Knacki klagt gegen Urinkontrollen unter Beobachtung – und bekommt recht
Die JVA wollte so Schummelei verhindern. Nicht zulässig, urteilten die Verfassungsrichter in Karlsruhe.

Wenn Gefängnisinsassen auf Drogen kontrolliert werden, müssen sie sich nicht alles gefallen lassen. Das hat jetzt das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschieden. Ein Gefangener hatte erfolgreich dagegen geklagt, dass er gleich mehrmals unter Beobachtung, vor den Augen eines Aufsehers, Urinproben abgeben musste – angeblich, um Mauscheleien zu verhindern.
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Deutschlands oberstes Gericht verkündete nun am Mittwoch, dass das so nicht zulässig sei: „Eingriffe, die den Intimbereich und das Schamgefühl des Inhaftierten berühren, lassen sich im Haftvollzug zwar nicht immer vermeiden“, sie seien aber „von besonderem Gewicht“. Gefangene hätten daher „Anspruch auf besondere Rücksichtnahme“. (Az. 2 BvR 1630/21)
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Der klagende Knacki aus Nordrhein-Westfalen, der sich inzwischen in Sicherungsverwahrung befindet, hatte seit 2014 seine Haftstrafe abgesessen, seit 2020 in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Bochum. Dort musste er ohne konkreten Verdacht binnen weniger Wochen gleich viermal eine beaufsichtigte Urinprobe abgeben. Dabei konnte ihm der männliche Bedienstete frei von vorne zuschauen. Die JVA wollte so Tricksereien vermeiden – zum Beispiel, dass jemand heimlich fremden Urin in den Becher füllt.
Kläger hatte sich Drogentest per Blutprobe gewünscht
Das Landgericht Bochum und das Oberlandesgericht Hamm, an die sich der Mann zuerst wandte, hatten die Kontrollen für rechtmäßig erklärt.
Das war nach der Entscheidung der Verfassungsrichter gleich aus mehreren Gründen falsch. Sie bezweifeln schon, dass die Urinkontrollen ohne konkreten Verdacht auf Drogenmissbrauch zulässig waren – und wirklich so häufig durchgeführt werden mussten. Vor allem aber ist im nordrhein-westfälischen Strafvollzugsgesetz seit 2017 beim Drogentest die Möglichkeit vorgesehen, mit Einwilligung des Gefangenen etwas Blut aus der Fingerbeere zu entnehmen. Der Mann hatte dies ausdrücklich gewünscht – trotzdem musste er gegen seinen Willen immer wieder Urinproben abgeben. Seine Verfassungsbeschwerde sei daher „offensichtlich begründet“. Das Landgericht muss den Fall nun noch einmal beurteilen.