„Ich möchte meinen Kindern und Enkeln mal sagen können, was wir gegen die Zerstörung der Umwelt unternommen haben." Der Hollywoodstar in der Arktis, in der er unter anderem Pinguine beobachten konnte.
„Ich möchte meinen Kindern und Enkeln mal sagen können, was wir gegen die Zerstörung der Umwelt unternommen haben." Der Hollywoodstar in der Arktis, in der er unter anderem Pinguine beobachten konnte. Foto: Greenpeace

Er spielte einen Bond-Bösewicht oder den grimmigen Käpt’n Salazar in „Piraten der Karibik“ – und auch jenseits dessen erlebt der  spanische Schauspieler Javier Bardem Abenteuer: Für Greenpeace fuhr er auf eine Expedition in die Antarktis. Mit seinem Bruder Carlos drehte der 51-Jährige eine Doku über seine Erlebnisse, die jetzt online  zu sehen ist. Der Name: „Sanctuary“, was so viel wie Heiligtum, aber auch Schutzzone bedeutet.

Berliner KURIER: Was treibt einen Filmstar dazu, durch die Antarktis zu schippern?

Javier Bardem: Ich wurde von Greenpeace, bei denen ich seit 20 Jahren Mitglied bin, gefragt, ob ich als Botschafter ein Projekt unterstütze, um in der Antarktis das weltgrößte Meeresschutzgebiet entstehen zu lassen. Ich sollte mir aber selbst ein Bild von der Lage vor Ort machen. Mein Bruder Carlos hatte schon vor sechs Jahren das Glück, in die Arktis zu reisen, und hatte mir oft davon vorgeschwärmt. Daher musste ich nicht zweimal nachdenken.

Sind Sie ein Meeresexperte?

Ich wusste nichts über das Thema. Nichts! Aber genau deswegen konnte ich so ahnungslos wie jeder von uns sein und alles fragen. Ich habe viel bei der Expedition gelernt, z.B. über die Probenentnahmen des Meeresbodens und des Wassers. Besonders große Augen hatte ich für die Landschaft und die Tiere, da drängt sich die Wichtigkeit des Projekts von alleine auf. Daher habe ich mit meinem Bruder Carlos eine Doku über diese Reise und die majestätische Landschaft, die wir erleben durften, gedreht. Ich hoffe, damit die Schutzbedürftigkeit der Antarktis klarzumachen.

Sie hätten den Naturschutz auch nur ideell  unterstützen können.

Ich habe mittlerweile die 50 Jahre überschritten. Ich habe zwei Kinder. Und ich finde, wir können diese wunderschöne Welt – die einzige Welt, die uns gegeben ist – nicht einfach sterben lassen. Wenn wir nicht endlich die Meere schützen, wird unser Planet sehr bald unvorstellbaren Schaden nehmen. Ich möchte nicht, dass meine Kinder und Enkel irgendwann mal fragen werden: „Warum habt ihr nichts unternommen?“

Was erhoffen Sie sich?

Wir alle können natürlich recyceln, Müll trennen, Plastik vermeiden – das ist auch wichtig. Aber wir müssen vor allem unsere einzelnen Regierungen dazu bringen, die großen Schritte zu unternehmen und uns durch den Klimawandel zu leiten. Und jede Stimme gibt dem Projekt mehr Gewicht.

Was haben Sie nun bei Ihrem Trip ins Wedellmeer erlebt und letztlich verstanden?

Die Tage auf dem Boot haben viel mit mir gemacht: Es hat mich stark beeindruckt, die wilde, ursprüngliche Natur zu sehen, die unberührt ist von uns Menschen. Die Geräusche der Wale inmitten der gigantischen Stille werde ich nie vergessen. Ich stelle mir vor, dass in der prähistorischen Zeit unsere Urahnen genau das hörten: Diese Stille, die nur von den Gesprächen der Tiere unterbrochen wurde. Aber nun ist die Menschheit zur Zerstörerin geworden und gefährdet mit Fischfang und Müll auch dieses Stück Erde.

Sie sind im argentinischen Punto Arenas an Bord gegangen. Was hat Sie am meisten beeindruckt?

Mich hat – wie gesagt – umgehauen, diese Natur zu sehen, unberührt von uns Menschen, jungfräulich. Majestätische Eisberge – Kathedralen aus Eis. Sie sind so groß wie diese Wohnhäuser in Berlin und schimmern in so verschiedensten, unbeschreiblichen Blautönen. Man hört das Krachen des Eises. Gerade, wenn wir auf dem Schlauchboot unterwegs waren, hört man diese Geräusche. Da spricht die Natur zu einem. Und man begreift: Wir Menschen haben vielleicht eine Geschichte, aber die Natur hat Anspruch auf Ewigkeit.

Glaubt man in solchen Momenten an eine übergeordnete Instanz?

Total. Ich bin nicht religiös, aber diese Natur sehen und bewundern zu können, ist für mich wie ein Gebet. Man geht in sich. Die Natur verlangt nach Aufmerksamkeit. Man findet etwas, das einem heilig ist und will es beschützen.

