Pflegeheime des Grauens

Horrorzustände in rumänischem Pflegeheim

Schwer behinderte Menschen mussten im Keller dahinvegetieren.

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Eine Frau hält ein Protestplakat mit dem Porträt von Gabriela Firea – bis zu ihrem Rücktritt am Freitag war sie Familienministerin. Fireas Mann ist Bürgermeister von Voluntari, wo ebenfalls ein Heim des Grauens existierte. Ihre Schwester leitete jahrelang die Behörde, die für die Kontrolle der Heime zuständig ist.
Eine Frau hält ein Protestplakat mit dem Porträt von Gabriela Firea – bis zu ihrem Rücktritt am Freitag war sie Familienministerin. Fireas Mann ist Bürgermeister von Voluntari, wo ebenfalls ein Heim des Grauens existierte. Ihre Schwester leitete jahrelang die Behörde, die für die Kontrolle der Heime zuständig ist.AFP

Experten des rumänischen Zentrums für legale Ressourcen, einer nichtstaatlichen Rechtsschutzorganisation, haben in einem Pflegeheim für Behinderte schockierende Zustände aufgedeckt. Das Heim in Bardesti nahe der siebenbürgischen Stadt Targu Mures (Neumarkt) habe die zum Teil schwerbehinderten Patienten grob vernachlässigt, berichteten rumänische Medien am Freitag.

Allein sieben Menschen hatten in einem unbeleuchteten Keller dahinvegetiert, stellte das Zentrum für legale Ressourcen fest. „Schwerbehinderte Menschen liegen auf Matratzen, die mit Kot, Urin und Blut verschmutzt sind, Fliegen umkreisen sie“, hieß es in dem Bericht.

Dem Besuch der Rechtsschützer am Donnerstag folgte unmittelbar eine Inspektion staatlicher Stellen. Die Kontrolleure bestätigten die Schilderungen. Daraufhin schlossen sie das Heim. Die Patienten wurden in Krankenhäuser der Kreishauptstadt Targu Mures gebracht. Die Sonderstaatsanwaltschaft für organisierte Kriminalität (DIICOT) leitete Ermittlungen ein.

Behörden schauen weg: Viele Pflegeheime ohne Genehmigung

Missstände in Alten- und Pflegeheimen sind seit Beginn des Monats ein Thema in dem südosteuropäischen EU-Land Rumänien. Bei einer Razzia in drei Heimen bei Bukarest hatte sich herausgestellt, dass die dort lebenden Senioren schwere Misshandlungen zu erleiden hatten. Die Betreiber der staatlich subventionierten Heime hatten die Bewohner unter anderem zu unbezahlten Arbeiten gezwungen und sich dabei selbst bereichert.

Nachbarn von Pflegeheimen im Ort Voluntari bei Bukarest berichten tagesschau.de zufolge Unfassbares. Manchmal, sage einer, habe er sie am Zaun sehen können: „Sie bettelten um Essen, sie waren voller Fäkalien und nackt.“

Das Unfassbare: Zwei Jahre lang haben sich Anwohner offenbar über die Zustände beschwert. Doch die Behörden wurden nicht tätig. Mehr als 1000 Altenheime wurden seitdem landesweit kontrolliert, Dutzende geschlossen.

Der Skandal zieht weite Kreise, schwer vorstellbar, dass die flächendeckenden Misshandlungen Behördenvertretern nicht bekannt waren. Die Zahl der privaten Altenheime ist in den letzten Jahren in Rumänien in die Höhe geschossen. Wie sich in den vergangenen Wochen herausstellte, hatten Dutzende Einrichtungen keine Genehmigungen.

Was viele Menschen besonders fassungslos macht und zu Demonstrationen auf die Straßen treibt, ist der Verdacht, dass Behörden und Politiker nicht nur weggeschaut, sondern aktiv vertuscht haben könnten. Der Betreiber der Heime in Voluntari hatte lange mit Gabriela Firea gearbeitet – bis zu ihrem Rücktritt am Freitag war sie Familienministerin. Fireas Mann ist Bürgermeister des Ortes; ihre Schwester leitete jahrelang die Behörde, die für die Kontrolle der Heime zuständig ist.