Christoph Röcken untersucht Todesopfer

Kieler Pathologe: Die meisten sterben „an“ und nicht „mit“ Corona

Untersuchungen von Corona-Opfern in zahlreichen Uni-Kliniken zeigen ein deutliches Ergebnis.

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Christoph Röcken, Direktor des Instituts für Pathologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel.
Christoph Röcken, Direktor des Instituts für Pathologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel.dpa/Christian Charisius

Bereiche, die noch nicht ausreichend erforscht sind, sind oft Anknüpfungspunkte für Verschwörungstheoretiker. So ist das auch bei Leugnern oder Verharmlosern der Corona-Pandemie. Einer dieser Punkte war, dass es bisher nur wenige aussagekräftige Angeben darüber gab, ob Patienten an dem Coronavirus gestorben sind – oder lediglich damit. Doch nun gibt es endlich die ersten belastbaren Daten und die sprechen eine deutliche Sprache.

„Bei 85 Prozent der Fälle konnten wir wirklich bestätigen, dass sie an Covid-19 verstorben sind“, sagte Christoph Röcken, Direktor des Instituts für Pathologie am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein (UKSH) in Kiel. Mehr als 50 Menschen im Alter von 53 bis 90 Jahren haben der Pathologe und sein Team bereits obduziert. Nur ein kleiner Teil sei mit statt an Covid-19 gestorben, sagte Röcken.

Jeden Tag werden zusätzlich zur normalen Arbeit zwei Menschen obduziert, die mit oder an dem Coronavirus gestorben sind. Das Ziel: Sie wollen Wissen über die Krankheit und den Einfluss auf den menschlichen Körper sammeln. Die Ergebnisse werden mit denen von 33 weiteren Unikliniken in Deutschland zusammengetragen. Daten werden gesammelt und auch Gewebeproben aufbewahrt. Bundesweite Ergebnisse liegen noch nicht vor, aber Röcken weiß aus Gesprächen mit Kollegen, dass diese zu ähnlichen Ergebnissen gekommen sind wie er.

Christoph Röcken (l.) und Assistenzärztin Theresa Pflaum stehen in einem neuen Laborraum des Instituts und zeigen am Lungenquerschnitt eines an Covid-19 verstorbenen Menschen die typischen Veränderungen durch Corona. 
Christoph Röcken (l.) und Assistenzärztin Theresa Pflaum stehen in einem neuen Laborraum des Instituts und zeigen am Lungenquerschnitt eines an Covid-19 verstorbenen Menschen die typischen Veränderungen durch Corona. dpa/Christian Charisius

Laut dem Robert-Koch-Institut waren bis zum Sonnabend 64.326 Menschen an oder mit dem Virus gestorben. In dieser Statistik gehen sowohl Patienten ein, die unmittelbar an der Erkrankung verstorben sind, aber auch solche, bei denen sich wegen ihrer Vorerkrankung nicht abschließend nachweisen lässt, was die Todesursache war und Covid-19 unter Umständen nur daran mitgewirkt hat.

Um das zu klären sind die Untersuchungen in der Pathologie wichtig. „Nur durch eine Obduktion lässt sich Gewissheit darüber erlangen, woran ein Mensch wirklich gestorben ist“, sagt Röcken und weist darauf hin, dass seine Arbeit auch Patienten das Leben retten kann. Denn nicht alle Symptome treten bei jedem Patienten auf. Es könne sein, dass bei einem kleinen Teil der Patienten Besonderheiten auftreten und die bemerkt man erst, wenn man hohe Fallzahlen hat. „Dann kann man sie als Komplikation einer Covid-19-Erkrankung erkennen und ist dann darauf vorbereitet und weiß, wie man handeln muss.“