Weil Kuscheln momentan tabu ist: WHO sorgt sich um Frühchen
Zu früh geborene Babys bekommen wegen der strengen Corona-Maßnahmen weniger Körperkontakt. Das könnte fatale Folgen für sie haben, fürchtet die WHO.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat vor den Folgen von strengen Corona-Regeln in Geburtenstationen für Frühgeborene gewarnt. Wegen der Pandemie werde in vielen Ländern der lebenswichtige Körperkontakt zwischen Eltern und ihren Babys eingeschränkt. Der medizinische Nutzen des Kuschelns sei weit höher als die Ansteckungsgefahr, argumentiert die UN-Behörde in einem am Dienstag veröffentlichten Forschungsbericht.
Lesen Sie auch: Schicksal Frühchen: Ein Hand voll Leben wird zum großen Glück >>
Für Frühchen und Neugeborenen mit geringem Gewicht wird normalerweise die Känguru-Methode empfohlen, bei der das Kind möglichst viele Stunden am Tag auf den nackten Oberkörper der Mutter oder des Vaters gelegt wird. Zusätzlich sollen die Kinder Muttermilch bekommen. Nach Angaben der WHO kann das Sterberisiko dieser Babys so um bis zu 40 Prozent reduziert werden. Eine Modellrechnung unter der Führung der WHO kam zum Schluss, dass das Sterberisiko durch das Aussetzen dieser Maßnahmen mindestens 65-mal höher ist als das Risiko, dass sich Kinder durch den Kontakt eine tödliche Corona-Infektion zuziehen.
Zwei Drittel der Babys werden bei ungeklärten Corona-Status von Müttern getrennt
Dass die Pandemie zu Restriktionen geführt hat, zeigt eine internationale Umfrage unter Krankenschwestern und Medizinern, bei der zwei Drittel von 1120 Befragten angab, dass sie bei positivem Corona-Test oder ungeklärtem Status Mütter nach der Geburt von ihren Babys trennen würden.
Lesen Sie auch: Muttermilchbanken: Gespendete Milch gibt Frühchen bessere Chancen >>
Deutsche Fachgesellschaften für Geburtsmedizin sprechen sich wie die WHO gegen eine räumliche Trennung von infizierten Müttern und Neugeborenen aus. WHO-Expertin Ornella Lincetto sagte allerdings bei einer Pressekonferenz, dass Vätern in Deutschland in der Pandemie nun nicht mehr so viel Zeit für Känguru-Kontakt erlaubt werde. Das Kuscheln erhöhe nicht nur die Überlebenschancen der Frühchen, „es reduziert auch den Corona-Stress der Eltern“, betonte sie.