Wie in "Der Schwarm"
Irre: Killerwale greifen Segelboote an
Es erinnert an den Roman „Der Schwarm“ von Frank Schätzing: In Spanien häufen sich die Angriffe von Orcas auf Segelboote. Seit Januar wurden mindestens 53 erfasst, 12 Boote wurden schwer beschädigt.

Es erinnert an den Roman „Der Schwarm“ von Frank Schätzing: In Spanien häufen sich Angriffe von Orcas auf Segelboote. Seit Januar wurden mindestens 53 erfasst, 12 Boote seien schwer beschädigt worden.
Die Angst ist in der Stimme und den Augen von Opfern noch Monate nach dem Horrortrip zu erkennen. „Es hat sehr lange gedauert. Vielleicht eine halbe Stunde. Uns kam es aber wie eine Ewigkeit vor“, erzählte Andrea Fantini im spanischen Fernsehsender RTVE. Sechs oder sieben Orcas, auch Schwert- oder Killerwale genannt, hätten in der Straße von Gibraltar seine Rennjacht attackiert und dabei unter anderem das Ruderblatt „aufgefressen“, berichtete der Bootskapitän.
Fantini berichtet von einem „sehr aggressives Verhalten“ der Tiere. Dabei waren gewalttätige Begegnungen mit den bis zu zehn Meter langen und oft über fünf Tonnen schweren Orcas bis vor kurzem noch fast unbekannt. Zwar greifen Orcas auch andere Meeresgiganten an: Neben Thunfischen, Heringen, Pinguinen, Robben und Seevögeln verspeisen sie auch Delfine, andere Wale und Haie. Auf Boote hatten sie es aber bisher nicht abgesehen.
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Schiffe versenken - schon 53 Angriffe sind seit Frühjahr erfasst
Erste Zwischenfälle meldeten Schiffsbesatzungen im Frühjahr 2020. Die unangenehmen Begegnungen wurden von Crews oft auf Video festgehalten. Man hört dann Schreie der überraschten Seeleute: „Boah, was für ein Riesenvieh!“, „Du Drecksack!“ und „Er hat uns erwischt!“. Fantinis Boot war im Juni 2022 dran.
Dieses Jahr häufen sich Medienberichte über Orca-Attacken. Seit Januar habe man mindestens 53 registriert, sagt der Biologe Alfredo López von der Organisation „GT Atlantic Orca“ im Interview der Deutschen Presse-Agentur. Zwölf Boote seien so sehr beschädigt worden, dass sie abgeschleppt werden mussten. Noch sei es zu früh, um über eine Zunahme im Vergleich zu den Vorjahren sprechen zu können.
Anfang Mai versank ein Schweizer Boot nach einem Orca-Angriff
Fest steht aber: Immer wieder musste der Seenotdienst im April und im Mai betroffene Besatzungen an der Straße von Gibraltar bergen. Zwischenfälle gab es auch vor der Küste Portugals und weiter nördlich im Atlantik vor der spanischen Region Galicien. Anfang Mai ging vor Cádiz das Schweizer Boot „Champagne“ nach einem Zwischenfall mit Orcas unter. Es sei „nicht wirklich lustig“ gewesen, sagte Skipper Werner Schaufelberger (72) dem Portal „Blick“.
Man müsse schnell eine Lösung finden, fordert derweil Fantini. Sonst könnten kleinere Schiffe das Gebiet zwischen Mittelmeer und Atlantik, zwischen Europa und Afrika wohl nicht mehr befahren. Das Phänomen weckt Erinnerungen an Frank Schätzings Bestseller „Der Schwarm“. Im 2004 erschienenen Science-Fiction-Thriller gerät die Welt wegen einer Rebellion der Natur - ja, wegen einer Reihe gefährlicher Angriffe aus dem Meer - an den Rand der Apokalypse.
Ist Wal-Mama Gladis Blanca für Angriffe verantwortlich?
Experten haben eine Orca-Mama im Verdacht, die Attacken, die Biologen „Interaktionen“ nennen, initiiert zu haben. Die Wal-Dame hat auch einen Namen: Gladis Blanca, Weiße Gladis.
Sie oder eines ihrer Jungen könnten sich etwa in einem Fischnetz verfangen haben oder von einem Boot angefahren worden sein. Für eine Reaktion auf eine negative Erfahrung spreche unter anderem, dass Gladis Blanca 2021 sogar mit ihrer neugeborenen Tochter Boote angefallen habe.
Ministerium verpasst Walen GPS-Tracker, um Kapitäne zu warnen
Einige Meeresbiologen räumen ein, man habe „keinen blassen Schimmer“, was die Angriffe ausgelöst hat. Einig sind sich Fachleute jedoch darin, dass man die Orcas „nicht kriminalisieren“ dürfe. „Es gibt Schlagzeilen in der Presse, die die Realität verwischen“, klagt López. Er meint Überschriften wie „Aufstand der Orcas“ oder „Rache der Mörderwale“. „All dies muss uns vielmehr dazu bringen, darüber nachzudenken, dass Aktivitäten des Menschen der Grund für dieses Verhalten sein könnten“, gibt López zu bedenken.
Dass die Lage für alle Beteiligten ernst ist, zeigt die jüngste Reaktion des Ministeriums für Ökologischen Wandel in Madrid. Nachdem Fahrverbote für kleinere Boote mit einer Schiffslänge von bis zu 15 Metern in bestimmten Meereszonen wenig gebracht hatten, begann man vorige Woche damit, einzelne Orcas mit GPS-Trackern zu bestücken, um sie orten und Kapitäne warnen zu können.