Daher der  Titel Ihres Films, „Sanctuary“.

Der Schutz dieser Landschaft ist so viel bedeutender als jeder Wunsch nach Besitztum. Was wir in der Natur haben, ist so viel größer als alles, was wir je besitzen können. Diese Reise war wie eine Meditation.

Ihre Expedition ergab, dass die Krill-Fischerei das bisher kaum berührte Leben in der Antarktis bedroht. Robben, Walen und Pinguinen wird die Nahrung entzogen. Schadstoffe aus Outdoor-Kleidung und Essensverpackungen wurden jetzt schon in Wasserproben gefunden. Wie kann man das sensible Ökosystem retten?

Mit der Online-Kampagne „Schützt die Antarktis“ konnten wir Millionen Unterschriften sammeln. Wir wünschen uns noch viele Millionen Stimmen mehr. Ein Ziel wäre, das gesamte Wedellmeer zum Meeresschutzgebiet erklären zu lassen.

Sie sind im U-Boot auf den Meeresboden getaucht – fast 300 Meter tief. Wie war das?

Es war seltsam, als das Wasser unsere Kapsel bedeckte und das Licht immer schwächer wurde. Als ich hochguckte und die Oberfläche nicht mehr sah, dachte ich einen Moment lang: Auweia! Aber dann habe ich  genossen, was ich sah.

Javier Bardem  ist seit 2010 mit Penélope Cruz verheiratet. Sie haben zwei Kinder.
Javier Bardem  ist seit 2010 mit Penélope Cruz verheiratet. Sie haben zwei Kinder. Foto: imago images

Wie hat Ihre Ehefrau, Penélope Cruz, reagiert?

Sie vertraut mir, und ich habe den U-Boot- und Greenpeace-Leuten vertraut. Beim ersten Zuschauen bekam ich allerdings Schiss. Der gefährlichste Moment ist, wenn das U-Boot ins Wasser rein- und rausgehoben wird. Die Wellen könnten es am Schiff zerschmettern. Daher haben wir alle angepackt. Als ich das öfter gesehen hatte, wusste ich, dass es sicher ist.

Vor Jahren haben Sie mir  gestanden, dass Sie Angst hätten, im Meer zu schwimmen.

Ich gehöre zu der Generation, die „Der Weiße Hai“ im Kino gesehen haben. Aber mittlerweile bin ich auch mal in Südafrika mit Haien geschwommen, aber im Käfig. Ich bin nicht mehr ängstlich, nur noch vorsichtig.

Sie sind Vater zweier Kinder. Hat das ebenso zu Ihrem Engagement beigetragen?

Sehr. Vater zu sein, hat mein Leben völlig umgekrempelt. Ich möchte meinen Kinder und Enkeln mal sagen können, was wir gegen die Zerstörung der Umwelt unternommen haben. Noch können wir handeln. Ein Experte auf dem Schiff erzählte mir, dass der Klimawandel viel schneller voranschreitet, als man derzeit weiß. Da bekomme ich es mit der Angst zu tun. Wir müssen unsere Regierungen und Behörden dazu bringen, sich stärker zu engagieren.

Sind Sie als Vater weicher geworden? Oder härter?

Ich glaube, beides zugleich! (lacht) Stärker in einigen Dingen, schwächer in anderen.

Werden Sie von Hollywood-Kollegen wie Leonardo DiCaprio unterstützt?

Leo hat mir schon sehr geholfen, als wir auf der Expedition waren. Er hat für uns getwittert. Ich bin total schlecht im Umgang mit Social Media, aber habe mir jetzt wegen der Greenpeace-Kampagne so ein Media-Ding eingerichtet.

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Sie meinen Ihren Instagram-Account? Und Leo hat die PR-Arbeit für Sie erledigt?

Ja. Ich weiß nicht, was er geschrieben hat, ich habe es nie gelesen. Aber er hat viele Follower, und man weiß, wie ernst es ihm mit dem Umweltschutz ist.

Was war der unangenehmste Teil der Expedition?

Auf einem Schiff zu sein! Ein Eisbrecher wie die „Arctic Sunrise“ hat keinen Kiel und ist am Rumpf abgerundet. Daher ist das Schiff anfällig für sämtliche Bewegungen des Meeres, für Auf und Ab und das Schlingern zur Seite. Der Spitzname für unser Schiff war daher  auch Waschmaschine.

War es stürmisch?

Nein, aber ich bin leider nicht seefest. Ja, ich habe „Piraten der Karibik“ gedreht – aber auf einem echten Schiff muss ich mich dauernd übergeben. Die Seeleute guckten mich nur an, lachten und sagten: „Schon klar. Bist ein toller Pirat!“

„Sanctuary“ ist u.a. bei Apple TV, Amazon Prime, Google TV, Vodafone TV, Rakuten TV, Filmin, Huawei Video verfügbar.