Parkinson und Augeninfarkt
Klaus Ender: Der Vater der DDR-Aktfotografie ist tot
1975 war der Fotograf einer der Initiatoren der ersten und größten Aktausstellung in der DDR. Die Wanderschau „Akt und Landschaft“ zählte mehr als 100.000 Besucher.

Seine ersten Modelle fand er am FKK-Strand, später faszinierte ihn vor allem die Natur: Der ostdeutsche Akt- und Landschaftsfotograf Klaus Ender, der an Parkinson litt, ist tot. Er ist am Donnerstag im Alter von 81 Jahren zu Hause gestorben, sagt seine Frau Gabriela Ender. Der in Bergen auf der Insel Rügen lebende Künstler konnte seit dem vergangenen Jahr nicht mehr fotografieren und seine Arbeiten nicht mehr betrachten.

„Er hatte leider Gottes einen Augeninfarkt, der zur Erblindung führte“, sagt die Witwe. „Ihm war damit alles genommen, was sein Leben ausgemacht hatte.“ Auf dem linken Auge hatte er schon als junger Mann keine Sehkraft. Daher konnte er den Beruf Fotograf nicht erlernen und arbeitete freiberuflich.
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1962 kam Ender auf die Insel Rügen, um dort als Bäcker in der Saison zu arbeiten. Er wurde erstmals mit FKK konfrontiert. Am Strand fand der Autodidakt Akt-Modelle. Anfang der 70er-Jahre wurde er dann als Fotograf bekannt.

Sie war eine Sensation und eine Provokation: Mit der ersten Nackt-Ausstellung der DDR erregte Klaus Ender den Arbeiter- und Bauernstaat. Die Bürger standen im Herbst 1975 in Fünferreihen an, um sich an den lustvollen Fotos zu ergötzen. Der Titel der Schau war Programm: „Akt und Landschaft“. Ender und sein Kollege Gerd Rattei stellten auf der Potsdamer Freundschaftsinsel etwas Ungehöriges und bis dahin ganz Unvorstellbares aus - öffentlich, für 50 Pfennig. Es waren: 150 Nacktfotografien.
Auch die DDR-Oberen fanden Gefallen an seiner FKK-Kunst. Nach dem Massen-Ansturm durfte sie quer durch den Osten touren - von Dresden bis Rostock. Mehr noch: Aus „Akt und Landschaft“ entstand ein Leistungswettbewerb der DDR-Fotografen. Er wurde ab 1979 alle drei Jahre ausgetragen. So viel nackt war nie zuvor! Ärger gab es erst, als Ender Bilder in den Westen verkaufte. Der Fotograf setzte sich 1981 nach Österreich ab - aber sein Werk blieb der Maßstab für Aktfotografie in der DDR.
In Österreich verbrachte er 15 weitere Berufsjahre, auch im vereinten Deutschland fotografierte er immer weiter. In über fünf Jahrzehnten hat der gebürtige Neuköllner und Wahl-Rügener alles gesehen, was unbedeckte Frauenhaut hergibt. Sogar die Tochter eines hohen NVA-Offiziers zog sich aus.

Zuletzt beklagte Ender den Verfall des von ihm selbst mitbegründeten Metiers. Es gehe oft nur noch darum, „alle Geschlechtsmerkmale“ zu zeigen - Hauptsache „geil“ oder besser noch „supergeil“. So etwas mochte der Ex-Mitarbeiter von Eulenspiegel und Magazin noch nie. Auch Tattoos, Piercings und „aalglatte Rasuren“ blieben für ihn tabu. Verschämt sollte man ihn trotzdem nicht nennen: Seine Modelle sprach er oft freimütig auf der Straße an.

Der Aktfotografie hatte Ender in den vergangenen Jahren weitgehend den Rücken gekehrt. „Es zählt nur noch die Provokation, das Coole und Geile“, sagte er in einem Interview. Es mache ihn traurig, dass Ethik und Moral immer stärker an Wert verlören. In den Mittelpunkt seines fotografischen Schaffens sei stattdessen die Natur gerückt: eine aufbrechende Hagebutte, eine sonnendurchflutete Mohnblüte. „Im Kleinen liegt das wahre Große“, benannte Ender einen seiner Lebensgrundsätze.