingungen erschwerten die Suche nach den Trümmern. Eines der Objekte war vor Alaska auf Meereis gekracht, ein anderes liegt am Grunde des Huronsees. US-Generalstabschef Mark Milley gestand am Dienstag ein, dass die erste Rakete, die am Sonntag über dem Huronsee abgefeuert worden sei, ihr Ziel verfehlte. „Ja, der erste Schuss ging daneben“, sagte Milley bei einer Pressekonferenz in Brüssel.

Das Weiße Haus lieferte nun außerdem eine Erklärung für die Abschüsse in kurzer Zeit. Das Nordamerikanische Luftverteidigungskommando Norad habe die Radarsysteme nach dem Vorfall mit dem mutmaßlichen chinesischen Spionageballon angepasst, sagte Kommunikationsdirektor Kirby. Die Empfindlichkeit der Systeme sei erhöht worden, um mehr Objekte zu identifizieren, die langsam und klein seien sowie hoch fliegen würden.

Drei ähnliche Ballons unter Präsidentschaft von Donald Trump gesichtet

Mehr Erfolg als bei den drei rätselhaften Flugobjekten hatte die US-Marine inzwischen bei der Bergung des mutmaßlichen chinesischen Überwachungsballons, der vor gut einer vor der US-Atlantikküste abgeschossen worden war. Suchtrupps ist es gelungen, erste Teile des Ballons vom Meeresgrund an die Oberfläche zu bringen. „Wir lernen von den Trümmern, die wir gerade vom Grund des Atlantiks hochziehen“, sagte Kirby. Er erneuerte seine Vorwürfe gegen China: „Es handelt sich um eine konzertierte Aktion der Chinesen, diese spezielle Art von Plattform zur Überwachung und zur Sammlung von Informationen zu nutzen.“

Kirby betonte, dass der abgeschossene Ballon nicht der erste über US-Territorium gewesen sei. Es habe mindestens drei Flüge während der Amtszeit von Ex-Präsident Donald Trump gegeben. Mindestens ein weiterer Ballon sei zu Beginn der Amtszeit von Präsident Joe Biden unterwegs gewesen. Der große Unterschied zu dem abgeschossenen Ballon sei gewesen, dass die vorherigen den US-Luftraum nicht über so einen langen Zeitraum überflogen hätten.

Angesichts der angespannten Stimmung zwischen Peking und Washington gab es Gerüchte über ein mögliches Treffen zwischen Chinas oberstem Außenpolitiker Wang Yi und US-Außenminister Antony Blinken am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz, die am Freitag beginnt. China bestätigte eine solche Zusammenkunft nicht. Zuvor hatten US-Medien berichtet, dass Blinken eine solche Begegnung in Erwägung ziehe. Es wäre das erste Spitzentreffen der höchsten Außenpolitiker beider Länder, nachdem Blinken Anfang des Monats einen geplanten Besuch in China wegen des mutmaßlichen chinesischen Spionageballons über den USA kurzfristig abgesagt hatte.