Jeder Fünfte gegen Corona geimpft: Bewirkt das schon etwas? Ein Zwischenstand
20 Prozent der Deutschen haben inzwischen eine Corona-Impfung erhalten. Was das für die Entwicklung der Pandemie bedeutet.

Ende 2020 wurden in Deutschland die erste Corona-Impfung verabreicht – inzwischen hat etwa jeder Fünfte der etwa 83 Millionen Menschen mindestens eine Dosis bekommen. Auf der anderen Seite sind viele Millionen Menschen noch gänzlich ungeschützt, den zweiten der für den vollen Schutz nötigen Impftermine hatten bisher laut Statistik des Robert Koch-Instituts (RKI) erst etwa 7 Prozent der Bevölkerung. Ebnet Deutschlands Impfkampagne dennoch schon den Weg aus der Pandemie?
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„Bei einer Impfquote von 20 Prozent haben wir noch keinen großen, signifikanten Einfluss auf das Infektionsgeschehen, auf die Fallzahlen“, sagt Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. Die Erstimpfung biete einen guten Schutz vor schweren Verläufen, aber Ansteckungen seien weiterhin möglich.
Mit den bisherigen Impfungen haben vor allem die Menschen mit dem höchsten Risiko für schwere und tödliche Verläufe einen Schutz: die Über-80-Jährigen. „In der Gruppe sind die meisten geimpft“, sagt Watzl. Die genaue Impfquote in dem Alter kann das RKI nicht angeben. Klar ist aber: Die Zahl der täglich gemeldeten Toten ist im Vergleich zur zweiten Welle deutlich gesunken. Auch bei den Inzidenzen sehen Fachleute eine Verschiebung hin zu den jüngeren Altersgruppen. Watzl spricht vom „ersten Erfolg der Impfungen“.
36,5 Millionen Menschen in Deutschland besonders gefährdet
Viele gefährdete Menschen sind jedoch weiter ohne Schutz. Um welche Dimension es geht, wird vermutlich gemeinhin unterschätzt: Das RKI sieht wegen Alter und Vorerkrankungen bei 36,5 Millionen Menschen in Deutschland ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf von Covid-19, davon zählt das Institut 21,6 Millionen zur Hochrisikogruppe.
„Bei Menschen über 60 und Menschen mit Vorerkrankungen haben wir gerade erst angefangen zu impfen. Das wird noch eine Weile dauern“, betont Watzl. Den Schutz dieser großen Gruppe aufzubauen, sei in der dritten Welle aber durchaus zu schaffen. Bei einer Impfquote von 70 bis 80 Prozent in den Risikogruppen werde sich die Belegung der Intensivstationen merklich reduzieren, schätzt der Immunologe.
Ein Freifahrtschein für Lockerungen wäre das allerdings noch immer nicht. „Sonst bekommen wir riesige Inzidenzen in der übrigen ungeimpften Bevölkerung“, erklärt Watzl. „Deren Risiko für eine schwere Erkrankung ist ja nicht null. Bei einer hohen Zahl an Fällen würde es weiter zu einer großen Krankenhausbelegung kommen. Wir können es nicht so laufen lassen.“
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Nach der Statistik haben in Deutschland bisher nur gut drei Millionen Menschen die Infektion durchgemacht, wobei Experten von einer recht hohen Dunkelziffer nicht erkannter und damit auch nicht erfasster Fälle ausgehen. Eine durchgemachte Infektion bedeutet zudem nicht, dass die Betroffenen sich nicht neu infizieren – und das Virus weitergeben – können. Eine im Fachblatt The Lancet Respiratory Medicine vorgestellte Studie zeigte gerade erst, dass junge Erwachsene nicht komplett vor erneuter Ansteckung geschützt sind. Die Impfung bleibe für Genesene wichtig: um die natürliche Immunreaktion zu verstärken, einer Wiederansteckung vorzubeugen und um die Weitergabe des Erregers zu reduzieren.
Großer Impffortschritt in anderen Ländern weist den Weg
Ist erst mal ein großer Impffortschritt erreicht, kann es schnell gehen mit dem Rückgang des Infektionsgeschehens – das zeigen ermutigende Nachrichten aus Ländern mit raschem Impffortschritt wie Israel und Großbritannien. In Israel ist inzwischen mehr als die Hälfte der neun Millionen Einwohner zweifach geimpft. Die Zahl der Corona-Infektionen, der Schwerkranken und der Toten sei inzwischen stark zurückgegangen, twitterte der Forscher Eran Segal vom Weizman Institut kürzlich.
In Großbritannien haben mehr als 32 Millionen Menschen und damit rund die Hälfte der Bevölkerung eine erste Impfung. Die Zahl der Neuinfektionen und Todesfälle sinkt, nachdem Anfang Januar noch eine katastrophale Situation mit 70.000 Neuinfektionen pro Tag verzeichnet wurde. Premierminister Boris Johnson und Mediziner wie Azeem Majeed vom Imperial College London führen das allerdings nicht nur auf die Impfkampagne zurück, sondern auch auf die langen, harten Beschränkungen: Über Monate hinweg durften Briten nur eine Person außer Haus treffen und dies auch nur zum Sport oder Spaziergang; das Zuhause ohne triftigen Grund zu verlassen, war nicht erlaubt. Reisen ins Ausland und private Treffen in Innenräumen sind bis heute verboten.
Für die Menschen in Deutschland hat die Politik ein Impfangebot für jeden (Kinder ausgenommen) bis zum Ende des Sommers in Aussicht gestellt. Ob das klappt, lässt sich schwer vorhersagen.